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2.4       Die Wurzel
2.4.1      Besondere Wurzeln und Wurzelabschnitte
2.4.2  
    Evolution und Ontogenie der Wurzel

2.4.3  
    Die Anatomie der Wurzel

2.4.4   
   Metamorphosen der Wurzel


2.4      Die Wurzel

 

2.4.1   Besondere Wurzeln und Wurzelabschnitte

 

Grenzwurzeln, entspringen an der Grenze von Wurzel zu Hypocotyl am sog. Wurzelhals.

Hauptwurzel, im morphologischen Sinn identisch mit Primärwurzel, deskriptiv die stärkste und auffälligste Wurzel des Wurzelsystems.

Keimwurzel, erste bei der Samenkeimung austretende Wurzel. Meist mit der Primärwurzel identisch, in seltenen Fällen soll jedoch die erste bei der Keimung hervortretende Wurzel    bereits eine sproßbürtige Wurzel sein, während die Primärwurzel nicht weiter entwickelt wird und degeneriert (nur bei manchen Monocotyledonen, z.B. Gräser).

Primärwurzel, aus dem im Samen angelegten Wurzelpol entstehende erste Wurzel der Samenpflanzen. Farnpflanzen haben keine Samen und deswegen auch keine Primärwurzel.

Rübe, keine Wurzel und kein Sproß, sondern aus beidem zusammengesetzt. An der Bildung einer Rübe ist immer die Primärwurzel und das Hypocotyl beteiligt. Darüber hinaus können auch noch basale Teile des Sprosses in die Rübenbildung mir einbezogen werden.

Seitenwurzeln sind durch seitliche Verzweigung aus einer Wurzel hervorgegangene Wurzeln.

Speicherwurzel, der Nährstoffspeicherung dienende, primär oder sekundär verdickte Wurzel. Bei sekundär verdickten Speicherwurzeln kann die Speicherung vorwiegend im Bast (Phloemparenchym, z.B. Mohrrübe), vorwiegend im Holz (Xylemparenchym, z.B. Rettich) oder gleichermaßen in beiden Geweben erfolgen. (Achtung: Rettich und Mohrrübe sind Rüben und damit nur zum Teil Wurzeln, siehe oben!)

Sproßbürtige Wurzeln entstehen endogen an Sprossen und durchbrechen das Rindengewebe. Sie können überall am Sproß entstehen und entwickeln sich vielfach bevorzugt direkt über oder unter den Knoten. Sie können noch sehr spät in der Ontogenie gebildet werden und so können z.B.viele Jahre alte Weiden (ungeschälte Zaunpfosten) sproßbürtig bewurzelt werden.

Wurzeldornen sind eine seltene Metamorphose, die ausschließlich bei sproßbürtigen Wurzeln vorkommt und die Stämme einiger Palmen schützt.

Wurzelknollen sind von unverzweigen Wurzeln gebildete Speicherorgane. Dabei kann die Wurzel insgesamt oder mit ihrem distalen Teil der Speicherung dienen und verliert dann ihren Vegetationspunkt und endet in einer terminalen Knolle. Dient der proximale Teil der Speicherung, so wächst die Wurzel distal weiter und dient im distalen Teil wie normale Wurzeln der Resorption (z.B. Manjok). Solche Wurzelknollen enthalten eine    zentralen Leitgewebestrang, während Wurzeln mit terminalen Knollen meist kein Leitgewebe aufweisen und ihre Resorptionsfunktion weitgehend verlieren.

Zugwurzeln sind kontraktionsfähig und können Speicherorgane (Zwiebeln, Knollen, Rhizome) in die Tiefe ziehen. Nach der Verkürzung erscheint die Rinde quergewellt (wie heruntergerutschte Socken). Der Kontraktionsmechanismus beruht nicht auf kontraktilen Elementen des Cytoskelettes, sondern vermutlich auf einem Turgormechanismus, bei dem Druckerhöhung Verkürzung von Gewebepartien zur Folge hat. Die Druckerhöhung erfolgt durch Erhöhung des osmotischen Wertes, Zugwurzeln könnten sich daher phylogenetisch von Speicherwurzeln herleiten.

   

2.4.2   Evolution und Ontogenie der Wurzel

 

Die ersten Landpflanzen wiesen noch keine Wurzel auf. Sie hatten keine (oder zumindest keine leistungsfähige) Cuticula und konnten Wasser und Nährstoffe mit der ganzen Oberfläche aufnehmen. Die Rhizoide, die manchmal als Analogon zur Wurzel betrachtet werden, haben ursprünglich weniger die Funktion der Resorption, sondern dienen der Befestigung am Untergrund. Erste Anpassungen an das Landleben bestanden darin, daß die stärker exponierten Teile der Landpflanzen gegen Wasserverluste geschützt wurden. Die Wasseraufnahme wurde    zugleich auf basale Bereiche verlagert.

 

Moose besitzen überhaupt keine Wurzel. Erst bei den Farnen treten Gewebewucherungen im inneren des Vegetationskörpers auf, die zum Platzen der Epidermis führen und damit Gewebe exponieren, das schon von seiner Entstehung her nicht cutinisiert sein kann und daher bestens zur Aufnahme von Wasser und Nährstoffen geeignet ist. Rhizoide, welche die Pflanze am Substrat festhalten, ermöglichen damit auch, daß das aus dem Inneren des Organismus hervorwachsende Gewebe in das Substrat hineingedrückt wird und nicht etwa die Pflanze emporhebt. Das Eindringen wird durch die Bildung einer Gleitschicht aus degenerierenden Zellen erleichtert, die an der Wurzelspitze immer neu gebildet werden. Eine solche Wurzelhaube oder Calyptra über dem Spitzenmeristem der Wurzel ist auch bei Luftwurzeln als Schutz für die meristematischen Zellen immer vorhanden.

 

Bei den echten Farnen (Filicatae) entwickelt sich der junge Sporophyt im Archegonium auf der Unterseite des Prothalliums. Sowohl die Wurzel als auch das erste Blatt  gelangen durch den Archegonienhals ins Freie. Es ist von daher ohne weiteres einsichtig, daß die erste Wurzel nicht dem Sproßpol gegenüber liegt, sondern daß Primärwurzel und Sproßpol der Öffnung des Archegoniums zugewendet sind.

 

Einigermaßen erstaunlich ist, daß bei manchen Farnpflanzen die Epidermis und zusätzliche subepidermale Schichten der auswachsenden sproßbürtigen Wurzel durch perikline Teilungen nachgeben und   so eine Art Futteral für die Wurzel bilden können. Das kann z.B. bei den Wurzeln an den Ausläufersprossen der Gattung Nephrolepis beobachtet werden. Durch dieses Futteral wird erreicht, daß sproßbürtige Wurzeln außerhalb des Bodens von einer cutinisierten Zellschicht bedeckt sein können. Die Wurzelträger der Selaginellen können als Wurzeln, die von solchen epidermalen Hüllen umgeben sind, betrachtet werden. In anderen Fällen dringen sproßbürtige Wurzeln nicht sofort nach außen, sondern wachsen im Rindengewebe bis in Bodennähe um erst dann das Abschlußgewebe der Pflanze zu durchbrechen und in den Boden einzuwachsen. Durch dieses Verhalten, das z.B. bei Palmen zu beobachten ist, wird dasselbe erreicht wie durch die Bildung von Wurzelträgern.

 

Auch bei Gymnospermen und Angiospermen entsteht die Keimwurzel endogen, sie liegt aber dem Sproßpol genau gegenüber. Die endogene Entstehung der Keimwurzel ist besonders gut bei Cycadeen zu beobachten. Hier wird ein vielzelliger, kräftiger Suspensor gebildet, und tief im Gewebe bildet sich die Wurzelanlage. Bei der Keimung wird die Wurzelanlage durch das umhüllende Gewebe hindurch durch die Mikropyle aus dem Samen hinausgestreckt. Die Keimblätter verbleiben dagegen mindestens zunächst noch im Samen, wo sie als haustoriale Organe die Nährstoffe aus dem Endosperm aufnehmen. Die Primärwurzel entsteht somit wie bei den Farnen endogen. Daß sie dem Sproßpol gegenüber liegt, hat seine Ursache in erster Linie darin, daß die Wurzel zur Mikropyle hinauswachsen muß, während der Sproßpol noch durch die Samenschale geschützt bleibt.

 

Bei jungen Keimpflanzen von Angiospermen ist die endogene Entstehung daran zu erkennen, daß sich die Epidermis des Sprosses nicht in die Rhizodermis fortsetzt. Die Epidermis und mitunter  darunterliegendes Rindengewebe des Sprosses sind vielmehr an der als Wurzelhals bezeichneten Stelle abgerissen, die Rhizodermis setzt sich in Richtung des Sprosses in subepidermale Schichten fort. Wurzeln haben deswegen nie Spaltöffnungen und nie eine Cuticula!

 

Um zu verhindern, daß die Keimwurzel den Samen hochhebt, statt in den Boden einzudringen, bilden viele Pflanzen Wurzelhalshaare aus, die den Rhizoiden der Moose entsprechen  und das nötige Widerlager für das Eindringen der Keimwurzel in den Boden bilden ( Abb. 3 ). Diese Funktion ist auch beim weiteren Wachstum der Wurzel erforderlich und wird dann von den Wurzelhaaren übernommen, die dicht hinter der Wurzelspitze ausgebildet werden. Ein interkalares Wachstum   wie es bei Sprossen die Regel ist, ist aus funktionellen Gründen bei Wurzeln daher prinzipiell nicht möglich. Für die Wasseraufnahme sind die Wurzelhaare dagegen weniger wichtig als die gesamte, nicht durch Abschlußgewebe verschlossene Wurzeloberfläche.  Wurzeln können durch sekundäres Dickenwachstum viele Zentimeter dick werden, ehe sie durch Borkenbildung mit Korkschichten zur Wasseraufnahme ungeeignet werden.

 

An Wurzeln können wiederum endogen Seitenwurzeln entstehen. Es wird also nur das einmal erfundene Prinzip der endogenen Entstehung wiederholt. In den wesentlichen Grundzügen stimmt in diesem Punkt sogar die Bildung sproßbürtiger Wurzeln mit der Bildung von Seitenwurzeln überein.

 

Schwieriger ist es, zu verstehen, warum an der Wurzel auch Sprosse gebildet werden können und daß dies auch noch endogen geschieht. Aus Oberflächenschichten wie bei der Verzweigung des Sprosses ist die Bildung wurzelbürtiger Sprosse aber schon deswegen nicht möglich, weil diese Schichten an der Wurzel nicht vorhanden sind. Die Rhizodermis und vielfach auch die äußersten Schichten der Wurzel degenerieren kurz hinter der Wurzelhaarzone, so daß Wurzelsprosse auch aus diesen Schichten nicht gebildet werden können. Die Bildung wurzelbürtiger Sprosse kann zur Zeit nur als ein regenerativer Prozeß aufgefaßt werden, bei dem aus einer meristematischen oder wieder meristematisch gewordenen Zelle ein neuer Organismus regeneriert wird. Wurzelbürtige Sprosse sind daher Adventivsprosse.

 

Die Bewurzelung (Radikation) erfolgt nach verschiedenen Grundtypen, zwischen denen es allerdings Übergänge ergibt. Bei den meisten dikotylen Samenpflanzen entwickelt sich der Wurzelpol des Samens zu einer langlebigen Hauptwurzel, und das gesamte Wurzelsystem wird durch Seitenwurzelbildung an dieser ersten Wurzel gebildet. Bei den Monocotyledonen ist diese Radikation wegen des fehlenden sekundären Dickenwachstums nicht möglich, da das Hypocotyl zu einem unüberwindbaren Engpaß würde. Hier entwickelt sich der Wurzelpol des Samens zu einer meist nur kurzlebigen und unverzweigten oder nur wenig verzweigten (z.B. Palmen) Primärwurzel und weitere Wurzeln werden am Sproß (meist unterhalb des Blattansatzes an den Knoten) gebildet. Bei den Farnen gleicht die Bewurzelung im wesentlichen derjenigen der Monocotyledonen.  

2.4.3   Die Anatomie der Wurzel

 

Die Wurzel ist stets blattlos, hat niemals Spaltöffnungen, zeigt ausschließlich Spitzenwachstum und niemals interkalares Wachstum und ist nur in seltenen Fällen grün (Luftwurzeln mancher Epiphyten). Das Abschlußgewebe der Wurzel (die Rhizodermis) ist kein primäres Abschlußgewebe, hat nie eine Cuticula und geht nicht direkt in die Epidermis des Sprosses über! Das Spitzenmeristem der Wurzel ist durch die Wurzelhaube (Kalyptra) umgeben und geschützt.

 

Die äußerste Schicht der Wurzel ist die Rhizodermis. Sie trägt hinter der Streckungszone Wurzelhaare, die immer einzellig und unverzweigt sind und in streng akropetaler Folge angelegt werden. Die Rhizodermis wird als Abschlußgewebe oft frühzeitig von einer direkt darunter liegenden Schicht mit verdickten Zellwänden abgelöst, die als Exodermis bezeichnet wird. In wenigen Fällen liegt die Exodermis nicht direkt unter der Rhizodermis, sondern tiefer. In diesen Fällen spricht man von einer mehrschichtigen Rhizodermis. Ein bekannter Fall einer mehrschichtigen Rhizodermis ist das sog. Velamen Radicum der Orchideen. Hier sind alle Zellen außerhalb der Exodermis mit schraubigen oder netzartigen lokalen Wandverdickungen versehen. Bei Trockenheit sind die Zellen des Velamens mit Luft gefüllt, bei Regen mit Wasser. Das Velamen    wird als Absorptionsgewebe gedeutet, das rasch Wasser aufnehmen und dann passiv an die darunter liegenden lebenden Rindengewebe weitergeben kann. Ökologisch ist ein solcher Kurzzeitspeicher dann sinnvoll, wenn das Wasserhaltevermögen des umgebenden Substrates gering ist. Entsprechend kommt ein Velamen bei epiphytischer Lebensweise (Orchideen und Araceen) oder bei Arten vor, die vorzugsweise in sandigen Böden arider Gebiete wachsen. Clivia nobilis und Chlorphytum comosum (Grünlilie) sind mit Velamen ausgestattete, beliebte Zimmerpflanzen.

 

Unter der Rhizodermis liegt die Wurzelrinde. Die Wurzelrinde ist unterschiedlich dick und weist in der Regel Plastiden auf. Diese dienen bei Speicherwurzeln der Stärkespeicherung, sie können bei lichtexponierten Wurzeln (viele Epiphyten!) aber auch ergrünen und Photosynthese betreiben.

 

Die innerste Schicht der Wurzelrinde ist die Endodermis, die den Zentralzylinder umschließt und im Verlauf der Ontogenie der Wurzel eine charakteristische Entwicklung durchläuft. Die Endodermis wird durch die Entwicklung des Casparischen Streifens vom übrigen Gewebe unterscheidbar. Der Casparische Streifen ist eine Einlagerung von Suberin und Lignin in die antiklinalen Wände der Endodermis. Durch diese Einlagerung wird ein apoplastischer Transport (Transport in der Zellwand) unterbunden (primäre Endodermis). In der primären Endodermis können einige Zellen ohne den Casparischen Streifen bleiben, diese Zellen werden dann als Druchlaßzellen bezeichnet. Später wird die ganze    Zellwand von einer Suberinlamelle bedeckt (Sekundäre Endodermis). In einem letzten Schritt wird zusätzlich eine dicke Zelluloseschicht aufgetragen (Tertiäre Endodermis). Diese Schicht ist entweder auf allen Wänden gleich dick und erscheint dann im Querschnitt durch die Wurzel als ringförmige (O-förmige) Verdickung, oder die Zelluloseschicht ist auf der äußeren periklinen Wand wesentlich dünner und die Verdickung erscheint dann auf dem Wurzelquerschnitt U-förmig.

 

Unter der Endodermis liegt der Perizykel, der wie der Name schon andeutet, direkt den Zentralzylinder umschließt. Der Perizykel ist topografisch definiert und bezeichnet alles Gewebe zwischen dem Leitgewebe und der Endodermis. Er ist oft einschichtig. Im Perizykel werden die Anlagen von Seitenwurzeln und von wurzelbürtigen Sprossen gebildet. Teile des Perizykels    gehen auch in die Bildung des Kambiums ein, wenn die Wurzel zu sekundärem Dickenwachstum befähigt ist. Auch das Periderm der Wurzel geht aus dem Perizykel hervor. Bei Wurzeln ohne sekundäres Dickenwachstum ist der Perizykel oft sklerifiziert (viele Monocotyledonen). Manchmal grenzen die äußersten Protoxylemelemente direkt an die Endodermis. In diesem Fall ist der Perizykel unterbrochen und bildet keine durchgehende Schicht unter der Endodermis, so daß auch kein geschlossenes Kambium gebildet werden kann und sekundäres Dickenwachstum damit ausgeschlossen ist.

 

Innerhalb von Endodermis und Perizykel liegen die Leitelemente. In der Nähe der Wurzelspitze wird im hinteren Teil der Differenzierungszone zuerst Phloem und etwas weiter von der Spitze weg Xylem gebildet. Die jeweils zuerst gebildeten Elemente liegen peripher und werden als Protophloem und Protoxylem bezeichnet. Später werden in zentripetaler Richtung weitere Leitelemete gebildet, die als Metaphloem und Metaxylem bezeichnet werden. Bei Wurzeln mit sekundärem Dickenwachstum wird danach das sekundäre Phloem und das sekundäre Xylem gebildet. In der Wurzel alternieren die primären Leitgewebe (Pro- und Metaelemente) miteinander (wichtiger Unterschied zum Sproß!). Weil die ersten Xylemelemente peripher liegen und die Differenzierung nach innen fortschreitet, wird die Wurzel als "exarch" bezeichnet.  

 

Die primären Xylemelemente liegen in Gruppen beieinander, die mit Gruppen von Phloemelementen alternieren. Je nachdem, ob zwei, drei, vier oder viele Gruppen primärer Xylemelemente vorhanden sind, wird die Wurzel als diarch, triarch, tetrarch oder polyarch bezeichnet. Besonders häufig ist bei Dikotyledonen der diarche Typ, was wohl in Zusammenhang mit dem Anschluß der Leitbündel der beiden Cotyledonen zu sehen ist.

 

Eine klare Definition mit einer einheitlichen und durchgehenden Abgrenzung von Proto- und Meta-Elementen gibt es nicht. Sie werden sowohl nach dem Zeitpunkt der Anlegung als auch nach dem Differenzierungsgrad unterschieden. Da der Zeitpunkt der Anlegung sich in der Lage auf dem Querschnitt manifestiert (Protoelemente an der Peripherie, Metaelemente mehr zentral), werden beide in der Praxis in der Regel an der Lage unterschieden. Besonders beim Xylem ist eine Unterscheidung oft auch an der Art der Wandverstärkungen möglich. Da das Protoxylem vielfach noch innerhalb der Streckungszone gebildet wird, sind hier nur Ring- und Schraubentracheiden zu finden. Gefäße mit netzartiger Wandverstärkung oder noch starrere Bautypen sind in Bereichen mit Streckungswachstum nicht möglich, da sie zerrissen würden oder zu Zerreißungen des umliegenden Gewebes führen würden.

 

Beim Übergang zum sekundären Dickenwachstum wird ein Kambium gebildet, das sich so zwischen den radial angeordneten Xylem- und Phloemteilen durchschlängelt, daß das Phloem außerhalb und das Xylem innerhalb des Kambiums liegt. Nach Einsetzen des sekundären Dickenwachstums gleichen die anatomischen Verhältnisse damit völlig denen des Sprosses. Nur durch die in der Mitte erhalten bleibenden primären Leitelemente ist eine Unterscheidung noch möglich. Entsprechend den anderen Aufgaben weisen Wurzeln häufig mehr Parenchym und weniger Fasern als Luftsprosse derselben Art auf. Rhizome und Ausläufer gleichen sich in der Häufigkeit der Gewebe jedoch nicht selten den Verhältnissen der Wurzeln an. Im Bereich des Hypocotyls liegt der Übergang von der Anordnung der Leitelemente im primären Sproß zur Anordnung in der primären Wurzel. Der Übergang ist mitunter sehr kompliziert und wird in Lehrbüchern in der Regel für den einfachen Fall diarcher Wurzeln beschrieben.

 

Die Bildung von Seitenwurzeln beginnt mit Teilungen im Perizykel. Die Endodermis und die Wurzelrinde werden von der neuen Seitenwurzel früher oder später durchstoßen. Durch Zerreißungen bildet sich vor der Wurzelspitze in der Rinde ein Hohlraum, der als Wurzeltasche bezeichnet wird. Die Anlage einer Seitenwurzel kann vor einem Xylempol oder zwischen einem Xylem und einem Phloempol erfolgen. An Wurzeln, die bereits das sekundäre Dickenwachstum begonnen haben, erfolgt die Seitenwurzelbildung aus dem Kambium.

 

Wurzelbürtige Sprosse werden bei jungen Wurzeln ebenfalls im Perizykel angelegt. Bei älteren Wurzeln mit sekundärem Dickenwachstum ist der Perizykel nicht mehr vorhanden und wurzelbürtige Sprosse können hier aus meristematischen oder parenchymatischen Zellen an unterschiedlichen Stellen, z.B. im Bereich der Markstrahlen, des Kambiums oder des Phellogens entstehen.

   

2.4.4   Metamorphosen der Wurzel

 

Wurzeln können in auffälliger Weise umgewandelt sein. Eine der häufigsten Metamorphosen ist die Ausbildung von Speicherwurzeln (z.B. Wurzelknollen bei der Grünlilie, Chlorophythum comosum; Vorsicht, Rüben bestehen definitionsgemäß aus Wurzel und Hypocotyl, und sind daher nicht nur eine Metamorphose der Wurzel.) In seltenen Fällen können sproßbürtige Wurzeln auch zu Dornen umgebildet sein (manche Palmen des tropischen Regen- bzw. Nebelwaldes). Häufig ist die Umbildung zu Haft- oder Kletterwurzeln bei Kletterpflanzen (Efeu) und Epiphyten.Seltener sind Wurzelranken (z.B. Vanilla planifolia). Luftwurzeln werden mehr oder weniger weit über dem Boden gebildet und können außer der Ernährung auch als Stelzwurzeln der Stabilität dienen (Rhizophora, Pandanus) oder als Atemwurzeln (Avicennia) oder mit Atemknien ausgestattete Wurzeln (Taxodium) die Sauerstoffversorgung von Wurzeln in reduzierendem, sumpfigen Milieu sicherstellen.