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Schalungsfreie Fließfertigungsprozesse adaptiver Tragstrukturen basierend auf variablen Rahmenelementen – Adaptive Concrete Diamond Construction (ACDC) and beyond

Antragsteller

Prof.    Daniel Lordick, AG Geometrische Modellierung und Visualisierung, TU Dresden        
Prof. Dr.-Ing. Viktor Mechtcherine, Institut für Baustoffe, TU Dresden

Wissenschaftliche Mitarbeiter

Egor Ivaniuk, Institut für Baustoffe, TU Dresden    
Zlata    Tošić, AG Geometrische Modellierung und Visualisierung, TU Dresden

Beschreibung des Projekts

Schalenkonstruktionen sind hocheffektiv in der Lastaufnahme, da sie dem Prinzip "Form folgt Kraft" entsprechen. Obwohl Schalen im Vergleich zu anderen im Betonbau verwendeten Geometrien erheblich weniger Material benötigen und somit ein großes Potenzial zur Steigerung der Nachhaltigkeit bieten, haben sie aktuell keine große Popularität. Der Hauptgrund dafür ist die sehr zeit- und arbeitsaufwendige Herstellung dünner Schalenkonstruktionen durch traditionelle Gießverfahren, die sowohl komplexe, teure Schalungen als auch hochqualifizierte Arbeitskräfte erfordern. Um die Herstellung und Montage von Schalen aus Modulen wirtschaftlich zu gestalten, werden geeignete automatisierte Fließfertigung Verfahren benötigt. Das Hauptziel des vorliegenden Projektes ist die Entwicklung einer solchen neuen Methode in Kombination mit einem neuartigen Ansatz für eine fertigungsgerechte Modularisierung, bei der nicht identische, sondern skalierbare und anpassbare Einzelmodule verwendet werden. Durch den Zusammenbau solcher Module sollen Schalenstrukturen (Grid shells) in einzigartigen Formen entstehen, nach dem Motto: "Individualität im Großen – Ähnlichkeit im Kleinen".
Die Segmentierung von Freiformflächen auf Grundlage der diskreten Differentialgeometrie muss im Rahmen des Projektes an die Anforderungen der Fließfertigung mit Hochleistungsbeton angepasst werden. In der zweiten Projektphase rückt damit die Skalierbarkeit und Anpassungsfähigkeit der Module in den Vordergrund, sowie Lösungen für eine einfache Montage. Ziel ist es, die Geometrie nicht nur an die Anforderungen der Gesamtstruktur, sondern vor allem an die technischen Bedingungen einer schnellen und effizienten Produktion anzupassen. Ein weiteres Ziel ist, von flächenhaften (2D) zu räumlichen Rahmenstrukturen (3D) zu gelangen sowie den Druck von gebogenen Modulen zu etablieren. Um die geometrische Kontrolle zu behalten und die Entwurfs Möglichkeiten unter den Bedingungen der Vorfertigung zu erweitern, werden Methoden aus der Differentialgeometrie in architektonische Anwendungen eingebracht und verschiedene rechnerische Entwurfsalgorithmen entwickelt. Im Bezug auf statische Anforderungen sollen modularisierte Freiformschalen mit gekrümmten Modulen in Zusammenarbeit mit TP3 untersucht werden, insbesondere unter Verwendung der dort entwickelten Isogeometrischen Analyse (IGA). Im selben Zug wird die Montierbarkeit der modularen Struktur für die Bauphase simuliert, um weitgehend auf Stützkonstruktionen verzichten zu können.                 
Für die Produktion der gekrümmten Module werden wir eine wiederverwendbare Plattform mit numerisch gesteuerten, einstellbaren, kundenspezifischen Krümmungen nutzen. Das erweitert das Spektrum der erreichbaren Geometrien und fordert die Grenzen der gewählten Fließproduktion heraus. Die Produktion dreidimensional geformter Module kann auf zwei Arten erfolgen: entweder nach der vollständigen Extrusion in der Ebene durch Verformen  im frischen Zustand oder durch die direkte Produktion der gekrümmten Endform. Die Herstellung von gekrümmten Modulen wird mit dem in-situ-robotergestützten Platzieren von Textilverstärkungen kombiniert. Darüber hinaus ist eines der Ziele, die Nachhaltigkeit der Schalenstrukturen durch die Entwicklung von Materialien für die Modulherstellung auf der Basis von LC3 (Limestone Calcined Clay Cement) zu erhöhen.
Die entwickelten Produktionsphasen werden ein In-line-Qualitätskontrollsystem als Teil der Produktion und der Toleranz-Inspektion umfassen. Dieses System soll eine geeignete Scantechnologie mit Oberflächenrekonstruktion sowie automatisiertes Feedback für die Prozesskontrolle und Oberflächenqualität Evaluierung umfassen. Ziele sind weitere Materialentwicklungen und Prozessanpassungen.
Wir wollen Postprozess-Techniken wie das Fräsen von frisch hergestellten Modulkanten integrieren, um die geometrische Präzision weiter zu erhöhen und das verfügbare Spektrum an Formen, etwa scharfe Winkel oder Nut- und Feder-Verbindungen, zu erweitern. Diese zusätzlichen Techniken müssen ein integraler Bestandteil des Fließproduktionsprozesses werden.
Um die Module zu den geplanten Demonstratoren zusammenzubauen, ist es notwendig, Konzepte für adaptive, passgenaue, abnehmbare und dauerhafte Verbindungen für die Montage zu entwickeln. Wie in der vorangegangenen Projektphase sollen zur Veranschaulichung der Ergebnisse und der entwickelten Ansätze Demonstratoren als Proof of Concept bezüglich Design und Produktion gebaut werden.

Informationen zur Förderperiode 1

Veröffentlichungen

Rettinger, M.; Prziwarzinski, A.; Meyer, M.; Kolbeck, L.; Tošić, Z.;Hückler, A.; Lordick, D.; Borrmann, A.; Haist, M.; Lohaus, L.; Schlaich, M.
Modulare Fußgängerbrücken aus seriell hergestellten Betonfertigteilen – Entwürfe aus dem DFG-Schwerpunktprogramm2187.
Beton- und Stahlbetonbau 118 (2023). https://doi.org/10.1002/best.202300056