Vom 10. bis 11. November 2011 findet an der Ruhr-Universität Bochum eine Tagung zum Thema "(DIS)ORIENTATION - (dis)orienting media and narrative mazes" statt. Im Mittelpunkt sollen Medien als Orte und Technologien der Orientierung und Desorientierung stehen, sowie mediale Narrationen, die diese (Des)Orientierung als Thema und Struktur aufgreifen.  

Google Maps, Google Street View, GPS-Handys und portable Navigationsgeräte - dank der Hilfe technischer Medien erscheint die räumliche Orientierung in der Welt heute so einfach wie nie zuvor. Gleichzeitig aber sind es gerade Medientechnologien, die mit ihrer Fülle an Informationen, Verweisen und Funktionen dem Menschen die Orientierung erschweren. Hypertext und Datenbanken, weltweite Vernetzung und Programmvielfalt eröffnen virtuelle Räume, in denen ein Zurechtfinden wiederum nur mit medialen Hilfsmitteln (Suchmaschinen und -masken, Link-Sammlungen, Social Networks, Electronic Program Guides, etc.) möglich ist. Die neuen Raumstrukturen scheinen den User zu desorientieren, nur um ihn dann durch eigene Wegweiser, Ordnungsmechanismen und Tools wieder (neu) zu verorten.

Interessanterweise sind es dabei zu einem nicht unerheblichen Teil die Medien selbst, die ihre (des)orientierenden Eigenschaften selbstreferentiell reflektieren und dabei als Unterhaltungseffekt einsetzen. Damit sind einerseits die nicht-chronologischen, multiperspektivischen und unzuverlässigen Narrationen des Kinos gemeint, die den Zuschauer gewollt verwirren und seit den 1990er Jahren einen Aufschwung erleben ( 21 Grams, Memento, The Sixth Sense, Magnolia, etc.), und andererseits die komplexen narrativen Netzwerke aktueller Fernseh-Serien ( Lost, FlashForward, aber auch The Wire, Heroes, etc.), die seit der Jahrtausendwende als Experimentierfeld für zeitliche, räumliche und personale Desorientierungen dienen. In ihnen wird das "Sich-nicht-Zurechtfinden" zum Anreiz, die Verwirrung zum Vergnügen und die Lösung des Rätsels (und damit die Re-Orientierung) zum bewussten Ziel.

Doch wie ist diese Konjunktur des (Des)Orientierungssinns zu bewerten? Lassen sich die Labyrinthe digitaler Medienwelten in Beziehung setzen zu den narrativen Irrgärten zeitgenössischer Film- und Fernsehproduktionen? Weist der Raum der Fiktion Verbindungswege auf zu einer Räumlichkeit der Medien im übergeordneten Sinne?

Mit der Fokussierung auf den Begriff der (Des)Orientierung möchten wir den Schwerpunkt der Tagung allerdings nicht ausschließlich auf den Raum selbst legen, sondern ebenso auf die Bewegungen im Raum, welcher dadurch eine zeitliche Komponente (zurück)erlangt: wir durchschreiten Räume, in denen wir uns zurechtfinden oder nicht, die uns bei einfacher Orientierung gerade Durchmärsche erlauben, in denen der Vorgang der Desorientierung aber auch für rastlose Suchbewegungen oder ratlose Stillstände sorgt.

Die Tagung möchte dazu einladen über (Des)Orientierungen in der visuellen, auditiven, narrativen, virtuellen und digitalen Raum-Zeit der Medien nachzudenken. Wir freuen uns über Vortrags-Proposals (max. eine Din A4-Seite, Vortragslänge 20 Minuten, Vortragssprache Englisch und Deutsch). Die Deadline ist der 30.06.2011! Einsendungen bitte zusammen mit einem kurzen Lebenslauf per Mail an disorienting-media@rub.de. Ein Tagungsband ist ebenfalls in Planung.


Mögliche Vortrags-Themen könnten sein:

•  (Des)Orientierung durch Bilder
(Kartografie / grafische Orientierung, bildgebende Verfahren, ...)
•  (Des)Orientierung durch Klang / Töne
(Dolby Surround, Vertonung, Hörspiel, "Einparkhilfen", ...)
•  (Des)Orientierung im Raum
(Verortung, Übersicht, Raumtheorien, ...)
•  (Des)Orientierung in der Zeit
(Non/Linearität, Flashback/Flashforward, Zeitreisen, ...)
•  (Des)Orientierung im Film
(Perspektive, Kameraeinstellungen, continuity editing, Achsensprung, ...)
•  (Des)Orientierung im TV
("flow", serielles Erzählen, Fernbedienung, Programmzeitschriften, EPG, ...)
•  (Des)Orientierung im Netz/am Computer
(Navigation, Interfaces, Hypertext, Orientierung im Spie, l...)
•  (Des)Orientierung in Print-Medien
(An-/Un-/Ordnung, Design, Typographie, Orientierung im Text, ...)
•  Medien der Orientierung
(Navi, Handy, Latitude, GPS, ...)
•  Medienhistorische Perspektiven
(erlernte Orientierung in "neuen" Medien wie Film, TV, ... )
•  Narrative Mittel der Desorientierung
(unzuverlässiges Erzählen, nicht-chronologisches Erzählen, inkohärentes, komplexes Erzählen, Puzzle Films, Mindgame Movies, ...)
•  Transmediales Erzählen


 



Call for Papers (deutsch).pdf

Call for Papers (english).pdf