NACH OBEN

Dr. Susanne Kurz

Raum: GB 2/31
Tel.: 0234 32 - 26567
Lebenslauf
E-Mail

Medizin, Erotologie und Ethik unter den Moguln (16.–18. Jh.)

Ausgangssituation

Die Medizinliteratur in persischer Sprache im Indien der Moguln ist noch kaum erforscht: Selbst die wichtigsten Enzyklopädien und Handbücher sind nicht systematisch untersucht und in Konzeption, Stil, Inhalten und gesellschaftlicher Verankerung analysiert worden.

Untersuchungsthemen

Um einen erfolgreichen Anfang zu machen, muß man zunächst Themen festlegen, an denen sich beispielhafte Untersuchungen durchführen lassen. Da die Hygiene ein wichtiger Aspekt der græco-islamischen Medizin ist und darin die bis heute als Besonderheit der „Unani Medicine“ hervorgehobene ganzheitliche Perspektive zum Ausdruck kommt, bietet sich dieses Thema für die Untersuchung an. Für die eingehende Analyse muss es jedoch noch weiter eingegrenzt werden.

Ebenso wie die religiöse und philosophische Ethik gibt die medizinische Hygiene Regeln für die Lebensführung vor, und als Teil der Lebensführung muss auch der Geschlechtsverkehr reguliert werden. Gerade im Bereich der Sexualmedizin, Sexualhygiene und Erotik hatte zudem die indische Medizin besonders starken Einfluss auf die in persischer Sprache entstehenden Werke. Vor allem monografische Abhandlungen zur Sexualität mischen die Inhalte medizinischer Bāh-Traktate (Traktate über den Koitus) aus der älteren arabischsprachigen Tradition mit denen indischer Abhandlungen zur Liebeskunst. Hier werden auch erkennbar Bezüge zur muslimischen Ethik hergestellt und mit medizinischen Überlegungen und Erotikratschlägen zu einem – nicht immer widerspruchsfreien – Ganzen verknüpft.

Zugleich bietet dieser thematische Fokus die Möglichkeit, über den Bereich der Hygiene hinaus zu greifen und auch die Kapitel zur Behandlung von Männer- und Frauenkrankheiten in die Untersuchung einzubeziehen. Auf diese Weise lassen sich die wesentlichen Teile der Medizinliteratur in praktisch handhabbarer Weise berücksichtigen. Im Zentrum der Untersuchung stehen daher der Geschlechtsverkehr in der medizinischen und erotologischen Literatur, die ihm zugeschriebenen Zwecke und gesellschaftliche Bedeutung, die mit ihm verbundenen Vorstellungen über die Rolle und körperliche Verfassung von Männern und Frauen und ein Konzept von Sexualität, das Medizin, Ethik und Erotik, islamische und indische Traditionen fruchtbar zusammenschließt.

Ziele

Die Untersuchung soll unter anderem sichtbar machen, wie die indischen und islamischen Elemente und die unterschiedlichen Wissensbereiche miteinander verwoben werden und welche Vorstellungen vom Menschen sich daraus erschließen lassen. Die Analyse verfolgt daher die Frage des Gesamtprojekts nach der Darstellung medizinischen Wissens über den Menschen im Rahmen des Teilprojekts.

Der Kern der Untersuchung beschränkt sich auf die Zeit von ca. 1550–1750. Doch diese Eingrenzung kann nicht starr durchgehalten werden, will man nicht wichtige Werke gänzlich ausklammern und Rezeptionszusammenhänge aufzeigen.

Aus den Ergebnissen des Projekts soll bis 2015 eine größere Monographie entstehen.

Schriftenverzeichnis

Monographien

„Verachtet das Scherzen nicht!“: Die kulturhistorische Aussagekraft von persischen Sammlungen humoristischer Kurzprosa. 2 Halbbde. Dortmund: Verlag für Orientkunde, 2009. (Beiträge zur Kulturgeschichte des islamischen Orients, 40).

Sammelbände

(Herausgeberin.)Yādnāme-ye Iradj Khalifeh-Soltani: Festschrift Iradj Khalifeh-Soltani zum 65. Geburtstag. Aachen: Shaker Verlag, 2002.

(Mitarbeit.) Das Charisma: Funktionen und symbolische Repräsentationen. Hrsg. v. Pavlína Rychterová, Stefan Seit und Raphaela Veit unter Mitarbeit von Daniel Gotzen und Susanne Kurz im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und des Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrums „Norm und Symbol“ (SFB 485) an der Universität Konstanz. Berlin: Akademie Verlag, 2008. (Beiträge zu den Historischen Kulturwissenschaften, 2).

Patrick Franke, Susanne Kurz und Claudia Preckel (Hgg.). Body, Sexuality, and Medicine in Muslim Societies. (In Vorbereitung; erscheint voraussichtlich 2014).

Aufsätze & Übersetzungen

„Die Ḥāfeẓliteratur in deutscher Sprache von 1791 bis 1998 – ein bibliographischer Überblick.“ In: Susanne Kurz (Hg.): Yādnāme-ye Iradj Khalifeh-Soltani: Festschrift Iradj Khalifeh-Soltani zum 65. Geburtstag. Aachen: Shaker Verlag, 2002. S. 113–36.

„Eine deutsche Übersetzung des Tārīḫ-i Baihaqī: Vorstellung eines Projektes.“ Spektrum Iran 2 (2004) 51–86 (zusammen mit Iradj Khalifeh-Soltani).

„Band 5 des Tārīḫ-e Beyhaqī in deutscher Übersetzung.“ Spektrum Iran 3 (2006) 23–72 (zusammen mit Iradj Khalifeh-Soltani). [Online].

„Verehrt und verlacht: Sufis und ihre Gnadengaben (karāmāt ) in persischen Witzen und Anekdoten.“ In: Das Charisma: Funktionen und symbolische Repräsentationen. Hrsg. v. Pavlína Rychterová, Stefan Seit und Raphaela Veit unter Mitarbeit von Daniel Gotzen und Susanne Kurz im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und des Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrums „Norm und Symbol“ (SFB 485) an der Universität Konstanz. Berlin: Akademie Verlag, 2008. (Beiträge zu den Historischen Kulturwissenschaften, 2). S. 375–82.

„Witze sind auch ein ernstes Geschäft.“ In: XXX. Deutscher Orientalistentag, Freiburg, 24.–28. September 2007. Ausgewählte Vorträge, herausgegeben im Auftrag der DMG von Rainer Brunner, Jens Peter Laut und Maurus Reinkowski. März 2009, [Online].

„Der Wesir als Konkurrent des Sultans? Der Hof des Nizâm al-Mulk-e Tûsî.“ In: TOBIAS-lib. Online-Publikationsservice der Universität Tübingen. November 2009, [Online].

„Die Einschätzung von Träumen und Traumdeutung im lateinisch-christlichen Mittelalter und im sunnitischen Islam.“ In: Traum und Vision in der Vormoderne: Traditionen, Diskussionen, Perspektiven. Hg. v. Annette Gerok-Reiter, Christine Walde. Berlin: Akademie Verlag, 2012. S. 91–130 (zusammen mit Stefan Seit).

„Zwischen Standardisierung und Literarisierung: Der Fallbericht in der græco-islamischen Medizin.“ In: Der ärztliche Fallbericht. Epistemische Grundlagen und textuelle Strukturen dargestellter Beobachtung. Hg. v. Rudolf Behrens u. Carsten Zelle unter Mitarbeit von Nicole Bischoff u. Maria Winter. Wiesbaden: Harassowitz, 2012 (culturae. Intermedialität und historische Anthropologie, 6. Hg. Kirsten Dickhaut, Jörn Steigerwald). S. 227–58 (zusammen mit Stefan Reichmuth).

„Eine biographische Hintertreppe? Das Nachleben bekannter Gelehrter in persischen humoristischen Anekdoten.“ In: Differenz und Dynamik im Islam. Festschrift für Heinz Halm zum 70. Geburtstag/Difference and Dynamism in Islam. Festschrift for Heinz Halm on his 70th birthday. Hg. v. Hinrich Biesterfeldt und Verena Klemm unter Mitarbeit von Beate Backe und Martin Jagonak. Würzburg: Ergon-Verlag, 2012. S. 433–51.

„Nevešte-hā-ye fārsī dar-bāre-ye gerāyeš-hā-ye ǧensī dar čār-čūb-e sonnat-e pezeškī-ye yūnānī-eslāmī.“ Bahārestān: faṣlnāme-ye asnād, maṭbūʿāt va motūn. Teheran: Ketābḫāne, mūze va markaz-e asnād-e Maǧl es-e Šourā-ye eslāmī. Vol IV (=History of Medicine 3/Ṭebb-e sonnatī 3) 1391 š./2012, Heft/Šomāre 15, S. 106–19 (in persischer Sprache; Titel auf deutsch: Persische erotologische Werke im Rahmen der græco-islamischen Medizintradition).

„Never just for fun? Sexual intercourse in Persophone medicine, erotology and ethic.“ In: Patrick Franke, Susanne Kurz und Claudia Preckel (Hgg.): Body, Sexuality, and medicine in Muslim Societies (erscheint voraussichtlich 2014).

Rezensionen

H. Halm: Der Islam: Geschichte und Gegenwart. München: Beck, 2000. Die Welt des Orients XXXIII (2003) 239f.

A. Schimmel: Sufismus: Eine Einführung in die islamische Mystik. München: Beck, 2000. Die Welt des Orients XXXIV (2004) 222–25.

H. Bobzin: Mohammed. München: Beck, 2000. Die Welt des Orients XXXIV (2004) 225–27.

Abu' l-Fażl Beyhaqi: The History of Beyhaqi. Transl. with a historical, geographical, linguistic and cultural commentary and notes by C.E. Bosworth. Fully revised and with further commentary by Mohsen Ashtiany. Cambridge/London: Harvard University Press, 2011. sehepunkte 12 (2012), Nr. 5 [15.05.2012]. [Online].

Fabrizio Speziale: India xxxiii. Indo-Muslim Physicians. Encyclopaedia Iranica, Online Edition, 15 July 2009, [Online]. Abstracta Iranica 34 (2011) (im Druck).

Fabrizio Speziale: Les traités persans sur les sciences indiennes: médecine, zoologie, alchimie. In: Denis Hermann/Fabrizio Speziale (eds.): Muslim Cultures in the Indo-Iranian World during the Early-Modern and Modern Periods. Berlin: Institut Français de Recherche en Iran/Schwarz, 2010 (Islamkundliche Untersuchungen, 290/Bibliothèque Iranienne, 69). 403–47. Abstracta Iranica 34 (2011) (im Druck).

Vorträge auf Einladung

Mai 2005:
„Vazīr dar maqām-e raqīb-e solṭān? Bārgāh-e Ḫāǧe Neẓām ol-Molk-e Ṭūsī“ an der Universität Esfahan, Abteilung für Geschichte in persischer Sprache;
Titel auf deutsch: „Der Wesir als Konkurrent des Sultans? Der Hof des Ḫāǧe Neẓām ol-Molk-e Ṭūsī“

Oktober 2005:
„Witz und Poesie als Mittel der Kritik an religiösen Autoritäten im Iran des 14. Jahrhunderts: ʿObeyd-e Zākānī und Ḥāfeẓ“ am Centrum medievistických studií (CMS) in Prag

Dezember 2006:
„Zwischen Ṣūfīs und religiösen Funktionären – gelehrte Dichter als Kritiker religiöser Autoritäten“ im Fachbereich Geschichte der Universität Konstanz

Juni 2009:
„Krankheit bei den Moguln – Konzeptionen in Memoiren und Medizinliteratur“ auf der Tagung Der ärztliche Fallbericht: Epistemische Grundlagen und textuelle Strukturen dargestellter Beobachtung an der Ruhr-Universität Bochum

Juli 2010:
„Indische Liebeskunst oder græco-islamische Medizin? Persische und Urdu-Adaptionen des erotologischen Werkes Koka Shastra“ im Bamberger Orientkolloquium der Universität Bamberg (zusammen mit Dr. C. Preckel).

März 2011:
„Persian Adaptations of the Kōkāšāstra“ an der Université Sorbonne Nouvelle – Paris 3 in Paris

April 2011:
Vorträge in persischer Sprache zur indo-persischen Medizingeschichte in Teheran (Iran) auf Einladung des Dānešnāme-ye Ǧahān-e Eslām:
1.„Nevešte-hā-ye fārsī dar bāre-ye gerāyeš-hā-ye ǧensī dar čār-čūb-e sonnat-e pezeškī- ye yūnānī-eslāmī“
(Titel auf deutsch: „Persische erotologische Werke im Rahmen der græco-islamischen Medizintradition“);
2. „Dar ǧost-o-ǧū-ye gozāreš-hā-ye pezeškī dar nevešte-hā-ye fārsī-ye qorūn-e goẕašte“
(Titel auf deutsch: ”Auf der Suche nach medizinischen Fallberichten in persischen Werken der Vergangenheit“);
3.„Ṭebb-e yūnānī va yā ṭebb-e hendī? Bāft-o sāḫtār-e nevešte-hā-ye pezeškī be zabān- e fārsī dar ʿaṣr-e Teymūriyān-e Hend“
(Titel auf deutsch: „Griechische oder indische Medizin? Die Struktur persischer Medizinwerke zur Mogulzeit“)

Mai 2012:
“Role and relationship of Græco-Islamic and Indian elements in Persian adaptations of the Koka Shastra” auf der 1. Perso-Indica Conference Translating and Writing Indic Learning in Persian” vom 30.–31. Mai an der Université Sorbonne Nouvelle – Paris 3, Paris

November 2013:
„Wozu braucht Mann Sexratgeber? Medizin und Ethik in den persischen Adaptionen des Kokashastra“ am CNMS (Zentrum für Nah- und Mitteloststudien) der Philipps-Universität Marburg (14.11.13)