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Qualitätsgesicherte Fließfertigung leichter UHFB-Stabelemente mittels Künstlicher Neuronaler Netze

Antragsteller

Prof. Dr.-Ing. Ludger Lohaus Leibniz Universität Hannover, Fakultät für Bauingenieurwesen und Geodäsie, Institut für Baustoffe

Prof. Dr.-Ing. Michael Haist Leibniz Universität Hannover, Fakultät für Bauingenieurwesen und Geodäsie, Institut für Baustoffe

Prof. Dr.-Ing. habil. Raimund Rolfes Leibniz Universität Hannover, Fakultät für Bauingenieurwesen und Geodäsie, Institut für Statik und Dynamik

Bearbeiter

Dipl.-Ing. Jan Markowski Leibniz Universität Hannover, Fakultät für Bauingenieurwesen und Geodäsie, Institut für Baustoffe

Nikolai Penner, M. Sc. Leibniz Universität Hannover, Fakultät für Bauingenieurwesen und Geodäsie, Institut für Statik und Dynamik

Jicheng Yuan, M. Sc. Leibniz Universität Hannover, Fakultät für Bauingenieurwesen und Geodäsie, Institut für Statik und Dynamik

M.Sc. Max Meyer Leibniz Universität Hannover, Fakultät für Bauingenieurwesen und Geodäsie, Institut für Baustoffe

Dr.-Ing. Tanja Grießmann Leibniz Universität Hannover, Fakultät für Bauingenieurwesen und Geodäsie, Institut für Statik und Dynamik

Projektbeschreibung

Im Vergleich zur automatisierten Fertigung anderer industrieller Branchen ist das Bauen mit Beton noch immer stark durch handwerkliche Tätigkeiten geprägt. Die endgültigen Eigenschaften von Bauteilen werden erst auf der Baustelle erreicht. Sie sind somit abhängig von Umgebungsbedingungen, die kaum beeinflusst werden können. Dieser Zustand führt zu Ungenauigkeiten und Unsicherheiten bei der Bauwerkserstellung, welche in einem unwirtschaftlichen Materialeinsatz und Störungen im Bauprozess resultieren. Lange Bauzeiten und Wartezeiten bei Störungen sind die Folgen. Unter dem Ansatz „Individualität im Großen - Ähnlichkeit im Kleinen“ sollen im DFG-Schwerpunktprogramm Adaptive Modulbauweisen mit Fließfertigungsmethoden – Präzisionsschnellbau der Zukunft grundliegend neue Bauweisen erforscht werden, deren Ziel ein disruptiver Wandel des Bauens ist.

Gemeinsam mit dem Projektpartner Institut für Statik und Dynamik forscht das Institut für Baustoffe zu einem neuartigen Herstellungsverfahren für Bauteile aus ultra-hochfestem Beton mit einer Bewehrung aus Stahlblech und Kohlenstofffasern.
In einem innovativen Strangpressverfahren werden stabförmige Bauteile hergestellt, die einen Kern aus ultra-hochfestem Beton haben. Sie sind durch eine Kombination aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff und Stahlblech bewehrt.
Es wird ein Sensorkonzept entwickelt, welches in der Lage die, die Bauteile „ab Bauteilgeburt“ zu überwachen. Verschiedene heterogene Messdaten werden genutzt, um den Prozess des Strangpressens mithilfe eines Künstlichen Neuronalen Netzes zu steuern und zu überwachen, sodass eine gleichbleibend hohe Qualität der Bauteile gewährleistet werden kann.

Poster zu den Projektinhalten

Abbildung 1: Schematische Darstellung des Bauteils und des Strangpressprozesses
Abbildung 1: Schematische Darstellung des Bauteils und des Strangpressprozesses

Projektergebnisse

In dem Projekt wurde ein innovatives Strangpressverfahren für die Herstellung von stabförmigen Bauteilen aus ultra-hochfestem Beton (UHFB) mit integrierter Qualitätssicherung entwickelt. Das Strangpressverfahren wurde vom Institut für Baustoffe entwickelt, während das Konzept der Qualitätssicherung mit Künstlichen Neuronalen Netzen (KNN) vom Institut für Statik und Dynamik beigestellt wurde. Im Kern besteht das Verfahren aus einem Querspritzkopf, der ein Stahlrohr gleichmäßig mit Hochleistungsbeton ummantelt. Um das Stahlrohr zu ummanteln, wird Beton in den Querspritzkopf gepumpt, während parallel dazu das Stahlrohr mit einem Linearmotor durch den Spritzkopf geschoben wird. Das von der Polymerumhüllung von Kabeln abgeleitete Verfahren mit Querspritzkopf ermöglicht durch die Austauschbarkeit der Mundstücke einen anpassungsfähigen Querschnitt der Stabelemente. Durch das Strangpressverfahren und die besondere Struktur der UHFB-Stabelemente entfallen Schalungen und das Verlegen oder Biegen von Stahlbewehrung. Voraussetzung für das Verfahren ist, dass die Konsistenz des Betons nach dem Extrudieren sehr schnell ansteigt und sich verfestigt. Während des Extrusionsprozesses muss der Beton fließfähig sein, damit er gepumpt, extrudiert und geformt werden kann. Am Ende des Prozesses muss der Beton hingegen eine so hohe Zähigkeit aufweisen, dass er seine Form behält und nicht vom Stahlrohr abfällt. Diese "schaltbare" Eigenschaft des Betons wird über die Temperatur des Querspritzkopfes gesteuert.
Um eine hohe und gleichbleibende Qualität der UHFB-Stabelemente zu gewährleisten, wurde ein Sensorkonzept entwickelt, welches den Extrusionsvorgang überwacht. Als Sensoren kamen Distanzlaser und Webcams zum Einsatz. Durch die Auswertung der Daten mit KNN konnte somit ein Qualitätssicherungskonzept entwickelt werden, welches Anomalien (z.B. Risse und Poren) detektiert und die Gleichförmigkeit der Stabelemente überwacht. So wird zudem ein frühzeitiges Gegensteuern bei drohenden Fehlern im Strangpressen ermöglicht.
Nach dem Extrusionsvorgang werden die hergestellten UHFB-Elemente mit Schichten aus Aramid- (zum Schutz) und Kohlenstofffasern (als Bewehrung) zusammen mit Polymerbindemitteln umwickelt. Das so entstehende kohlenstofffaserverstärkte Polymer dient als Umfangsverstärkung. In axial belasteten Lastversuchen zeigten die so bewehrten stranggepressten UHFB-Stabelemente eine sehr hohe Tragfähigkeit bei ausgeprägter Duktilität. Das Verhältnis von Traglast zu Gewicht ist bei den hergestellten Stabelementen drei- bis viermal so hoch wie bei konventionellen Stahlbetonstützen.
Bei den durchgeführten Untersuchungen in diesem Projekt konnte gezeigt werden, dass eine Fließfertigung von UHFB-Stabelementen möglich ist (Proof of Concept) und dass diese sehr gut mit einer automatisierten Qualitätssicherung basierend auf KNN kombinierbar ist. Insgesamt verspricht das Verfahren hohe Einsparpotentiale in den Bereichen Zeit und Kosten.


Veröffentlichungen

[3] Markowski, J., Meyer, M., Haist, M., & Lohaus, L.
Duktilitätssteigernde Bewehrungssysteme für fließgefertigte Stabelemente aus UHFB.
Beton‐und Stahlbetonbau, 117(12), 998-1007.
https://doi.org/10.1002/best.202200062

[2] Tritschel, F. F.; Markowski, J.; Penner, N.; Rolfes, R.; Lohaus, L.; Haist, M.
KI-gestützte Qualitätssicherung für die Fließfertigung von UHFB-Stabelementen
Beton- und Stahlbetonbau 116, Sonderheft Schneller bauen S2, September 2021, S. 34–41.   
(https://doi.org/10.1002/best.202100052)

[1] Lohaus, L.; Rolfes, R.:
Qualitätsgesicherte Fließfertigung leichter UHFB-Stabelemente mittels Künstlicher Neuronaler Netze.
In: BetonWerk International Nr. 2, 2021, S. 18
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Abschlussarbeiten

2022

Forto, D.
Ultra-hochfester Extrusionsbeton – Schaltbare Eigenschaften
Bachelorarbeit, Leibniz Universität Hannover, Fakultät für Bauingenieurwesen und Geodäsie, Institut für Baustoffe, Betreuer: Markowski, J.

2020

Müller, M.
Strangpressen von Beton Hohlprofilen
Masterarbeit, Leibniz Universität Hannover, Fakultät für Bauingenieurwesen und Geodäsie, Institut für Baustoffe, Betreuer: Markowski, J.