Bericht zum 22. DMG Shortcourse "Anwendungen der Festkörper NMR Spektroskopie in der mineralogischen und geowissenschaftlichen Forschung"
in Bochum vom 10. Juni – 13. Juni 2025

Vom 10. bis 13. Juni 2025 fand am Institut für Geologie, Mineralogie und Geophysik der Ruhr-Universität Bochum bereits zum 22. Mal der DMG-Shortcourse zur Anwendung der Festkörper-NMR-Spektroskopie in den Geowissenschaften statt. Unter der Leitung von Dr. Michael Fechtelkord nahmen sieben Teilnehmer aus verschiedenen Fachrichtungen an der Veranstaltung teil – darunter drei Masterstudenten, drei Doktoranden mit Forschungsschwerpunkten in den Geowissenschaften und der Zementforschung sowie ein NMR-erfahrener Mitarbeiter aus der Industrie aus Tübingen, Potsdam, München und Ludwigshafen.
Der erste Tag begann mit einer Einführung in die physikalischen Grundlagen der NMR-Spektroskopie, deren geschichtliche Entwicklung, den Geräteaufbau sowie typische Pulsfolgen zur Messung von Spin-Gitter-Relaxationszeiten. Im Fokus stand anschließend die detaillierte Theorie zur Protonenrelaxation (¹H), einschließlich der BPP-Gleichung zur Beschreibung dynamischer Prozesse. Am Nachmittag wurde die Theorie anhand temperaturabhängiger T₁-Messungen an Tetramethylammoniumjodid (TMEAJ) direkt in der Praxis angewandt. Die Teilnehmer führten unter Anleitung erste Experimente am NMR-Spektrometer durch, bestimmten relevante Parameter wie Pulslängen und RF-Feldstärken und werteten die erhaltenen Daten klassisch auf halblogarithmischem Papier aus. Dabei wurden Aktivierungsenergien und Korrelationszeiten aus den T₁-Daten ermittelt. Der Abend klang bei einem geselligen Kennenlernen in der Kneipe „Filou“ am Buscheyplatz aus.
Der zweite Tag widmete sich zunächst den Grundlagen der magnetischen Wechselwirkungen – insbesondere der homonuklearen und heteronuklearen dipolaren Kopplung sowie der chemischen Verschiebung. Nach der theoretischen Einführung wurde das Konzept des Magic Angle Spinning (MAS) als Ausmittelungstechnik vorgestellt. Im anschließenden Praxisteil führten die Teilnehmer MAS-NMR-Experimente an synthetischen Mineralien durch (¹H, ¹⁹F und ²⁹Si), unter anderem an aluminiumreichen F/OH-Phlogopiten. Die am Nachmittag erfolgende Auswertung der Spektren erfolgte mithilfe der Software DmFit2023. Hier standen insbesondere die Anpassung von Linienformen, die Einbindung von Seitenbanden sowie die Interpretation chemischer Verschiebungen im Fokus.
Am dritten Workshoptag lag der Schwerpunkt auf der Anwendung von Multipulstechniken. Nach der Einführung in das Hahn’sche Echo wurden verschiedene Korrelationsexperimente diskutiert – darunter Cross-Polarization Magic Angle Spinning (CPMAS), Incredible Natural Abundance Double Quantum Transfer Experiment (INADEQUATE) und heteronukleare Kopplungen. In der Praxis führten die Teilnehmer kontaktzeitabhängige CPMAS-Experimente an Kaolinit durch. Dabei wurden unter anderem die Hartmann-Hahn-Bedingung eingestellt sowie Pulslängen und RF-Feldstärken ermittelt. Im Auswertungsteil wurden H–Si-Abstände anhand des zweiten Moments berechnet und mithilfe von Excel grafisch dargestellt. Ergänzend erfolgte eine vertiefende Einführung in die Spektrenanalyse mit DmFit2023, wobei insbesondere Anisotropien und Linienformparameter behandelt wurden.
Am letzten Tag wurden die theoretischen und experimentellen Herausforderungen bei der Untersuchung von Kernen mit einem Kernspin I > ½ thematisiert. Nach einer Einführung in die Quadrupolwechselwirkungen und deren Auswirkungen auf Spektren unter MAS-Bedingungen wurden verschiedene NMR-Methoden vorgestellt, darunter:
- Double Rotation (DOR)
- Multi-Quanten-Magic-Angle-Spinning (MQMAS)
- Satellite Transition Spectroscopy (SATRAS)
Im praktischen Teil führten die Teilnehmer ²³Na-MAS-Experimente an ausgewählten Salzen sowie eine ²⁷Al-SATRAS-Messung an Korund durch. Die anschließende Spektrenauswertung mit DmFit2023 ermöglichte eine detaillierte Analyse von Quadrupollinienformen und Satellitenübergängen.
In der abschließenden Diskussionsrunde wurden Eindrücke gesammelt, Anregungen besprochen und die Ergebnisse der intensiven vier Tage reflektiert. Die Rückmeldungen der Teilnehmenden fielen durchweg positiv aus. Besonders hervorgehoben wurden die ausgewogene Kombination aus Theorie und Praxis, der hohe fachliche Anspruch sowie die lebendige und anschauliche Vermittlung durch Dr. Fechtelkord.
Insgesamt bot der Workshop eine ausgewogene Mischung aus theoretischem Wissen und praktischer Erfahrung. Die vielfältigen Anwendungen der Festkörper-NMR-Spektroskopie wurden umfassend und praxisnah vermittelt. Dank der klar strukturierten Organisation, des lebendigen Vortragsstils und der einprägsamen, vergleichsbasierten Erklärungen konnten auch komplexe Prozesse nachvollzogen und die Begeisterung bei allen Teilnehmern geweckt werden.
Isabelle Hartleib Felix Reinhard Nimo Radtke
Tübingen Tübingen Potsdam