Esssucht - Was passiert im Gehirn?

Während des letzten Jahrzehnts waren Angehörige der Gesundheitsberufe dem Aufkommen einer neuen Form der Sucht ausgesetzt. Hochenergetische Nahrungsmittelprodukte (d. h. fett- und / oder zuckerreich), die auf dem Markt immer häufiger erhältlich sind, erzeugen eine starke Belohnungsreaktion und führen nachweislich zu einem ähnlichen Suchtverhalten wie Drogen. Suchtprozesse beruhen jedoch nicht nur auf einem hyperaktiven Belohnungssystem, sondern auch auf einem hypoaktiven Hemmsystem. Wir haben ein großes Interesse daran, zu einem besseren Verständnis des Hemmungssystems bei übergewichtigen Personen beizutragen. Zu diesem Zweck untersuchen wir zunächst die neuronalen Korrelate von Impulsivitätsprozessen in dieser Population. Eine bessere Definition der Hirnregionen, deren Funktion beeinträchtigt ist und die das zwanghafte Essen fördern, kann für die Entwicklung zuverlässiger nicht-pharmakologischer Therapieansätze wie der nicht-invasiven transkraniellen Stimulation vielversprechend sein.
Da die Behandlung von Fettleibigkeit nicht nur vom quantitativen, sondern auch vom qualitativen Aspekt der Nahrungsaufnahme abhängt, sind wir auch daran interessiert, die Verhaltensakzeptanz von leichten Produkten bei übergewichtigen Personen und die für diese Anpassung verantwortlichen neuroplastischen Prozesse zu untersuchen.


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Prädiktionskodierung der taktilen Wahrnehmung und des taktilen Lernens

Wie passt sich unser Gehirn auf der Grundlage von Erfahrungen an eine neue Umgebung an? Wie aktualisiert unser Gehirn seine Ansichten wenn sich die Umgebung ändert und prädiziert neue sensorische Ereignisse? In der Bayesschen Folgerung baut ein Beobachter Grundsätze über Weltzustände auf, die auf Beobachtungen und Annahmen über die statistische Struktur der Welt beruhen. Wir kombinieren funktionelle Neuroimaging-Techniken (fMRT) und Computermodellierung (Bayessche Modellierung), um prädiktionsbasierte Entscheidungsprozesse zu untersuchen, die bei der taktilen Erkennung, beim Lernen und im Gedächtnis eine Rolle spielen. Wir untersuchen, wie die Teilnehmer ihre Entscheidungen über Vorhersagen aktualisieren, insbesondere nachdem sie während eines probabilistischen taktilen Lernens falsche Vorhersagen gemacht haben. Wir sind auch daran interessiert, wie Acetylcholin und Dopamin die Integration der taktilen Wahrnehmung und Erwartungen während der taktilen Inferenz und des Lernens durch Modulation des wiederkehrenden Informationsflusses innerhalb eines Hierarchienetzwerks unterschiedlich regulieren.
Darüber hinaus werden wir prognostische Entscheidungsprozesse untersuchen, die mit dem Erkennen und Lernen von Berührungsempfindungen einhergehen, mit besonderem Schwerpunkt auf den zustandsabhängigen Effekten von Belohnung und Bestrafung. Die pharmakologischen Auswirkungen auf die Bayessche Inferenz und Entscheidungsfindung während der taktilen Erkennung und des Lernens werden ebenfalls in unserem Projekt untersucht.

Gefördert durch die DFG (SFB 874, Teilprojekt A10)


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Modalübergreifender Transfer des Kategorisierungslernens

Wir interessieren uns dafür, wie der Cross-Modale-Transfer beim Kategorisierungslernen unter zwei verschiedenen sensorischen Modalitäten abläuft: Sehen und Berühren. Um diesen Mechanismus zu verstehen, haben wir digitale Objekte namens "Embryos" erstellt, die wir in einer Virtual-Reality-Konfiguration für das visuelle Training, und als 3D-gedruckte haptische Modelle für das taktile Training verwenden.
Neben dem Verhaltensexperiment interessiert uns das Verständnis der induzierten neuronalen Plastizität im resting-state fMRI nach dem damit verbundenen Kategorisierungslernen.

Gefördert durch die DFG (SFB784, Teilprojekt A1)


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Effekte der Aufmerksamkeitsmodulation auf Lernverhalten und Hirnaktivierung im Renewal Effekt der Extinktion, untersucht mittels fMRT

Der Renewal Effekt beschreibt die Wiederkehr einer vorher extinguierten Antwort in Situationen, in denen sich der Testkontext vom Kontext während der Extinktion unterscheidet. Renewal tritt in den verschiedensten Lernsituationen auf, in der Furchtkonditionierung ebenso wie im appetitiven und instrumentellen Lernen. In unseren Studien ohne Furchtkomponente zeigen nur etwa die Hälfte bis zwei Drittel der Teilnehmer einen Renewal Effekt und das entsprechende Aktivierungsmuster mit Beteiligung des Hippocampus und des ventromedialen präfrontalen Cortex. Darüberhinaus zeigen Probanden mit Renewal hippocampale Aktivierung bereits während des initialen Lernens, und nicht erst während der Extinktion. Weiterhin scheint die Tendenz, Renewal oder kein Renewal zu zeigen, über wiederholte Lernsessions stabil zu sein. In unserem Projekt befassen wir uns mit den internalen und externalen Faktoren, die das Auftreten eines Renewal Effekts beeinflussen, Wir beeinflussen Kontextparameter und Lernleistung, während Probanden im MRT-Scanner eine prädiktive Lernaufgabe durchführen, und analysieren die resultierende Ausprägung des Renewal Effekts.


Gefördert durch die DFG (SFB 1280)


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WELCHE WECHSELWIRKUNGEN BESTEHEN ZWISCHEN KORTIKALER EXZITABILITÄT, PERZEPTUELLEM LERNEN UND PLASTIZITÄT IM HUMANEN VISUELLEN KORTEX?

In unserem Projekt sollen Mechanismen, die perzeptuelles visuelles Lernen bestimmen identifiziert werden. Wir testen ob durch eine Manipulation der kortikalen Exzitabilität eine Verbesserung von Trainingseffekten möglich ist. Gestützt auf unsere Befunde aus der Somatosensorik untersuchen wir die Bedeutung der individuellen Ausgangsexzitabilität für eine Vorhersage des Lernerfolgs und der Reorganisation im visuellen Kortex. Dabei ist insbesondere der zeitliche Verlauf dieser Faktoren während des Lernens von Interesse. Weiterhin testen wir den Effekt für die Plastizität relevanter Neurotransmitter auf die kortikale Exzitabilität und perzeptuelles visuelles Lernen.

Gefördert durch die DFG (SFB 874)


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Kortikale Korrelate Motorischer Entkopplungsfähigkeiten bei professionellen Schlagzeugspielern

Unsere Hände sind unsere primären Instrumente um motorisch mit der Umwelt und anderen Menschen zu interagieren. Patienten, die auf Grund von Fehlbildungen, Amputationen oder neurologischen Erkrankungen nicht in der Lage sind eine oder beide Hände zu benutzen sind in ihrer Lebensqualität in der Regel massiv eingeschränkt. Eines der faszinierendsten Merkmale der motorischen Kontrolle der Hände ist ihre fundamental asymmetrische Organisation. Während einfache, grobmotorische Aufgaben von nahezu allen Menschen mit beiden Händen ähnlich gut durchgeführt werden können, gibt es nur sehr wenige Individuen, die feinmotorische Aufgaben wie etwa Schreiben oder Zeichnen mit beiden Händen ähnlich präzise durchführen können.
In der Regel zeichnet sich jeder Mensch durch eine mehr oder weniger ausgeprägte Händigkeit aus, also eine Präferenz dafür, feinmotorische Aufgaben entweder mit der linken oder mit der rechten Hand durchzuführen. Im Gegensatz zu ungeübten Individuen verfügen professionelle Schlagzeugspieler über die außergewöhnliche Fähigkeit mit beiden Armen und Beinen unterschiedliche Rhythmen in sehr hohen Geschwindigkeiten zu spielen.
Während es untrainierten Menschen nur möglich ist, Rhythmen der dominanten Hand in der nicht-dominanten Hand zu spiegeln, können Schlagzeugspieler durch langes Training die Hände so entkoppeln, dass das Spielen von stark abweichenden Rhythmen ermöglicht wird. Dies ist ungeübten Individuen unmöglich.
Die kortikalen Grundlagen dieser faszinierenden Fähigkeit sind bisher vollkommen unbekannt und sollen daher in der geplanten Studie mit verschiedenen Bildgebungs-Techniken strukturell, als auch funktionell und spektroskopisch untersucht werden. Die daraus resultierenden Ergebnisse können dabei entscheidend dazu beitragen, die Rolle neuronaler Plastizität durch Trainings-Prozesse für die motorische Kontrolle unser Hände zu verstehen. Dadurch sind sie vor allem auch für das Verständnis der Wirkprozesse in Rehabilitationsprozessen bei neurologisch induzierter Störungen der Handfunktion langfristig von großem Interesse.

Gefördert durch die RUB (FoRUM)


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Modulation GABAerger Mechanismen des somatomotorischen Kortex durch repetitive sensorische Stimulation (NeiS)

Der überwiegende Teil der Neuroplastizitäts-Studien beschäftigt sich mit stimulations- bzw. trainingsinduzierter Neuroplastizität, vorwiegend im motorischen und sensorischen System. Die Deprivation als neuroplastizitätsauslösende Situation ist im Humanmodel jedoch nur wenig untersucht. Ziel des Projektes ist ein besseres neurophysiologisches Verständnis der kortikalen Reorganisation bei einer kontrollierten peripheren Stimulation. Das angewendete Stimulationsprotokoll ist dabei ein Modell für eine reversible (partielle) Deafferenzierung. Insbesondere sollen Hirnchemie (die Neurotransmitter GABA und Glutamat) und die Ruhenetzwerke des Gehirns untersucht werden, mit der Frage nach lokalen Veränderungen im somatosensorischen Kortex, und deren Dynamik durch die Stimulation.

Gefördert durch die RUB (FoRUM)


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