Der Forschungsbereich Montangeschichte
Forschungen zu Themen der Montangeschichte hat es an der Ruhr-Universität seit ihrem Bestehen immer wieder gegeben. Das gilt auch schon für die Gründergeneration mit Hans Mommsen oder die ehemaligen Assistenten Bernd Weisbrod, Werner Abelshauser, Wolfhard Weber und Werner Plumpe. Die Projekte waren aber weitgehend unkoordiniert und nie im Verbund organisiert. Das hat sich im Jahr 2001 geändert, als Klaus Tenfelde, Professor für Sozialgeschichte und soziale Bewegungen, bei der RAG Aktiengesellschaft ein großes Forschungsprojekt zur Geschichte der Zwangsarbeit im Bergbau einwarb.
Als Begleitung des Projektes war wenig später ein wissenschaftlicher Beirat gebildet worden, in den unter anderen auch der damals gerade erst nach Bochum auf die Professur für Wirtschafts- und Unternehmens- geschichte berufene Dieter Ziegler eintrat.
Aus diesem Projekt sind drei Dissertationen und zwei Habilitationsschriften entstanden, die ebenso wie die Tagungsbände und ein Quellenband in einer eigenen Reihe erschienen sind. Ebenfalls auf die Initiative von Klaus Tenfelde geht ein zweites größeres Projekt zurück, das vom Gesamtverband Steinkohle e.V. geförderte vierbändige Handbuch des deutschen Bergbaus. Leider hat der im Jahr 2011, kurz nach der Versetzung in den Ruhestand, verstorbene Klaus Tenfelde die Auslieferung des ersten Bandes nicht mehr miterleben dürfen. Die Fortsetzung des Projektes ist wesentlich durch Hans-
Christoph Seidel und Jens Adamski betrieben und zu einem guten Ende gebracht worden. Mittlerweile sind alle vier Bände erschienen.
Als Gründungsmitglied der Leibniz-Gemeinschaft erforscht das Deutsche Bergbau-Museum Bochum (DBM) die sozialen, kulturellen, technischen und ökonomischen Aspekte des Montanwesens in Zeit und Raum inklusive der Auf- und Weiterverarbeitung von Bodenschätzen und anderen Georessourcen von der Urgeschichte bis zur Gegenwart, oftmals in Kooperation mit dem Archäologischen und dem Historischen Institut der RUB. Beispielhaft für die erfolgreiche Kooperation zwischen DBM und RUB in der Bergbaugeschichte ist das erwähnte Handbuchprojekt Geschichte des deutschen Bergbaus.
Daneben waren einige der seit 2008 eingeworbenen kleineren Projekte gemeinsam von DBM und Dieter Ziegler beantragt und betreut worden. Das gilt ins-
besondere für die Forschungen zur Geschichte des Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikats, die bereits abgeschlossen sind oder in naher Zukunft abgeschlossen werden.
Aktuell kooperieren die Stiftung Geschichte des Ruhrgebiets, das Historische Institut und das DBM (Lars Bluma und Michael Farrenkopf) in zwei größeren Forschungsvorhaben, zum einen im Oral History Projekt Digitaler Gedächtnisspeicher: Menschen im Bergbau und zum anderen im Forschungsprojekt Vom Boom zur Krise: Der deutsche Steinkohlenbergbau nach 1945, in dem fünf Doktoranden und zwei Post-Docs beschäftigt sind.
Über die Kooperationspartner Deutsches Bergbau-Museum, Institut für soziale Bewegungen und Stiftung Geschichte des Ruhrgebiets verfügt der Schwerpunkt Montangeschichte über eine einzigartige Forschungsinfrastruktur vor Ort.
Das Montanhistorische Dokumentationszentrum (montan.dok) des DBM beherbergt den Großteil der archivischen Überlieferung der deutschen Bergbauunternehmen, -organisationen und -verbände.
Die Überlieferung der Arbeitnehmerseite des Bergbaus nach 1945 hält das Archiv für soziale Bewegungen der Stiftung Geschichte des Ruhrgebiets vor.
Mit der Bibliothek des Ruhrgebiets unterhalten die Stiftung Geschichte des Ruhrgebiets und das Institut für soziale Bewegungen zudem die umfangreichste Fachbibliothek in Deutschland für die Montangeschichte seit dem Industrialisierungszeitalter.
Durch den Nachfolger von Klaus Tenfelde auf der Professur für Sozialgeschichte und soziale Bewegungen ist der Forschungsschwerpunkt neben den älteren Feldern der Arbeiter- und Arbeiterbewegungsgeschichte und der Unternehmens- und Industrialisierungs- geschichte besonders in Richtung Industriekultur, Erinnerungsgeschichte und Strukturwandel industrieller Ballungsräume durch mehrere von Stefan Berger betreute, international vergleichende Projekte erweitert worden, wie das Stipendienprogramm Bildungsgeschichte von (ehemaligen) Montanregionen.
Zur Geschichte der Bergbaufolgelandschaften (Bergehalden) kooperieren die Bergakademie Freiberg, das DBM und der Lehrstuhl für Technik- und Umweltgeschichte der Ruhr-Universität. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert ab dem Jahr 2019 ein gemeinsames Forschungsvorhaben mit dem Titel Umweltpolitik, Bergbau und Rekultivierung im deutsch-deutschen Vergleich. Das Lausitzer Braunkohlenrevier, die Wismut und das Ruhrgebiet (1949 - 1989/2000)
Zum Sommersemester 2018 hat die Ruhr-Universität zur Stärkung des Schwerpunktes Montangeschichte eine Juniorprofessur eingerichtet, die mit Juliane Czierpka besetzt wurde.