Inhaltliches Konzept

Inhaltliches Konzept

Feministische und queere Psychologien verstehen Geschlecht und Sexualität als zentrale Strukturkategorien unserer Gesellschaft. Sie streben die Beseitigung von Benachteiligungen an, die durch diese Differenzkategorien in Verbindung mit weiteren Ungleichheitsstrukturen entstehen. Als Wissenschaft analysieren sie heteronormative Zusammenhänge zwischen Geschlecht, Sexualität, Normativität und Macht auf psychologischer Ebene. Dabei unterscheiden sie sich vom Mainstream der psychologischen Geschlechterforschung bzw. Genderforschung vor allem durch drei Charakteristika:

1. distanzieren sie sich vom Ideal „objektiven“ und damit standpunktlosen Wissens,

2. betrachten sie Geschlecht (oder auch sexuelle Orientierung) nicht als voraussetzungslose unabhängige „Variable“ sondern als Effekt gesellschaftlicher Machtverhältnisse, dessen psychologische Voraussetzungen und Konsequenzen analysiert werden und

3. setzen sie sich selbstreflexiv mit der eigenen Forschung auseinander und vermeiden so weit wie möglich eine Fortschreibung der von ihnen untersuchten Mechanismen und Strukturen (beispielsweise Zweigeschlechtlichkeit).

International sind queere und feministische Psychologien mittlerweile gut etabliert: Vor allem in Großbritannien, den USA und Kanada konnten sie sich durch einschlägige institutionelle Verankerungen, Zeitschriften und Studienangebote einen kleinen aber festen Platz innerhalb der akademischen Landschaft erobern. In den deutschsprachigen Ländern gibt es eine solche institutionelle Verankerung bisher nicht. In den letzten Jahren haben sich queere und feministische Stimmen in der deutschsprachigen Psychologie jedoch immer mehr Gehör verschafft.

Diese Stimmen sollen nun erstmals im Rahmen einer Tagung versammelt werden, um so die Verankerung queerer und feministischer Psychologie im deutschsprachigen Raum zu fördern. Dabei möchten wir keineswegs das „Rad neu erfinden“, sondern vielmehr an internationale Arbeiten und Erfahrungen anknüpfen.

Folgende Themen sollen Inhalt der Tagung sein:

1. Grundlegende theoretische und methodologische Fragen: Was sind feministische und queere Psychologien? Welche theoretischen und methodischen Ansätze kommen konkret zur Anwendung oder könnten sich dafür produktiv machen lassen, und welche Erfahrungen wurden damit gemacht? Wie werden politische und akademische Anliegen miteinander verbunden?

2. Konkrete (empirische) Forschungsprojekte: Welche Forschungsprojekte im Bereich queerer und feministischer Psychologie gibt es bisher im deutschsprachigen Raum? Welche Fragestellungen sind für Psycholog_innen und Forschungsteilnehmer_innen von Relevanz?

3. Institutionalisierung und Organisierung: Welche Form der Institutionalisierung wäre im deutschsprachigen Raum notwendig, um Dialoge zu ermöglichen und zu etablieren? Welche Erfahrungen gibt es dazu in anderen Ländern?
Die Tagung soll aber auch ganz allgemein einen Ort darstellen, an dem queere und feministische Psycholog_innen einander kennenlernen und sich austauschen können.