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RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM
Germanistisches Institut
Sektion Skandinavistik

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Rede_U_Schroeder

Redebeitrag von Uli Schröder

Skandinavistik-Abwicklung
[Rede: 15.12.2005]

Liebe Freundinnen und Freunde unseres Faches!

Zunächst einmal möchte ich mich herzlich bei den amtierenden Mitgliedern des Fachschaftsrats Skandinavistik bedanken, die mich vorgeschlagen haben, um für die Studierenden zu sprechen. Dies tue ich sehr gern – zumal es mir immer ein wichtiges Anliegen war, mich auch nach dem Examen neben meiner Promotion weiterhin für den Erhalt unseres Faches an der Ruhr-Universität einzusetzen. Ein durchaus emotionaler Beweggrund hierfür sei besonders hervorgehoben – ich denke, ich spreche im Namen der allermeisten Studierenden der Bochumer Skandinavistik, wenn ich sage: Wir haben ein Fach studiert, an dem unser Herz hing. Dazu hat für mich persönlich ganz am Anfang meines Studiums ein ganz besonderer Mensch beigetragen: Meine, unsere Schwedisch-Lektorin Elisabeth Schloemann. Sie hat vielen Studierenden das Herz geöffnet für ein Land, das über Jahrzehnte oftmals als politisches und kulturelles Vorbild bezeichnet wurde, und dessen wohlklingende Sprache die meisten von uns nun ein Leben lang begleiten wird. Dafür, daß Du viele von uns auf diesen Weg gebracht hast, möchte ich ganz einfach sagen: Tack, kära Elisabeth! Außerdem will ich im Namen der Fachschaft – stellvertretend für alle Lehrenden unserer Sektion – auch Nicola Jordan ein herzliches Dankeschön sagen, die zumindest das Schwedisch-Angebot an der Ruhr-Universität hoffentlich noch lange fortführen wird!

Gerade in Zeiten von Europäisierung und Globalisierung ist die kulturelle Identitätsstiftung, die gerade von geisteswissenschaftlichen Fächern mit internationalem Profil ausgehen kann, immens wichtig – ja geradezu unabdingbar. So stellte unsere – gar nicht mal so kleine – Bochumer Skandinavistik mit nur einer Professur eine unglaublich starke kulturelle Brücke zum nördlichen Teil Europas dar: Hierzu beigetragen haben jährliche Exkursionen, ein sehr vitales Sprachaustauschprojekt mit der Universität Göteborg, Austauschprogramme mit Hochschulen in Schweden und Dänemark; einen wichtigen Beitrag hierzu haben außerdem zahlreiche Gastvorträge skandinavischer Autorinnen und Autoren sowie nicht zuletzt die mit zeitweise über 200 Teilnehmenden mehr als gut besuchten Sprachkurse insbesondere im Bereich Schwedisch, aber auch in Norwegisch und Dänisch geleistet. Nicht zu vergessen ist der Multiplikatoreneffekt in der Sprachausbildung: Jene Studierenden, die bis zum jetzigen Zeitpunkt noch die Möglichkeit haben, an einer Ruhrgebietsuniversität weiterführende Sprachkurse zu besuchen, werden in den nächsten Jahren diejenigen sein, die an Volkshochschulen und privaten Sprachschulen dieses Wissen an Menschen aus der Ruhrregion  weitergeben können. Entfiele auch die Sprachausbildung an dem bislang einzigen universitären Standort der Skandinavistik im Ruhrgebiet, nach Paris und London immerhin dem drittgrößten Ballungsraum der EU, gänzlich, so würde es in unserer Region bald auch immer weniger Dozenten für eine breiteren Sprachvermittlung geben. Auf das Ende des Faches vor Ort würde ein Sprachkurssterben folgen. Doch zumindest diese Hoffnung bleibt, daß sich die Verantwortlichen an der Ruhr-Uni eines besseren besinnen und zumindest für den Erhalt des status quo im Bereich des Sprachenangebots an dieser Universität sorgen – und dies nicht etwa nur auf Lehrauftragsbasis, was angesichts der hohen Teilnehmerzahlen in unseren Kursen völlig unverhältnismäßig wäre. Nicht zuletzt eingedenk der Tatsache, daß die Bochumer Skandinavistik noch in diesem Jahr mit einem universitätsinternen Preis für einen vorbildlichen Internet-Auftritt im Bereich E-learning, Schwedisch, ausgezeichnet wurde, möchte ich also die dringende Bitte an die Verantwortlichen des Dekanats und des Germanistischen Instituts richten, darauf hinzuwirken, zumindest das Schwedisch-Angebot an der Ruhr-Universität in vollem Umfang zu erhalten.

Was engagierte Studierende eines abgewickelten Faches an der Ruhr-Uni auf ihren weiteren Lebensweg mitnehmen, ist neben einem hoffentlich zuletzt noch erworbenen akademischen Titel viel Erfahrung, ja fast schon Routine im Umgang mit – zumeist hochschulpolitischen – Institutionen in einer sich wandelnden Gesellschaft; einer Gesellschaft, welche die Spielräume für politische Teilhabe und aktive Mitgestaltung tendenziell immer weiter einschränkt. Zweimal haben die Studierenden und insbesondere deren gewählte VertreterInnen im äußerst aktiven Fachschaftsrat Skandinavistik den Versuch einer Neubesetzung unserer Professur in den 90er Jahren kritisch, aber stets konstruktiv begleitet. Das Ergebnis ist bekannt – die von den Studierenden favorisierte Kandidatin versicherte uns, fortan mit voller Arbeitskraft zum dauerhaften Erhalt des Faches in Bochum beitragen zu wollen, um dann schon im Jahr darauf an die Uni Münster auf einen besser dotierten Lehrstuhl weiterzuziehen.

Erst mit Frau Professor Else Ebel, die nach jenem turbulenten Vorlauf ausnahmsweise hausintern berufen werden konnte, erhielten die Bochumer Studierenden endlich wieder eine verläßliche Ansprechpartnerin, die für alles und jedes ein offenes Ohr hatte und jeden einzelnen immer wieder zu motivieren suchte, den jeweils angestrebten akademischen Abschluß zu erlangen. Dafür gebührt Ihnen, Frau Professor Ebel, unser herzlicher Dank! Ich hoffe natürlich außerdem, daß auch die allermeisten der gegenwärtig noch 17 Studierenden, die noch auf ihren Abschluß hinarbeiten, im kommenden Jahr ans Ziel gelangen werden, damit am Ende möglichst niemand mit leeren Händen dasteht.

Unsere Abschlußzahlen waren im Vergleich zu den Statistiken der allermeisten anderen bundesweit rund ein Dutzend Skandinavistik-Standorte in den letzten Jahren vorbildlich, und mit einer Auslastungsquote von 138 % im Wintersemester 2000/2001 sowie insgesamt über 200 eingeschriebenen Studierenden im Magister-Haupt- und Nebenfach konnte sich unsere Sektion auch an der Ruhr-Universität mit anderen Geisteswissenschaften durchaus messen. Dennoch sollte das neue Jahrtausend die letzten Jahre der Bochumer Skandinavistik einleiten: "Monoprofessorale Fächer" seien "nicht zukunftsfähig", hieß die neue Effizienz-Doktrin des Wissenschaftsministeriums NRW, und im Zuge des sogenannten 'Qualitätspakts' sollten ab 1999 allein an der Ruhr-Uni über 200 wissenschaftliche Stellen eingespart werden – darunter unsere Professur. Als es Anfang des Sommersemesters 2001 ernst wurde, haben wir uns dann nochmal so richtig ins Zeug gelegt: Die dänische, schwedische und norwegische Botschaft wurde um Unterstützung gebeten, um unser im Ruhrgebiet einmaliges Fach zu erhalten, und selbst vor dem dänischen Königshaus schreckten wir nicht zurück... Sämtliche skandinavischen Firmen in der Rhein-Ruhr-Region, deren Fax-Nummer wir irgendwie ausfindig machen konnten, wurden angefunkt, und auch die in Bochum gewählten Landtagsabgeordneten konnten sicher sein, Post von uns zu erhalten. Es kam sogar zu einer Mini-Demo vor dem Landtag und einem Bericht im WDR-Fernsehen. Doch bekanntlich vergebens: Während unsere zahlreichen Versuche, eine politisch-ökonomische Lobby für unser Anliegen aufzubauen, kaum auf Resonanz stießen, erwiesen sich die VertreterInnen des gebetsmühlenartig wiederholten Arguments, EinprofessorInnenfächer seien eben nicht zukunftsfähig, als extrem aufklärungsresistent: Sie folgten der Argumentation einer externen Evaluierung, laut welcher eine Skandinavistik in Bochum für überflüssig gehalten wurde. Aber kann es, darf es denn wirklich angehen, daß geisteswissenschaftliche Fächer ohne eine hinreichende Lobby langfristig kaum eine Überlebenschance zu haben scheinen? Darf es sein, daß studentisches Engagement, das Fehlen einer solchen politisch-ökonomischen Lobby zu kompensieren, völlig ins Leere läuft? Ich frage mich: Wo ist die hochschulpolitische, wo ist die menschliche Vision, die so etwas verhindern könnte – wo ist die Vision?

Auch innovativen Konzepten einer zusätzlichen Juniorprofessur – etwa getragen von einer investitionsfreudigen Stiftung – wurden selbst uni-intern keine Chancen eingeräumt und unser Fach damit endgültig zur Abwicklung freigegeben. Stattdessen sollten andernorts Synergieeffekte geschaffen werden – von Fächerkonzentration an zentralen Standorten war immer wieder die Rede. Doch was, bitte schön, ist in NRW hiervon zu sehen? Wo sind die blühenden Hochschullandschaften in kleinen Fächern wie dem unseren? Nichts davon ist zu erahnen – selbst an einem einst hochgelobten Skandinavistik-Standort wie Münster nicht, wo die verbliebenen Bochumer Studierenden vor einigen Semestern hin verwiesen wurden, um im Falle einer vorgezogenen Abwicklung ihren Abschluß zu erlangen. So weit mir bekannt, ist übrigens niemand diesem Rat gefolgt. 

Auch die Sammlung von über 400 Solidaritätsunterschriften Studierender konnte jedoch nichts mehr an der grundsätzlichen Abwicklungsentscheidung ändern. Um wenigstens die bestehende Professur in der Fakultät für Philologie zu halten und ein anderes kleines Fach zu stärken, wurde unser Lehrstuhl darauf bekanntlich in eine Komparatistik-Stelle umgewidmet. In diesem Zusammenhang möchte ich übrigens ausdrücklich Frau Professor Schmitz-Emans danken, die sich im Laufe dieses Verfahrens uns gegenüber stets äußerst fair verhalten und sich nicht darauf eingelassen hat, kleine Fächer auch noch gegeneinander ausspielen zu lassen. Ich hoffe sehr, daß zumindest die Komparatistik in Bochum nunmehr dauerhaft gesichert ist.

Unser eigenes Fach schien zunächst wenigstens bis zum Wintersemester 2007/08 erhalten zu bleiben – per ministerieller Rechtsverordnung war ursprünglich vorgesehen, die Skandinavistik 'erst' in zwei Jahren endgültig abzuwickeln, um allen Eingeschriebenen die realistische Chance zu geben, einen Magisterabschluß innerhalb der Regelstudienzeit zu erlangen. Als jedoch auch hieran gerüttelt werden sollte und eine Einstellung des Lehrbetriebs bereits zum Ende des Sommersemesters 2004 angestrebt wurde, gingen die protesterprobten Studierenden noch einmal auf die Barrikaden: Wieder wurden Unterschriften gesammelt – diesmal unter den noch Eingeschriebenen des Faches – sämtliche Campus-Medien berichteten, Gespräche im Dekanat, Rektorat und beim für die Ruhr-Universität zuständigen Referenten im Düsseldorfer Wissenschaftsministerium wurden geführt. Zumindest in dieser Sache waren wir noch einmal erfolgreich, so daß wir uns erst heute, anderthalb Jahre später als von den Verantwortlichen zuletzt angedacht, hier versammeln, um nach sage und schreibe 80 Dienstsemestern seit April 1966  an der Ruhr-Universität Bochum Frau Professor Ebel zu verabschieden und zugleich unser Fach...

Was bleibt, ist, abschließend die Hoffnung zu formulieren, daß eines Tages neues Leben aus jenen Keimen sprießen möge, die – nicht zuletzt Dank Ihres unermüdlichen Wirkens – gesät sind: Immerhin fünf Promotionsverfahren laufen derzeit noch an der Bochumer Sektion Skandinavistik, und es bleibt die Aussicht, daß der oder die eine oder andere Doktorandin irgendwann einmal dazu wird beitragen können, unser Fach im Ruhrgebiet wiedererstehen zu lassen. Diese Vision jedenfalls werde ich persönlich auf meinen weiteren Weg mitnehmen, wissenschaftlich wie hochschulpolitisch, und ich appelliere an Sie und Euch alle, niemals zu vergessen, daß eine andere Hochschulwelt möglich ist – mit weniger dogmatischem Effizienzstreben, mehr Solidarität und einer breiten Vielfalt der Fächer.

Abschließend möchte ich im Namen der Fachschaft noch einmal allen derzeitigen und ehemaligen Lehrenden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Sektion für ihr unermüdliches Engagement danken. Ihnen, Frau Professor Ebel möchten wir nun als Dankeschön für alles, was Sie für uns und das Fach getan haben, noch eine Kleinigkeit mit auf den Weg geben. Ich bedanke mich herzlich für Ihre und Eure Aufmerksamkeit.