Geschichte & aktuelle Aufgaben

Das Institut für Deutschlandforschung (IDF) hat am 25. Oktober 1989 mit der Gründungssitzung seine Arbeit aufgenommen. Vorangegangen war am 31. August 1989 der Erlass des Ministers für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, mit dem die Errichtung des Instituts genehmigt wurde. Das IDF wurde von Professoren der Ruhr-Universität Bochum gegründet, die besondere Forschungsschwerpunkte in Fragen der DDR und der vergleichenden Deutschlandforschung gebildet hatten. Zwar war das zeitliche Zusammenfallen der Institutsgründung mit der friedlichen Revolution und dem demokratischen Umbruch in der DDR vordergründig eher zufällig, doch hat sich das Institut sogleich engagiert den neuen Aufgaben gewidmet, die sich durch die politische Entwicklung in den Jahren 1989 und 1990 stellten.

Neben interdisziplinären Forschungsprojekten, u. a. zur innerdeutschen Migration, zur Erforschung des Staatssicherheitsdienstes der DDR, zur Kulturgeschichte des geteilten und des vereinten Deutschlands, war von Beginn an auch die Vermittlung von Forschungsergebnissen ein zentrales Ziel des IDF. Diesem dienen zahlreiche Beiträge zur akademischen Lehre wie Ringvorlesungen, Seminare, Übungen und Gastvorträge. Hinzu kommen Angebote, die den Universitätsalltag bereichern: Studienreisen und Exkursionen, kulturelle Ereignisse wie Lesungen, Ausstellungen und Filmwochen sowie Diskussionsforen und eine kleine Handbibliothek, bei deren Nutzung kundige Beratung zum Service gehört.

"Deutschlandforschung kann sich, wenn sie denn heute aussagekräftig sein will, nie auf Deutschland beschränken", sondern muss "stets die Verschränkung von Innen und Außen im Blick haben". Diese These des damaligen Bundesaußenministers Frank-Walter Steinmeier vom November 2008 ist im Bochumer IDF längst verwirklicht worden. Daher spielt hier auch das Deutschland-Interesse im Ausland eine wichtige Rolle. Das IDF versteht sich als Dienstleister für ausländische Gastwissenschaftler und Studierende an der Ruhr-Universität, indem fachwissenschaftliche Kontakte – auch über die Ruhr-Universität hinaus – vermittelt und Gäste bei ihren Forschungsrecherchen beraten und unterstützt werden.

Aus dieser Erfahrung haben sich, vor allem in Kooperation mit dem Lotman-Institut für russische und sowjetische Kultur der Ruhr-Universität, wichtige Arbeitsschwerpunkte entwickelt, u. a. die Erarbeitung eines Lehrwerks zur deutschen Landeskunde für ukrainische Germanistik-Studierende in Kooperation mit der Staatlichen Universität Donezk sowie die schon genannten Großprojekte zur Weiterqualifizierung russischer Germanisten und das "Promotionskolleg Ost-West". An dieser "wissenschaftlichen Kontaktbörse zwischen Ost- und Westeuropa" nahmen ab 2001 über 100 junge Forscherinnen und Forscher aus ca. 30 europäischen Staaten (und darüber hinaus) teil. Noch heute bestehen lebhafte Kontakte zu vielen von ihnen, die Bochum und das IDF als ihre zweite akademische Heimat betrachten.

Auch die aktuellen Projekte profitieren von diesem Netzwerk. So wirken an dem laufenden Forschungsvorhaben einer Kulturgeschichte der Europäischen Revolution von 1989/91 mit dem Titel "Die Erfahrung der Freiheit" zahlreiche internationale Partner aus dem Kreis des Kollegs mit. Es geht um literarische, künstlerische und erinnerungskulturelle Auseinandersetzungen mit dem epochalen Umbruch am Ende des 20. Jahrhunderts. Er hat nicht nur Deutschland, sondern viele Teile Europas verändert – Anlass genug für besondere Sensibilität beim Umfang mit unseren europäischen Nachbarn.

Ebenso aber sieht das IDF seine Verpflichtung in der Region. Denn "tief im Westen" sind immer noch manche Vorbehalte und viel Unverständnis angesichts der tiefgreifenden Transformationsprozesse im Osten Deutschlands sowie eine in vielen Studien beklagte erschreckende Unkenntnis über die Geschichte der SED-Diktatur zu registrieren. Mit einem innovativen Zeitzeugenprojekt, das in Kooperation mit der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (Landesverband NRW) durchgeführt wird, trägt das Institut für Deutschlandforschung an den Schulen unseres Bundeslands dazu bei, hier Impulse der Information zu geben.