Bericht zum Workshop "Auswertungsmethoden in der NMR Spektroskopie"

in Hannover vom 25. - 26. März 1999

Nachdem die CeBit in Hannover ihre Pforten geschlossen hatte und es in der Stadt langsam wieder ruhiger wurde, konnte am Donnerstag morgen endlich der Workshop "Auswertungsmethoden in der NMR-Spektroskopie" beginnen. Am Abend zuvor drohte noch alles an einem defekten Netzwerkkabel zu scheitern, denn die Vernetzung der vorhandenen 6 Personalcomputer untereinander war eine wesentliche Voraussetzung dafür, daß das "Unternehmen WinFIT" am nächsten Morgen starten konnte. Die Firma Bruker Analytik GmbH hatte zum Workshop freundlicherweise einen Netzwerkdongle mit 10 Lizenzen für das WinNMR/WinFIT-Programmpaket zur Verfügung gestellt. Nach einigem Suchen und Schwitzen (vor allem der Gedanke daran, die Funktion des Netzwerkes könnte nicht wieder hergestellt werden) konnte der Übeltäter ausgemacht und durch ein funktionierendes Netzwerkkabel ersetzt werden. Es wäre auch ja auch wirklich ungewöhnlich gewesen, daß die Soft- und Hardware nach dem Umzug von den Büros in den Seminarraum gleich reibungslos ihren Dienst tun würde.

Am nächsten Morgen trudelten dann die auswärtigen Teilnehmer aus Bonn, Bochum, Kiel und Mainz im alten Welfenschloß, dem Hauptgebäude der Universität Hannover, ein, um etwas über die Anpassung der durch verschiedene Wechselwirkungen dominierten Linienformen in NMR-Spektren mit Hilfe der Programme WinNMR, WinFit sowie dem Tabellenkalkulationsprogramm Excel zu erfahren. Nach der Begrüßung und einer einstündigen Einführung in isotrop wirkende Wechselwirkungen (homo- und heteronukleare dipolare Wechselwirkung, sowie die isotrope chemische Verschiebung) konnten die fünfzehn Teilnehmer ihre ersten Simulationsversuche in Zweier- und Dreiergruppen starten. Anhand von 19F MAS NMR Spektren von haplogranitischen Gläsern mit starker homonuklearer dipolarer Wechselwirkung wurde der Umgang mit Gauß-/Lorentzprofilen und das Anpassen von Rotationsseitenbanden geübt. Aus 29Si MAS Spektren von Alumo-Gallosilikatcancriniten ließ sich durch Anfitten der verschiedenen Q4(n Al)-Anteile mit Lorentzlinien über die Flächen das Al/Ga-Verhältnis bestimmen.

In der Mittagspause strebte ein Teil der Teilnehmer in die Mensa an der Callinstraße. Andere wollten bei schönstem Wetter den bekannten "Großen Garten" in Herrenhausen bewundern. Nach der mittäglichen Stärkung wurde dann die Schwierigkeitsstufe angehoben und die Anisotropie der chemischen Verschiebung im statischen und MAS-Fall behandelt. Und während einigen Teilnehmern noch die Begriffe "Anisotropie" und "Asymmetrie" ("Wo ist denn da der Unterschied?!!?"), sowie "Hauptachsensystem" und "Spur des symmetrischen Tensors" durch den Kopf schwirrten, hieß es auch schon wieder: "Bitte starten Sie jetzt ihr WinFit-Programm!". Begonnen wurde mit statischen 31P und 207Pb NMR Spektren mit nur einem kristallographisch definierten Platz. Jeder versuchte jetzt ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die Linienform bei negativer Anisotropie und steigendem Asymmetrieparameter aussieht. Einige Teilnehmer stellten fest, daß die korrekte Lage der Grundlinie entscheidende Auswirkung auf die Form der simulierten Linie hat (zu hoch gesetzte außerhalb des Bildschirmbereichs liegende Grundlinien können z.B. zu der Diskussion führen, warum die Basis der Linienform oben, die Singularitäten aber nach unten zeigen, sprich: "Warum zeigt der blöde Rechner alles verkehrt herum an oder gibt es in der NMR doch Emission?") und das bei einem Asymmetrieparameter von 20 die Linienform äußerst ungewöhnlich aussehen kann (hier sei angemerkt, daß der Asymmetrieparameter nur Werte zwischen Null und Eins annehmen kann). Nach dem Bearbeiten von MAS-Linienformen mit einem kristallographisch definierten Platz, hauptsächlich für das Isotop 13C an verschiedenen organischen Molekülen unter Anwendung verschiedener Rotationsfrequenzen, wurde abschließend noch ein Spektrum mit vier verschiedenen kristallographisch unterschiedlichen Plätzen und somit vier verschiedenen isotropen chemischen Verschiebungen, Anisotropien und Asymmetrien gezeigt. Ein Blick in die nun von Verzweiflung gekennzeichneten Gesichter und auf die von der harten Nachmittagsarbeit geschafften Gestalten, ließ die Workshopleitung aber zu dem Schluß kommen, das Pensum für diesen Tag zu beenden.

Um die Übernachtungskosten vor allem für die auswärtigen, studentischen Teilnehmer niedrig zu halten, wurden diese in "Gastfamilien" (Mitarbeitern der Mineralogie in Hannover, vor allem Doktoranden) untergebracht. Nachdem alle ihr Gepäck in ihrem Übernachtungsdomizil verstaut hatten, traf man sich zum "Gesellschaftsabend" im "Das Horn".

Am nächsten Morgen wurde erst (anders als ausgedruckt) um 10.00 Uhr gestartet. Ingo Wolf erzählte den Teilnehmern nun etwas zu Spektren von Quadrupolkernen. Fallbeispiele waren Deuterium (2H), Aluminium (27Al) und Natrium (23Na). Eine ganze Palette von 23Na MAS Spektren verschiedenster Substanzen ließ anschließend beim Anpassen mit dem WinFIT-Programm keine Langeweile aufkommen. Nachmittags zeigte Ingo Wolf dann, wie man Meßwertreihen von z.B. temperaturabhängigen T1-Messungen mit Excel auswerten kann. Nicht-lineare Regression unter Zuhilfenahme der Methode der Summe der kleinsten Fehlerquadrate und des Unterprogramms "Solver" führten hier zum Ergebnis. Zum Abschluß des Workshops konnte jeder Teilnehmer etwas neu Erlerntes mit nach Hause nehmen und wenn nicht das, dann zumindest zwei Installations-Disketten und die viertägige Erfahrung der Hannoveraner beim Installieren und Konfigurieren von Net-HASP-Dongle Treibern in Windows NT 4.0 Netzwerken.

Michael Fechtelkord,
Hannover