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7. Alternative Streitregelung
b) Evaluation § 15 a EGZPO
Evaluation des Güte- und Schlichtungsstellengesetzes NRW
I. § 15a EGZPO
Am 1. Januar 2000 ist § 15 a des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung (EGZPO) in Kraft getreten. Diese Norm eröffnet den Ländern die Möglichkeit, die Zulässigkeit bestimmter zivilrechtlicher Klagen von der vorherigen Durchführung eines außergerichtlichen Streitschlichtungsverfahrens abhängig zu machen. Der Gesetzgeber verspricht sich von der Neuregelung eine Entlastung der Ziviljustiz, einen dauerhafteren Rechtsfrieden durch konsensuale Lösungen und die Schaffung einer neuen „Streitkultur“. § 15 a EGZPO öffnet folgende Fallgruppen für einen obligatorischen Schlichtungsversuch:
  1. Vermögensrechtliche Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche bis zu 750 EUR,
  2. Streitigkeiten über Ansprüche aus dem Nachbarrecht nach den §§ 906, 910 f. und 923 BGB sowie nach den landesgesetzlichen Nachbargesetzen, sofern es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt,
  3. Streitigkeiten über Ansprüche wegen Verletzung der persönlichen Ehre, die nicht in der Presse oder im Rundfunk begangen worden sind.
Von der bundesgesetzlichen Öffnungsklausel haben bislang Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein Gebrauch gemacht.
II. Anerkannte und sonstige Gütestellen
§ 15 a EGZPO räumt den Justizverwaltungen der Länder die Möglichkeit ein, Gütestellen für die Durchführung des obligatorischen Schlichtungsverfahrens anzuerkennen. Diese Gütestellen sind dann zugleich Gütestellen im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Nach § 15 a Abs. 3 EGZPO reicht es allerdings auch aus, wenn die Parteien einvernehmlich vor einer sonstigen Gütestelle (z. B. Verbraucherzentralen, Schlichtungsstellen der Handwerkskammern) eine Einigung versucht haben. Sowohl die anerkannten Gütestellen als auch die sonstigen Gütestellen stellen beim Scheitern einer gütlichen Einigung eine sogenannte Erfolglosigkeitsbescheinigung aus, mit deren Hilfe dann die Durchführung des obligatorischen Streitschlichtungsverfahrens bei Gericht nachgewiesen werden kann. Die Unterschiede zwischen den anerkannten und den sonstigen Gütestellen bestehen in folgendem:
III. Das nordrhein-westfälische Ausführungsgesetz
Nordrhein-Westfalen macht in seinem Gütestellen- und Schlichtungsgesetz (GüSchlG NRW), das zum 1. Oktober 2000 in Kraft getreten ist, von der Ermächtigung zur Einführung der obligatorischen Streitschlichtung fast in vollem Umfang Gebrauch. Eine Ausnahme ist die niedrigere Streitwertgrenze von 600 EUR in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Darüber hinaus ist in Nordrhein Westfalen ein Schlichtungsverfahren nur dann erforderlich, wenn die Parteien in demselben Landgerichtsbezirk ihren Wohnsitz oder eine Niederlassung haben. Zuständig für das Schlichtungsverfahren sind in Nordrhein-Westfalen in erster Linie die Schiedsämter, die durch § 1 GüSchlG als Gütestellen im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO anerkannt werden. Daneben regeln die §§ 2 bis 6 GüSchlG NRW das Anerkennungs- verfahren für weitere Gütestellen (z. B. Rechtsanwälte). Nordrhein-Westfalen nutzt also für die Umsetzung des Gesetzes in erster Linie die bestehende Infrastruktur der Schiedsleute und vertraut damit das Schlichtungsverfahren ehrenamtlich tätigen Laien an. Bayern und Baden-Württemberg setzen dagegen vorrangig auf die rechtsberatenden Berufe. So sind durch das Bayrische Schlichtungsgesetz vom 25.05.2000 alle Notare in Bayern zu Gütestellen erklärt worden. Die Schlichtungsgesetze von Bayern und Nordrhein-Westfalen treten automatisch in fünf Jahren außer Kraft. Bis dahin sollen die Erfahrungen wissenschaftlich ausgewertet sein, so dass die Landtage rechtzeitig über eine Verlängerung und gegebenenfalls Änderung beraten können. Der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen hatte uns mit der Evaluierung des nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetzes zu § 15a EGZPO beauftragt. Die Arbeit ist im Jahre 2004 abgeschlossen worden. Sie ist nunmehr auch als Buch veröffentlicht worden: Bisher hat kein sich kein Land dafür entscheiden können, sein Ausführungsgesetz zu § 15a EGZPO auslaufen zu lassen. Die Diskussion geht weiter.