Organkultur der Schweineretina

Um die pathologischen Veränderungen der Retina zu verstehen, sind Modelle notwendig, bei denen Augenerkrankungen simuliert werden. Die meisten Modelle basieren auf die Verwendung Versuchstieren [1-3]. Doch es besteht auch das Ziel durch verschiedene Organkulturen diese Tierversuche zu ersetzten.
Eine gute Alternative für Studien an der Retina sind Organkulturen von Schweineretinae, welche von Schlachttieren gewonnen werden können. Das bedeutet, es entfällt die Verwendung von Versuchstieren und zusätzlich entspricht das Schweineauge vom Aufbau und der Größe mehr dem des Menschen als die üblicherweise verwendeten Nageraugen [4]. Des Weiteren bleibt nicht nur die komplexe Struktur der Retina bei der Organkultivierung erhalten, sondern eine Organkultur ist gut reproduzierbar, kontrollierbar und es kann eine höhere Anzahl von Proben ohne große Einschränkungen erhalten werden. Natürlich gibt es auch Nachteile der Organkultur, denn durch die Durchtrennung der Verbindung zwischen Retina und Sehnerven ist die Versorgung der Retina mit Nahrungsmitteln, Neurotransmitter und elektrischen Signalen nicht mehr gegeben, was dazu führt, dass die Retinae nur für einen kurzen Zeitraum kultivierbar sind [5]. Jedoch ist eine Behandlung der Organkulturen mit unterschiedlichen toxischen Subtanzen zur Simulation neurodegenerativen Erkrankungen über mehrere Tage möglich [6, 7]. Zu einer dieser Substanzen zählt das N-Methyl-D-Aspartat (NMDA) [8], welches als synthetischer Glutamat-Analogon, schon beim intraokulären Injektionsmodell verwendet worden ist.
In unserem Modell werden Stücke der Retina entnommen und kultiviert. Am Tag zwei und drei wird die toxische Substanz hinzugegeben (Abb. 1). Es wurde in ersten Studien ein moderaten Zellverlust nach sieben Tagen festgestellt. Interessant war, dass zu diesem Zeitpunkt auch eine Mikroglia-Reaktion beobachtet werden konnte [9].


Kultivierung der Schweineretina

Als erstes mussten gleichgroße Explantate herausgelöst werden. Diese wurden auf Zellkulturinserts in 6-well Platten kultiviert. Die Explantate blieben für sieben Tage in der Kultur. Die toxische Substanz wurde am Tag zwei und drei dazugegeben. Am Tag sieben wurden die Retinae kryo-konserviert, um u.a. immunhistologische Untersuchungen durchzuführen. Abkürzungen: GCl=Ganglienzellschicht, IPL=innere Plexiformschicht, INL=innere Körnerschicht, OPL=äußere Plexiformschicht, ONL=äußere Körnerschicht, Maßstab=20 µm.


Diese Zellkultur soll in Zukunft eingesetzt werden, um ein besseres Verständnis der Degenerationsprozesse zu erhalten und die Wirkung von neuen Therapeutika zu evaluieren.
Dieses Projekt wird in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Dr. rer. nat. Sven Schnichels, Universitäts-Augenklinik Tübingen, durchgeführt.

Aktuelle Tagungsbeiträge
Kuehn S, Hurst J, Jashari A, Ahrens K, Wunderlich MI, Dick HB, Schnichels S, Joachim SC. NMDA triggered microglia activation in a porcine retina organ culture. Association for Research in Vision and Ophthalmology Meeting, 2015.
Joachim SC, Schnichels S, Januschowski K: Gibt es in der Retinaforschung Alternativen zum Tiermodell?. Symposium auf der Jahrestagung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, 2015.

Literatur

[1] Chidlow G, Ebneter A, Wood JP, Casson RJ. The optic nerve head is the site of axonal transport disruption, axonal cytoskeleton damage and putative axonal regeneration failure in a rat model of glaucoma. Acta Neuropathol, 2011;121:737-51.
[2] Joachim SC, Reinehr S, Kuehn S, Laspas P, Gramlich OW, Kuehn M et al. Immune response against ocular tissues after immunization with optic nerve antigens in a model of autoimmune glaucoma. Mol Vis, 2013;19:1804-14.
[3] Yang Q, Cho KS, Chen H, Yu D, Wang WH, Luo G et al. Microbead-induced ocular hypertensive mouse model for screening and testing of aqueous production suppressants for glaucoma. Invest Ophthalmol Vis Sci, 2012;53:3733-41.
[4] Hendrickson A, Hicks D. Distribution and density of medium- and short-wavelength selective cones in the domestic pig retina. Exp Eye Res, 2002;74:435-44.
[5] Winkler J, Hagelstein S, Rohde M, Laqua H. Cellular and cytoskeletal dynamics within organ cultures of porcine neuroretina. Exp Eye Res, 2002;74:777-88.
[6] Luo X, Heidinger V, Picaud S, Lambrou G, Dreyfus H, Sahel J et al. Selective excitotoxic degeneration of adult pig retinal ganglion cells in vitro. Invest Ophthalmol Vis Sci, 2001;42:1096-106.
[7] Ulyanova T, Szel A, Kutty RK, Wiggert B, Caffe AR, Chader GJ et al. Oxidative stress induces heme oxygenase-1 immunoreactivity in Muller cells of mouse retina in organ culture. Invest Ophthalmol Vis Sci, 2001;42:1370-4.
[8] Ghosh F, Taylor L, Arner K. Exogenous glutamate modulates porcine retinal development in vitro. Dev Neurosci, 2012;34:428-39.
[9] Kuehn S, Hurst J, Jashar iA, Ahrens K, Wunderlich M, Dick H et al. NMDA triggered microglia activation in a porcine retina organ culture. accepted for ARVO; 2015.