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Die Governmentality Studies boomen vor allem in den soziologischen und politologischen Disziplinen. Längst hat das Konzept der Regierbarmachung aber auch die Medien- und Kulturwissenschaften erreicht, wo es dazu beiträgt, die Dominanz apparatezentrierter und kommunikationsmedial ausgerichteter Forschung in Frage zu stellen. Medien kommen nicht länger nur als Instanzen einer rigiden technischen Programmierung der Kommunikation und Handlung in den Blick, sondern zunehmend auch als häufig unscheinbare Faktoren der Ermöglichung und Problematisierung von Lebensformen und elementaren Wahrnehmungs- und Verhaltensweisen. Marshall McLuhan hat bereits in den 1960er Jahren die Erforschung des Zusammenhangs von Medium und Milieu bzw. „UMWELT“ als Auftrag an die Medienwissenschaften formuliert.

Die Konferenz möchte an diesen Auftrag anknüpfen und die Frage der Regierbarmachung in ihren topologischen, ‚mikrophysikalischen‘ und logistischen sowie ästhetischen und szenographischen Dimensionen entfalten. Regieren besteht in der Verfügung über Dinge, deren Anordnung zu einem Milieu geeignet ist, das Verhalten der Menschen zu beeinflussen und zu modifizieren. Die Konferenz führt die dingbezogene und akteurerweiternde Definition des Regierens mit Foucaults Diagnose zusammen, dass unsere aktuelle Epoche „eher die Epoche des Raums“ ist, der durch komplexe Lagerungsbeziehungen (im architektonischen ebenso wie im mikroelektronischen Sinne) bestimmt wird. Das Verständnis des Milieus als Raum struktureller Kopplungen zwischen Medien, spezifisch adressierten Sinnesvermögen und Körperorganen bildet so die Voraussetzung für einen Begriff des gouvernementalen Lebens, das sich sein eigenes Milieu schafft (Canguilhem) und sich als solches, d.h. in seiner milieu- oder umweltbildenden Tätigkeit, zugleich der Regierbarmachung öffnet.

Medien spielen jedoch nicht nur eine zentrale Rolle bei der ‚Gestaltung‘ dieser Räume, sie fungieren darüber hinaus als Sonden, die Umwelten in ihren verhaltensstrukturierenden Mechanismen allererst sichtbar machen. Medien markieren derart den doppelten Schnittpunkt des wechselseitigen Bedingungsverhältnisses zwischen dem Leben und seinem Milieu bzw. zwischen dem Menschen und seiner Umwelt. Damit stellt sich zugleich die Frage nach jenen ästhetischen Strategien, die sich durch die (künstlerische oder experimentelle) Re-Konstruktion eines Milieus, einer Situation, eines Dispositivs reflexiv auf das Bedingungsverhältnis beziehen und dieses im (mimetischen) Vollzug – in der Re-Produktion oder wiederholenden Nachstellung – überschreiten. Anders als das funktionalistische Vokabular von Gestaltung und Design nahelegt, wäre es daher verfehlt, die Umwelt, wie es in der Nachfolge Heideggers bis zum heutigen Medienpragmatismus geschieht, auf ihre menschliche ‚Dienlichkeit‘ und Handhabbarkeit zu reduzieren. Genauso wenig ist die Umwelt ausschließlich als direkte Bedrohung oder Eingrenzung des menschlichen Verhaltens zu verstehen. Vielmehr will die Konferenz den Blick dafür schärfen, dass das Milieu unter medialen Bedingungen eine materialisierte List ist, die ‚tückische Objekte‘ einsetzt und Fallen stellt: Damit ist zugleich die Frage aufgeworfen, welcher Listen es bedarf, um den Fallen aus dem Weg zu gehen. Entsprechend soll die Konferenz Beiträge zusammenführen, die erstens der Frage nach der Restrukturierung von Räumen und der Konstitution neuer Umwelten und Habitate durch die Einführung bestimmter Objekte und Medien nachgehen; zweitens die umweltexplorierenden Dimensionen bestimmter, insbesondere dokumentarischer Medien bzw. medialer Strategien mit ihren registrierenden und enthüllenden Funktionen thematisieren und drittens die Produktion von anti-funktionalen Umwelten (z.B. environments, Situationen) als Display oder Dispositiv in den Blick nehmen.