Antisemitismus ist in der Schule und in der Öffentlichkeit ein weit verbreitetes Phänomen. Lehrer*innen und Polizist*innen sind diejenigen Berufsgruppen, deren originäre Aufgabe darin besteht, bei Antisemitismus zu intervenieren. Durch die neue gesetzliche Regelung des Paragraphen 46, II StGB1 hat der Deutsche Bundestag die Umstände, die bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sind, auch um „antisemitische“ Beweggründe und Ziele des Täters erweitert. Um in diesem Sinne Beweggründe und Ziele entsprechend als antisemitisch identifizieren zu können, ist eine diesbezügliche Professionalisierung der künftigen Staatsbediensteten und die Integration von antisemitismusbezogenem Handlungswissen in ihre curriculare Ausbildung notwendig. Damit würde zudem den von Antisemitismus Betroffenen die Empathie von Staat und Gesellschaft vermittelt werden, die diese aktuell häufig vermissen.
Hier setzt unser innovatives Projekt mit einem ambitionierten Ansatz zur interdisziplinären Entwicklung eines „Joint Empowerment“ an. Das Projekt besteht aus der Entwicklung, Implementation und Evaluation
Das Ziel der parallelen Entwicklung eines validen Testinstruments und der Intervention besteht darin, am Ende der Projektzeit über einen auch in affinen Bereichen einsetzbaren Test im Kontext Antisemitismusprävention zu verfügen, der sich zudem in Kombination mit validierten Kursmaterialien zum KAP in multiplen Aus- und Fortbildungskontexten in Schule und Polizei und auch darüber hinaus (z. B. Justiz, Bundeswehr, Verfassungsschutz, Auswärtiger Dienst) einsetzen lässt. Derartige Möglichkeiten werden bereits während der Projektlaufzeit mit den Mitgliedern des Beirates ausgelotet und konzeptuell umgesetzt. Eine über NRW hinausgehende Repräsentativität des Tests für die Bundesrepublik wird ebenfalls ausgelotet und angestrebt. Wie soll verwertet werden? Das Kerncurriculum KAP und die Grundlagen der Intervention sollen durch die Kooperation mit den Praxispartnern aus Lehrer*innen und Polizist*innenbildung in Ausund Fortbildungsprogramme implementiert werden. Der standardisierte KAP-Test und die qualitativen Interviewleitfäden dienen dabei als Evaluationsinstrumente sowie auch unabhängig davon zur Erfassung von Wissen und Einstellungen.
Am Standort Bochum wird das gesamte Verbundprojekt unter der Leitung von Prof. Dr. Nicola Brauch (RD CERES) koordiniert.
Am Bochumer Teilprojekt "Historia Magistra Vitae. Historisches Wissen gegen Antisemitismus (HiMAVi)" sind sowohl die Geschichtsdidaktik, um die Projektleiterin Prof. Dr. Nicola Brauch, und das Centrum für Religionswissenschaftliche Studien (CERES) mit der Professur für Judentum in Geschichte und Gegenwart mit Prof. Dr. Alexandra Cuffel beteiligt. Das Teilprojekt umfasst die Entwicklung eines fachwissenschaftlichen und (geschichts-)didaktischen Beitrages zur Entwicklung, Implementierung und Evaluierung eines Kursprogrammes für angehende Lehrer*innen und Polizist*innen zur Antisemitismusprävention auf der Basis des KAP.
Der fachwissenschaftliche Anteil besteht in der Erarbeitung von historischen Inhalten für die vier Bildungsmodule der Intervention. Ziel ist die Bereitstellung von fundiertem Grundlagenwissen, das es ermöglicht, antisemitische Narrative historisch zu dekonstruieren und positiv besetztes Wissen über das Judentum zu vermitteln.Der fachdidaktische Anteil besteht in der didaktisch-methodischen Gestaltung der Intervention sowie deren Implementierung und Evaluierung speziell für die Zielgruppe der Lehrer*innen in Absprache mit der Polizist*innenbildung. Darauf basierend wird tiefergehend untersucht, inwiefern die Intervention die historischen Relevanzüberzeugungen anhand des Themas Antisemitismus fördert und wie diese mit Wissenserwerb, Einstellungen und Argumentationsfähigkeit zum Thema zusammenhängen.
Das Team entwickelt, implementiert und evaluiert ein Kerncurriculum für die Ausbildung künftiger Polizist*innen und Lehrer*innen, damit diese präventiv und repressiv Antisemitismus begegnen können. Dazu werden im Rahmen eines psychometrisch abgesicherten digitalen Large-Scale-Tests zuerst die Einstellungen und das Wissen zu den Themen Antisemitismus und jüdisches Leben von den Zielgruppen erfasst. So kann das Curriculum besser zugeschnitten werden. Darüber hinaus lernen die Polizei- und Lehrkräfte, wie sie bei Antisemitismus angemessen intervenieren.
Förderzeitraum: 10.2021 - 09.2025
Gefördert von:
Das Forschungsnetzwerk Antisemitismus im 21. Jahrhundert (FoNA21) wurde im Rahmen des BMBF-Förderprogramms Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus gegründet. Es begleitet zehn Verbundprojekte, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven und Fragestellungen der Erforschung der Ursachen und Hintergründe der gegenwärtigen Erscheinungsformen des Antisemitismus in Deutschland widmen.