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3.2       Die Evolution des Generationswechsels

3.2.1       Die Lage der Gametangien als erster entscheidender Schritt

3.2.2       Die Notwendigkeit Sporen zu bilden

3.2.3       Der Generationswechsel der Lebermoose und seine evolutionsbiologische Potenz

3.2.4       Der Generationswechsel der Laubmoose und seine evolutionsbiologische Potenz

3.2.5       Die verschiedenen Generationswechsel der Farnpflanzen (Pteridophyta)

3.2.5.1       Die Farne (Filicopsida)

3.2.5.2       Der Generationswechsel der Schachtelhalme

3.2.5.3       Der Generationswechsel der Moosfarne (Selaginellales)

3.2.6          Die Generationswechsel von Gymnospermen

3.2.6.1             Cycas als Beispiel für Gymnospermen mit Spermatozoidbefruchtung

3.2.6.2             Gymnospermen mit (einfacher) Pollenschlauchbefruchtung

3.2.7           Weitere Verbesserungen und die Entwicklung zu den Angiospermen



3.2 Die Evolution des Generationswechsels

 

3.2.1 Die Lage der Gametangien als erster entscheidender Schritt

 

Die ersten Landpflanzen war mit einiger Sicherheit noch keine modernen Landpflanzen, sondern mehr oder weniger thallös organisiert und immer noch regelmäßig überflutet und nur zeitweise trocken liegend. Sie konnten daher ihren Befruchtungsmodus durch frei schwimmende Spermatozoide beibehalten und hatten zunächst nur das Problem zu lösen, den Befruchtungsvorgang auf die Zeit der Wasserbedeckung zu beschränken. Die bereits bei den Algen entwickelten komplexen Such- und Anlockungsstrategien konnten somit beibehalten werden. Der Generationswechsel der ersten Landpflanzen war bereits durch Heterogamie gekennzeichnet. Die Eizelle wurde nicht mehr freigesetzt, sondern innerhalb des charakteristischen Gametangiums befruchtet, das immer nur eine einzige Eizelle enthält und als Oogonium bezeichnet werden kann (Oogoniogamie).   Dieses charakteristische Oogonium wird Archegonium genannt. Das männliche Gametangium heißt Antheridium   und setzt begeißelte Spermatozoide frei. Im Unterschied auch zu den am höchsten entwickelten Grünalgen und den Pilzen bilden die Landpflanzen stets eine Hülle aus sterilen Zellen um die Gameten bzw. die Gameten bildenden Zellen herum aus, d.h. die Wand des Gametangiums besteht aus Zellen und nicht nur aus einer Zellwand. Eine solche zellige Wand des Gametangiums kommt sonst nirgends vor und ist eine Neuerwerbung (Autapomorphie) der Landpflanzen.

 

Wird ein Organismus regelmäßig überflutet, so  sind die   Gametangien zweckmäßigerweise auf der Oberfläche eines Thallus angeordnet. Bei Wassermangel sind sie dagegen besser auf der Unterseite, da sich zwischen dem Thallus und dem Substrat ein Wasserfilm hält, in dem die Spermatozoide schwimmen können.

3.2.2 Die Notwendigkeit Sporen zu bilden

 

Solange alle Keimzellen ins freie Wasser abgegeben wurden, war die Zygote automatisch auch eine geeignete Ausbreitungseinheit zur Besiedlung neuer Standorte. Bei einem oogamen, landlebenden Organismus ist das nicht mehr der Fall. Selbst die noch freigesetzten männlichen Keimzellen legen auch unter günstigen Bedingungen nur noch sehr kurze Strecken zurück. Unter ungünstigen Bedingungen ist sogar die Überlebensfähigkeit des gesamten Organismus in Gefahr.

 

Es war für solche Organismen daher erforderlich, Dauerstadien zu entwickeln, die das Überleben von stärkeren Trockenperioden ermöglichten. Solche Dauerstadien werden zweckmäßigerweise in größerer Zahl gebildet und sind klein, um den Verlust gering zu halten, wenn die Dauerstadien nicht zum Einsatz gelangen. Während viele Algen hierfür die freischwimmende Zygote einsetzen und sog. Cystozygoten bilden, ist das hier unzweckmäßig, da bei einem heterogamen Befruchtungsmodus mit nur einer Eizelle pro Gamtangium vergleichsweise wenig Eizellen vorhanden sind und damit viel zu wenig Zygoten gebildet werden. Die Zygote muß also eine Reihe von   Mitosen durchführen bevor dann die einzelligen Dauerstadien gebildet werden können die im Gegensatz zur Eizelle auch freigesetzt werden müssen. Sehr kleine Dauerstadien eignen sich auch gut zur Ausbreitung der Art an neue Standorte durch Wind. Aus dieser Ausgangslage wird die Entwicklung von einzelligen Sporen verständlich. Für die Durchmischung des Genpools ist es am zweckmäßigsten, wenn die freigesetzten Sporen haploid sind und den Ausgangspunkt einer neuen gametophytischen Generation bilden. Tatsächlich sind die Sporen aller Landpflanzen haploid und entstehen durch Meiose direkt und ohne Nachschaltung weiterer Mitosen aus einer Sporenmutterzelle. Dadurch wird die Anzahl der Meiosen für die Bildung einer gegebenen Anzahl von Sporen maximiert und damit die Chance für die evolutiv wichtige Rekombination optimiert.

 

Die Sporen werden in charakteristischen Behältern, den Sporangien gebildet, die bei Landpflanzen damit immer Teile des diploiden Sporophyten sind. Die Sporangien bilden ebenso wie die Gametangien in Anpassung an das Landleben eine zellige Sporangienwand aus, die im Gegensatz zur Wand der Gametangien meist aus mehreren Zellschichten besteht. Für die Ausbreitung der haploiden Sporen werden unterschiedliche Wege zur Verbesserung der Ausbreitungschancen beschritten.

3.2.3 Der Generationswechsel der Lebermoose und seine evolutionsbiologische Potenz

 

Die einfachsten Lebermoose sind thallös organisiert und tragen Antheridien und Archegonien auf der Oberseite des Thallus. Eine gute Wasserbedeckung ist erforderlich, damit die Spermatozoide zum Archegonium schwimmen können. Allerdings reicht die Wasserbedeckung meist nur, um im Oberflächenfilm auf einem Thallus zu schwimmen und nicht, um von einem Thallus zu einem andern zu gelangen. Durch auftreffende Wassertropfen können Spermatozoide jedoch weggeschleudert oder weggespritzt werden und so einen anderen Thallus erreichen. Der   sich aus der Zygote entwickelnde Sporophyt bildet einen langen Stiel, der ein einziges, sich mit Klappen öffnendes Sporangium trägt. Der Sporophyt ist sehr kurzlebig und ist bereits kurze Zeit nach dem Ausstreuen der Sporen nicht mehr zu finden.

 

Die "Spritzverbreitung" der Spermatozoide ist offenbar etwas sehr Wichtiges, denn sie wurde vermutlich mehrfach unabhängig verbessert. Dies geschieht am einfachsten durch Verlagerung der Gametangien an die Spitze von aufrecht wachsenden Thallusabschnitten. Beim Brunnen-Lebermoos (Marchantia polymorpha) werden die Gametangien auf langen Stielen emporgehoben, so daß auftreffende Wassertropfen die Spermatozoide weiter wegschleudern können. Der Stiel der schirmförmigen Gebilde und der Schirm selbst sind Thalluslappen, auf denen die Gametangien in die Oberseite eingesenkt sind. Bei den Antheridien ist das für die Spritzverbreitung so am zweckmäßigsten, bei den Archegonien allerdings nicht, da auftreffende Wassertropfen nach unten abfließen und die Spermatozoide abspülen würden. Bei den weiblichen   Gametangienständen sind die Archegonien daher durch sekundäre Wachstumsprozesse auf die Unterseite des Schirmes verlagert. Aus der befruchteten Eizelle entwickelt sich ein Sporophyt, der nur aus einem kurzen Stiel und einem einzigen Sporangium besteht. Die Sporangien werden durch den Stiel des Gametangienstandes exponiert und benötigen daher keinen eigenen Stiel mehr.

 

Manche thallöse Lebermoose weisen einen haploiden Nebenzyklus auf, in dem in speziellen "Brutbechern" sogenannte "Brutkörper" auf der Thallusoberfläche gebildet werden, aus denen wieder Thalli heranwachsen können.

 

Obwohl die Lebermoose bei den beblätterten Lebermoosen bereits eine beträchtliche morphologische Differenzierung erreicht haben, ist ihre evolutionsbiologische Potenz gering. Sie sind auf feuchte Lebensräume beschränkt.

3.2.4 Der Generationswechsel der Laubmoose und seine evolutionsbiologische Potenz

 

Der Generationswechsel der Laubmoose entspricht in allen wesentlichen Teilen dem der Lebermoose. Die Gametangien sind jedoch grundsätzlich an die Spitze beblätterter Sprößchen verlagert und in Gametangienständen zusammengefaßt. Die Gametangienstände sind seltener zwittrig und meist eingeschlechtig. Im letzteren Fall können Archegonienstände und Antheridienstände an verschiedenen Ästen einer Pflanze (monözisch) vorkommen oder auch auf verschiedene Pflanzen (diözisch) verteilt sein. Zur Verbesserung der Spritzverbreitung sind die Antheridienstände häufig von einer auffallenden Hülle aus sterilen Blättchen umgeben, die als "Perianth" bezeichnet wird. Die Napfform des Perianths begünstigt das Wegspritzen der Spermatozoide durch aufschlagende Regentropfen bedeutend. Den weiblichen Gametangienständen fehlt ein solches Perianth. Durch die dem Moossproß anliegenden Basen der Moosblättchen kann Wasser kapillar aufsteigen, und Spermatozoide können durch dieses als "äußere Wasserleitung" bezeichnete Phänomen dennoch die Archegonien erreichen, selbst wenn der Archegonienstand nicht direkt durch einen Wassertropfen mit Spermatozoiden getroffen wird. Ein Perianth wie beim Antheridienstand wäre hier hinderlich.

 

Der Sporophyt entwickelt sich zunächst völlig im Archegonium. Er sprengt im Verlauf seiner Entwicklung das Archegonium und hebt es als Haube (Calyptra) über dem Sporangium nach oben. Der Sporophyt wächst oben auf dem Gametophyten und wird daher nie ein selbständig lebender Organismus und muß daher zwangsläufig durch den Gametophyten ernährt werden. Seine Lebensdauer muß daher kürzer als die des Gametophyten sein. Obwohl der Sporophyt auch bei den Laubmoosen nur ein einziges Sporangium ausbildet, ist er morphologisch und histologisch viel stärker differenziert als der Sporophyt der Lebermoose. Der lange Stiel (Seta) weist bereits einfache Leitelemente für Wasser (Hydroiden) und Assimilate (Leptoiden) auf und an der Basis der Kapsel, der sog. Apophyse, findet man funktionsfähige Spaltöffnungen. Die Kapsel hat eine kompliziert gebaute   Öffnung (Peristom), der Öffnungsmechanismus ist   im Gegensatz zu den Lebermoosen reversibel. Im trockenen Zustand ist die Kapsel geöffnet, im feuchten Zustand geschlossen.   Das Ausstreuen der trockenen Sporen ("Sporenstaub") kann deshalb über einen längeren Zeitraum erfolgen, und der Sporophyt der Laubmoose persistiert viel länger als der Sporophyt der Lebermoose. Deswegen findet man die Sporophyten der Laubmoose auch viel häufiger als die kurzlebigen Sporophyten der Lebermoose. Aus der keimenden Spore entwickelt sich zuerst ein kurzer Faden, der als Protonema bezeichnet wird. An diesem verzweigten oder unverzweigten Faden entstehen dann erst die typischen Moospflänzchen.

 

Das Problem der Homozygotie bei ursprünglichen haplomonözischen Moosen macht auch verständlich, warum bei Moosen der Sporophyt nicht die Oberhand über den Gametophyten gewinnt, wie das bei den Farnen und allen folgenden Gruppen der Fall ist. Ein vollständig homozygoter Sporophyt kann nicht wie ein heterozygoter Organismus von Heterosiseffekten profitieren und die diploide Situation bietet deshalb gegenüber der haploiden zunächst noch keinen Vorteil.

 

Für die Größe der mit Spritzverbreitung der Spermatozoide arbeitenden Pflanzen gibt es eine einsichtige Begrenzung. Wenn die Pflanzen so groß werden, daß ein aufschlagender Wassertropfen nicht mehr benachbarte Pflanzen anspritzt, dann funktioniert das System nicht mehr. Ein weiterer Nachteil ist, daß es mindestens zum Zeitpunkt der Verbreitung der Spermatozoide regnen muß. Fehlt es an ausreichenden Niederschlägen, so  sind Spermatozoide, die nicht zufällig genau ein Archegonium getroffen haben, nicht in der Lage an weiblichen Moospflänzchen hinauf bis zum Archegonium schwimmen. Manche Moose (pleurokarpe Moose) können hier allerdings nachhelfen, indem sie die Archegonien nicht an der Spitze der Haupttriebe, sondern an die Spitze kurzer basaler Seitentriebe verlagern. Viele Moose legen in unseren Breiten die reproduktive Phase in das feuchtere Winterhalbjahr wo Perioden mit länger anhaltender Feuchtigkeit häufiger sind. Die Sporenausbreitung erfolgt dann im darauffolgenden Sommer, wo die trockenere Witterung eine Fernverbreitung der Sporen durch Wind begünstigt.

3.2.5 Die verschiedenen Generationswechsel der Farnpflanzen (Pteridophyta)

 

3.2.5.1 Die Farne (Filicopsida)

 

Die Farne haben einen völlig anderen Evolutionsweg eingeschlagen, der die Wasserabhängigkeit der Befruchtungsvorganges zwar nicht behebt, aber in seiner Konsequenz deutlich abmildert. Alle Sporen sind gleich gestaltet. Aus den Sporen entwickelt sich ein monözischer Gametophyt, der als Prothallium (Vorkeim) bezeichnet wird. Selbstbefruchtung wird allenfalls durch einen unterschiedlichen Reifungszeitpunkt von Antheridien und Archegonien auf einem Prothallium eingeschränkt. Die Gametangien sind auf die Unterseite des Gametophyten verlagert. Die Spermatozoide können in dem sich bei feuchter Witterung bildenden Wasserfilm zwischen Gametophyt und Untergrund schwimmen. Sie müssen damit auf den Vorteil der Spritzverbreitung verzichten. Außerdem brauchen die Farne einen viel kräftigeren Sporophyten, da der Gametophyt zur Exposition des Sporangiums nichts beiträgt.

 

Da sich der junge Sporophyt aber auf der Unterseite des Prothalliums entwickelt, erhält er zwangsläufig frühzeitig Kontakt zum Boden und damit die Möglichkeit sich einzuwurzeln und ernährungsphysiologisch selbständig zu werden. Diese Möglichkeit wird genutzt, um den Farnsporophyten größer und vor allem langlebiger zu machen. Während der Moossporophyt nur ein einziges Mal sporoliert und dann abstirbt, ist der Farnsporophyt kein Einwegprodukt, sondern wird mehrfach verwendet. Er bildet auch nicht mehr nur ein einziges Sporangium aus, sondern sehr viele. Die Sporangien befinden sich auf der Unterseite von großen Blättern, die gemeinhin als Wedel bezeichnet werden und sind in Gruppen zusammengefaßt, die als Sori (sing. Sorus) bezeichnet werden. In vielen Farngruppen sind die Sori durch einen als Indusium bezeichneten Schleier geschützt, der erst bei der Reife der Sporangien schrumpft und das freie Abschleudern der Sporen erlaubt.   Die Sporangien sind dadurch gegen Regen gut geschützt und die im Vergleich zu Moosen sehr große Fallstrecke bis zum Boden verbessert die Chancen für die Windverbreitung der Sporen wesentlich.

 

Die Wand der Sporangien ist im ursprünglichen Fall mehrschichtig. Farne mit mehrschichtiger Sporangienwand werden als eusporangiat bezeichnet. Die meisten unserer einheimischen Farne weisen eine stark reduzierte, einschichtige Sporangienwand auf und werden als leptosporangiat bezeichnet.

 

Mit der Größe des Sporophyten steht in unmittelbarem Zusammenhang, daß jetzt nicht mehr der Gametophyt, sondern der Sporophyt die ausdauernde, langlebige Generation darstellt. Der Farnsporophyt überwuchert seinen Gametophyten rasch, so daß dieser abstirbt, sobald der Sporophyt ihm alle Nährstoffe entzogen hat. Die Mehrfachverwendung des Sporophyten macht auch einen größeren Materialeinsatz wirtschaftlich. Bei Farnen werden daher erstmals baumartige Wuchsformen und vor allem baumartige Größen erreicht. Mit entscheidend für diesen großartigen Evolutionsschritt war aber die Erfindung der Wurzel, die es im Gegensatz zur Differenzierung in Sproß und Blatt bei den Moosen nicht gibt.

 

Die für das Erreichen baumförmiger Wuchsformen und -größen erforderlichen Evolutionsschritte   sind damit abgeschlossen. In der weiteren Evolution geht es darum, die bei den Farnpflanzen noch wasserabhängige Phase beim Übergang von der gametophytischen Generation zur sporophytischen Generation wasserunabhängig, und damit trockenere Standorte besiedelbar zu machen. Innerhalb der großen Gruppe der Farnpflanzen sind dabei verschiedene Progressionen bis hin zu Verhältnissen erkennbar, die denen der Samenpflanzen ähneln.

3.2.5.2 Der Generationswechsel der Schachtelhalme

 

Bei den Moosen besteht der Vegetationskörper fast vollständig aus dem Gametophyten, der Sporophyt ist auf die Mooskapsel und den Kapselstiel begrenzt. Für die Befruchtung müssen Spermatozoide von den Antheridien zu den Archegonien schwimmen, was voraussetzt, daß diese Organe wenigstens zeitweise von Wasser umgeben sind. Alle Lebensvorgänge des Gametophyten sind bei Moosen an diesen Wasserüberschuß angepaßt. Wo es Anpassungen an Trockenheit gibt, bestehen sie vor allem darin, daß alle Lebensfunktionen eingestellt werden und der Organismus in einem vielfach als "latentes Leben" beschriebenen Zustand wartet, bis Wasser wieder im Überfluß vorhanden ist.

 

Die Farne haben mit der Entwicklung ausdauernder, bewurzelter Sporophyten einen beachtlichen Fortschritt erreicht. Sie können in der  konkurrenzkräftigen sporophytischen Phase sehr lange verharren und die von günstigen Bedingungen abhängige Haplophase und insbesondere den wasserabhängigen Befruchtungsvorgang notfalls lange Zeit vermeiden. Sie haben allerdings keine Fortschritte gemacht, um die Wasserabhängigkeit des Befruchtungsvorganges einzuschränken oder sogar aufzuheben.

 

Hier sind bei den Schachtelhalmen interessante Lösungsansätze zu beobachten. Ein erster und noch sehr einfacher Schritt besteht darin, die Strecke zu reduzieren, welche die Spermatozoide schwimmen müssen. Sie kommen dann nicht nur sicherer an, sondern zusätzlich ist für das kleinere Schwimmbecken auch weniger Wasser erforderlich. Da die Selbstbefruchtung auf einem Prothallium wegen der eintretenden Homozygotie evolutiv ungünstig ist, muß das Problem der kurzen Strecke für den wesentlich schwierigeren Fall diözischer Prothallien gelöst werden. Das heißt, es werden Mechanismen benötigt, die gewährleisten, daß männliche und weibliche Prothallien möglichst dicht benachbart sind.

 

Bei den Schachtelhalmen werden zu diesem Zweck die Sporen zu mehreren durch Anhänge der Sporen (Hapteren) zusammengehalten und zusammen verbreitet. Es entsteht also immer eine Gruppe von Prothallien. Dabei entwickelt sich die erste keimende Spore immer zu einem weiblichen Prothallium, alle folgenden jedoch zu männlichen Prothallien. Das Geschlecht der Prothallien wird also durch die Umgebungsbedingungen bestimmt. Man bezeichnet diese Art der Geschlechtsbestimmung des Gametophyten als "haplomodifikatorisch". Den Schachtelhalmen gelingt es mit diesem Trick, die Homozygotiefalle zu umgehen. Der Nachteil des Verfahrens ist jedoch, daß fast immer Sporen des gleichen Sporophyten beieinander liegen, und der Effekt entspricht mithin genau dem, der vorliegt, wenn auf Blütenpflanzen Selbstbestäubung vorkommt.

3.2.5.3 Der Generationswechsel der Moosfarne (Selaginellales)

 

Unter diesem Gesichtspunkt ist es günstiger, die Geschlechtsbestimmung nicht haplomodifikatorisch, sondern genetisch zu determinieren, und dafür zu sorgen, daß Prothallien unterschiedlichen Geschlechts möglichst dicht zusammen kommen. In dichten Beständen einer Art wird auf diese Weise gewährleistet, daß Paarungen von männlichen und weiblichen Prothallien aus Sporen verschiedener Sporophyten ungefähr gleich häufig vorkommen, wie Paarungen, die auf einen Sporophyten zurückgehen. Bei einzeln stehenden Pflanzen besteht dagegen kein Unterschied zu den Verhältnissen bei Schachtelhalmen.

 

Will man zwei Prothallien verschiedenen Geschlechts zueinander bringen, so ist das eine Aufgabe, die in ähnlicher Weise schon einmal gestellt war, nämlich als es darum ging, Gameten zueinander zu  bringen. Es gibt dafür offenbar nur eine einzige Lösung, denn überall wurde das Problem in übereinstimmender Weise gelöst. Bei den Gameten erfolgte eine Differenzierung in  in geringer Zahl produzierte, große, unbewegliche Makrogameten, welche die ersten Nährstoffe für das Makroprothallium (und seltener auch für den künftigen Embryo) enthalten und bewegliche, sehr kleine und dafür in großer Zahl produzierte Mikrogameten. Das gleiche gilt jetzt für die Sporen. Es werden Sporen unterschiedlicher Größe gebildet. Die großen Makrosporen werden in geringer Zahl produziert und werden entsprechend nur über geringere Distanzen verbreitet. Sie bilden große Prothallien, die auch entsprechend viel zur Ernährung des später auf ihnen "parasitierenden" jungen Sporophyten beitragen und bilden ausschließlich Makrogametangien (Archegonien) mit je einem Makrogameten (Eizelle)   aus. Die viel kleineren Mikrosporen werden dagegen in großer Zahl produziert. Sie werden weiter verbreitet und können ihre Aufgabe nur erfüllen, wenn sie direkt auf dem Makroprothallium landen. Das kleine Mikroprothallium hat dann keine andere Aufgabe, als Mikrogameten zu produzieren. Es wird daher im Verlauf der Phylogenie zunehmend auf das Mikrogametangium (Antheridium) reduziert. Da das Mikroprothallium auf dem Makroprothallium keimt, ist die Trefferquote für die Mikrogameten (Spermatozoide) sehr günstig und ihre Anzahl kann daher reduziert werden.

 

Diese Prinzipien werden von den Selaginellen in hervorragender Weise umgesetzt. Die Mikro- und Makrosporen entstehen in verschiedenen Sporangien, die entsprechend als Mikro- und Makrosporangien bezeichnet werden. Das Makrosporangium enthält nur eine einzige Makrosporentetrade, währen das Mikrosporangium eine Vielzahl von Tetraden enthält. Da die Mikrosporen viel kleiner sind als die Makrosporen, sind beide Sporangien etwa gleich groß, obwohl das Mikrosporangium viel mehr Sporen enthält. Äußerlich kann man das Makrosporangium jedoch an der sich durch die Sporangienwand abzeichnenden Form der Makrosporentetrade erkennen. Das Makroprothallium entwickelt sich bei den Sellaginellales vollständig innerhalb der Makrospore. Durch die Zellteilungen erfolgt also kein Zuwachs an Biomasse, sondern nur eine Differenzierung des vorhandenen Materials. Das Makroprothallium ist von der Sporenwand gegen Austrocknung bestens geschützt. Die Spore öffnet sich nur an drei Linien an ihrem proximalen Pol. In diese Öffnungen muß die Mikrospore hineinfallen, anderenfalls kann eine Befruchtung nicht erfolgen. Das bedeutet eine geringe Trefferquote, aber auch, daß nur ein verschwindend kleiner Wassertropfen erforderlich ist, um die Befruchtung zu ermöglichen. Es werden zwar mehrere Archegonien gebildet, es kann sich jedoch wie schon bei den Moosen und Farnen nur eine befruchtete Eizelle zu einem Sporophyten entwickeln. Die anderen erliegen der Konkurrenz des stärksten Sporophyten. Das Mikroprothallium entwickelt sich ebenfalls innerhalb der Sporenwand und entwickelt nur noch eine funktionslose Rhizoidzelle und ein aus acht Wandzellen bestehendes Antheridium. Das Antheridium enthält mehrere spermatogene Zellen, aus denen sich je ein Spermatozoid entwickelt.

 

Bei manchen fossilen Verwandten der Selaginellen wurden die Makrosporen befruchtet, bevor sie aus dem offenen Makrosporangium herausfielen. Bei einigen entwickelte sich nur eine Spore der Tetrade, und die Makrospore fiel nicht aus dem Makrosporangium heraus, sondern das Makrosporangium fiel mit der einzigen befruchteten Makrospore herab. Solche Komplexe kann man bereits als einfache Samen auffassen, obwohl noch evolutiv bedeutsame Unterschiede zu den Samen der Samenpflanzen bestehen. Diese Gruppen wurden entsprechend als Samenbärlappe bezeichnet.

 

Für diese Entwicklung zu Samenbärlappen ist ein bedeutsamer Unterschied in der Anordnung der Sporangien entscheidend. Bei den Farnen befinden sich die Sporangien an der Unterseite der Sporophylle. Das stellt sicher, daß die Sporangien bei Regen nicht naß werden. Bleibt allerdings  die Makrospore im Makrosporangium, so ist es fast unmöglich, daß eine Mikrospore in die geöffnete Makrospore hineinfällt. Das geht nur, wenn die Sporangien auf den Blatträndern oder wie bei allen Selaginellen und Bärlappen auf der Oberseite der Sporophylle exponiert werden. Pflanzen mit einer Organisation, wie sie die leptosporangiaten Farne aufweisen, sind daher von einer Evolution, die zu Samenpflanzen hinführt von vornherein ausgeschlossen.

3.2.6 Die Generationswechsel von Gymnospermen

 

Auch in dichten Beständen ist es nicht ganz einfach, mit den Mikrosporen genau in den Öffnungsspalt der Makrosporen hineinzutreffen. Da der Makrospore bei den Sellaginellen schon der ganze Nährstoffgehalt mitgegeben wird, ist auch der gesamte Materialeinsatz verloren, wenn keine Mikrospore trifft. Günstiger wäre hier ein Verfahren, das ermöglicht, nur erfolgreiche Makrosporen (d.h. solche deren Makroprothallium später eine befruchtete Eizelle trägt) mit Nährstoffen auszustatten. Der im freien Wasser zurückzulegende Weg ist bei den Selaginellen zwar drastisch verkürzt worden, aber grundsätzlich besteht die Abhängigkeit von freiem Wasser noch immer.

 

Bei den Gymnospermen sind für diese Probleme überzeugende Lösungen entwickelt worden. Die Vorfahren der Nacktsamer, die sogenannten Progymnospermen,   hatten vermutlich parallel und unabhängig den gleichen Evolutionsweg wie die Bärlappgewächse beschritten und vergleichbare samenähnliche Bildungen entwickelt. Die Ausgangssituation für die weitere Evolution war daher ähnlich den von den Selaginellen und Samenbärlappen her bekannten Verhältnissen.

 

Als erster wichtiger Schritt wurde der Nährstoffeinsatz für unbefruchtete und damit verlorene Makroprothallien reduziert. Das geht leicht, wenn nur Makroprothallien mit befruchteten Eizellen mit Nährstoffen ausgestattet werden. In diesem Zusammenhang sind zwei wichtige Neuerungen aufgetreten. Zum ersten wurde die Sporenwand der Makrospore reduziert, so daß noch nach der Befruchtung des Makroprothalliums eine Versorgung mit weiteren Nährstoffen möglich wurde. Zum zweiten wird von nun an die Mikrospore nicht mehr vom Makroprothallium eingefangen, sondern das aufnehmende Organ ist jetzt primär das Makrosporangium. Die Sporenwand der Makrospore ist reduziert oder fehlt sogar ganz um den Nährstofftransport in die Spore hinein zu ermöglichen. Die Schutzfunktion, die bisher von der Sporenwand wahrgenommen wurde, wird nun von der Sporangienwand und vor allem von einer Hülle um das Sporangium herum übernommen, dem sogenannten Integument. Das Makrosporangium ist in seiner Entwicklung zunächst als wenig differenzierter, von einer Hülle (dem Integument) umgebener "Gewebekern" zu erkennen. Es wird bei allen Samenpflanzen traditionsgemäß Nucellus genannt. Das Integument läßt eine Poore frei, die als  Mikropyle bezeichnet wird.

 

Das auf dem Sporophyten weiter wachsende Makrosporangium mit umhüllenden Integumenten und darin entstehendem Makroprothallium und Embryo wird Samenanlage genannt. Mit der Reifung wird aus der Samenanlage der Same. Damit ist erstmals der junge Sporophyt eine Ausbreitungseinheit. Er ist dabei einghüllt von Schutzschichten und Nährgeweben der vorausgehenden gametophytischen und sporophytischen Generation.

 

Zum Einfangen der Mikrosporen wird bei fast allen Gymnospermen ein vom Makrosporangium (Nucellus) gebildeter Bestäubungstropfen eingesetzt. Nur bei wenigen Arten werden narbenähnliche Strukturen gebildet. Innerhalb der Gymnospermen wurden sehr verschiedene Strategien zur Optimierung der kritischen Schritte des Generationswechsels eingeschlagen. Davon sollen im Folgenden drei der wichtigsten erläutert werden.

3.2.6.1 Cycas als Beispiel für Gymnospermen mit Spermatozoidbefruchtung

 

Alle Cycadeen sind diözisch, es gibt also männliche Pflanzen (Mikrosporophyten) und weibliche Pflanzen (Makrosporophyten). Die Sporophylle bilden eiförmige bis zylindrische, kompakte Sporophyllstände, die Zapfen genannt werden. Die Zapfen sind unverzweigt und haben meist ein begrenztes Wachstum, sie könne daher als Blüten aufgefaßt werden. Nur die weiblichen Zapfen der Gattung Cycas wachsen nach der Blüte vegetativ weiter (durchwachsende Zapfen) und genügen daher strenggenommen der Definition der Blüte nicht. Die Makrosporophylle zeigen in Ausnahmefällen (Cycas revoluta) im distalen Teil noch die für die Trophophylle typische Fiederung. Im unteren Teil (Abb. 30 A ) tragen sie  an ihren Rändern mehrere Samenanlagen. Die Samenanlagen haben nur ein Integument. Tief im Nucellus wird eine einzige Zelle zur Makrosporenmutterzelle und macht anschließend eine meiotische Teilung durch, aus der eine lineare Makrosporentetrade hervorgeht (Abb. 30 B,C ). Aus der zum Stiel der Samenanlage hin orientierten Spore geht ein Makroprothallium hervor, die anderen Makrosporen degenerieren. Die Bildung des Makroprothalliums beginnt mit freien Kernteilungen ohne anschließende Zellteilungen, so daß eine polyenergide kugelige Zelle entsteht, die mehrere Millimeter Durchmesser haben kann und  die mit bloßem Auge in halbierten Samenanlagen erkennbar ist. Die polyenergide Zelle beginnt dann nach und nach, von der Peripherie her fortschreitend, zellig zu werden. Etwa zur gleichen Zeit beginnt der Nucellus einen zuckerhaltigen Flüssigkeitstropfen zu sezernieren, an dem die durch den Wind ausgebreiteten Pollenkörner haften bleiben (Abb. 30 D ). Danach wird dieser Bestäubungstropfen wieder resorbiert und das Pollenkorn gelangt dadurch in eine Höhlung, die von Nucellus und Integument gebildet und Bestäubungskammer genannt wird (Abb.30 E ). Der Nucellus schließt sich über der Bestäubungskammer, so daß der Rest des Bestäubungstropfens ganz innerhalb des Nucellus liegt.   In der Bestäubungskammer keimt das Pollenkorn aus und bildet ein Mikroprothallium, das mit einem rhizoidartigen Pollenschlauch im Nucellus verankert ist und von diesem ernährt wird. Im Makroprothallium werden 2 (-5) Archegonien gebildet, deren Eizellen bis 1cm groß werden können und damit die größten des Pflanzenreiches sind (Abb. 30 F ). Noch vor Beginn der Samenreife wird das Integument im äußeren Bereich fleischig. Der notwendige Schutz des Embryos erfolgt durch die innere sklerifizierte Schicht des Integuments, so daß die Samenschale des reifen Samens analog dem Perikarp einer Steinfrucht aufgebaut ist (Abb. 30 G ). Als Nährgewebe für den Embryo dient das sich kräftig entwickelnde Makroprothallium, das primäres Endosperm genannt wird (sekundäres Endosperm siehe S.103). Der Embryo ist dicotyl, die beiden Keimblätter dienen der Resorption der Nährstoffe aus dem Endosperm und verbleiben bei der hypogäisch verlaufenden Keimung im Samen  ( Abb. 30 H,I )

 

Die Mikrosporophyllstände bestehen aus zahlreichen Sporophyllen, die auf der Unterseite mehrere bis viele Sporangien tragen  ( Abb. 30a ). Diese sind meist zu mehreren auf kurzen Stielchen zusammengefaßt, so daß gestielte Synangien vorliegen  ( Abb. 30b ). Die Epidermis der  einzelnen Sporangien   weist lokale Wandverstärkungen auf, die bei Austrocknung der Epidermis zum Öffnen des Sporangiums führen, die Epidermis ist als Exothecium ausgebildet. Aus einer primären Archesporzelle gehen durch mitotische Teilungen lauter Pollenmutterzellen hervor, die nach Meiose zu je vier Mikrosporen   werden  ( Abb. 30c ). Die Entwicklung des Mikroprothalliums beginnt noch im geschlossenen Mikrosporangium mit einer ersten Teilung, aus der eine Prothalliumzelle und eine Initiale hervorgeht (Abb. 30d ). Die Initiale teilt sich nochmals in eine generative und eine vegetative Zelle oder Pollenschlauchzelle. In diesem dreizelligen Stadium wird das nunmehr reife Pollenkorn aus dem Mikrosporangium freigesetzt, das deswegen mit gutem Grund als "fliegendes Prothallium" bezeichnet werden kann ( Abb. 30e,f ). In diesem Zustand wird es vom Bestäubungstropfen einer Samenanlage eingefangen und setzt seine Entwicklung erst fort, wenn es in die Bestäubungskammer der Samenanlage eingesaugt ist. Bei der Keimung vergrößert sich zunächst die generative Zelle durch Aufwölbung (Abb. 30g ). Anschließend erfolgt eine Teilung der generativen Zelle in eine ringförmige   Stielzelle und eine von dieser völlig eingekreisten spermatogenen Zelle. Im Längsschnitt ist die ringförmige Stielzelle daher zweimal getroffen (Abb. 30 h ). Die Pollenschlauchzelle wächst zu einer schlauchförmigen, haustorialen Zelle aus, die in den Nucellus eindringt (Abb. 30 i,k ). Die spermatogene Zelle bildet zwei kugelige Spermatozoide aus, die ein schraubiges Wimpernband tragen und in die inzwischen zur Befruchtungskammer erweiterte ehemalige Bestäubungskammer entlassen werden. Dort schwimmen sie zu den Archegonien und verschmelzen mit den Eizellen zu Zygoten ( Abb. 30 G ).

 

Zunächst beginnt jede befruchtete Zygote sich  zu einem Embryo zu entwickeln (polyzygote Polyembryonie). Der kräftigste Embryo erdrückt jedoch bald die anderen und diese degenerieren und werden resorbiert.

 

Nach der Befruchtung macht die Zygote zunächst ohne Größenzuhnahme eine Reihe von simultanen Kernteilungen durch, so daß eine polyenergide Zelle vorliegt (Abb. 30 II ). Am von der Mikropyle  abgewendeten Pol entwickelt sich dann jedoch ein kleinzelliges Meristem ( Abb. 30 III ), das dem als Basalkörper bezeichneten polyenergiden Rest aufsitzt. Aus ihm entwickelt sich der junge Embryo (Abb. 30 IV ). Seine oberste Zellschicht differenziert sich histologisch besonders und hat vermutlich die  Aufgabe, Nährstoffe aus dem Endosperm zu resorbieren. Die Zellen dieser Schicht werden wegen ihrer Lage und Anordnung Kappenzellen genannt. Auf der gegenüberliegenden Seite strecken sich die an den Basalkörper grenzenden Zellen stark und unter mehrfachen Querteilungen in diesem Bereich entwickelt sich der Suspensor in Form eines mehrzellreihigen Stiels (Abb. 30 V,VI ). Der immer noch keine Keimblätter aufweisende Embryo kann sich im Verlauf des weiteren Wachstums mehrfach in zwei Embryonen aufteilen (monozygote oder Spaltungspolyembryonie). Davon entwickelt sich jedoch jeweils bald nur einer der aus der Spaltung hervorgegangenen Embryonen weiter, so daß zum Schluß der alleine zur vollständigen Entwicklung kommende Embryo sich aum Ende des längsten Suspensorarmes befindet (Abb. 30 VII,VIII ). Mit der beginnenden Entwicklung der beiden Keimblätter verlieren die nun nicht mehr an das Endosperm grenzenden Kappenzellen ihre besondere Differenzierung und die Nährstoffaufnahme erfolgt über  die Oberfläche der Keimblätter (Abb. 30 VIII ). Im Verlauf der Embryogenie werden Basalkörper und Suspensor mehr und mehr zerdrückt. Die Basis des Embryos wird von einer kräftigen Gewebemasse (Wurzelkalotte) gebildet, in deren Innerem sich die Anlage der Keimwurzel entwickelt ( Abb. 30 XI ). Der Embryo bildet eine aus mehreren schuppenartigen Niederblättern und einem laubigen Primärblatt bestehende Plumula. Die Keimung erfolgt hypogäisch, die Keimblätter verbleiben im Samen und das Primärblatt ist das erste assimilierende Organ.

 

Spermatozoidbefruchtung kommt bei den Gymnospermen nur noch bei den Cycadeen und bei Ginkgo vor. Die Spermatozoiden der beiden Gruppen sehen praktisch identisch aus. Auch die Entwicklung des Embryos zeigt große Übereinstimmung und auch bei Ginkgo erfolgt die Keimung hypogäisch und vor dem ersten assimilierenden Laubblatt werden zunächst eine Reihe schuppenförmiger Niederblätter gebildet.

 

Wesentlicher Forschritt der spermatozoidbefruchteten Gymnospermen ist, daß die Befruchtung durch die Sezernierung eines Flüssigkeitstropfens von äußerem Wasser ganz unabhängig geworden ist. Dies war vielleicht die Präadaptation dafür, diesen Tropfen auch zum Auffangen der Pollenkörner einzusetzen. Mit der so erfundenen Bestäubung wird die von den Spermatozoiden zurückzulegende Strecke auf ein Minimum reduziert. In Folge der damit erreichten guten Befruchtungsquote kann die Anzahl der spermatogenen Zellen pro Mikroprothallium auf eine einzige reduziert werden. Das Mikroprothallium besteht nur noch aus einer (Cycadeen) oder zwei Zellen (Ginkgo), das Antheridium selbst aus zwei Zellen und der spermatogenen Zelle und ist damit schon fast bis zur Unkenntlichkeit reduziert.

 

Bei Ginkgo ist der haustoriale Pollenschlauch käftiger entwickelt als bei den Cycadeen und stark verzweigt (aber dennoch einzellig!). Die Makrosporangien stehen aber anlangen Stielen und nicht in klarer Lagebeziehung zu Blättern. Ob Ginkgo überhaupt Makrosporophylle hat oder ob die Sporangien an Achsenenden stehen (Stachysporie), wird daher kontrovers diskutiert. Da die Mikrosporangien klar an Mikrosporophyllen gebildet werden, erscheint es vernünftig anzunehmen, daß sich auch die Position der Makrosporangien von einer Position an Sporophyllen herleitet (Phyllosporie), nachgewiesen ist dies jedoch nicht.

 

Die freie Exposition eines von der Pflanze produzierten Bestäubungstropfens, die wir gerade als   wichtigen evolutiven Fortschritt kennengelernt haben, bringt aber auch neue Probleme mit sich. Der Bestäubungstropfen verdunstet z.B. rasch, wenn nicht neue Flüssigkeit nachgeliefert wird, oder er kann ganz einfach durch heftigen Wind weggeblasen werden. Bereits innerhalb der Cycadeen kann man daher Entwicklungen beobachten, die diese Mängel beseitigen oder wenigstens minimieren. Zum ersten wird die Verdunstung des Bestäubungstropfens durch gelöste Zucker verringert. Durch die Bildung nektarartig zähflüssiger Bestäubungstropfen können diese auch größer werden, als dies bei reinem Wasser möglich wäre, ohne zu zerfließen oder abzutropfen. Zugleich werden die Bestäubungstropfen damit aber auch als Futterquelle für Insekten interessant. Zum zweiten besteht eine weitere Schutzmöglichkeit darin, den Bestäubungstropfen nicht frei zu exponieren, sondern innen im Zapfen zu verbergen. Tatsächlich sind bei vielen Gattungen (z.B. Zamia) die beiden einzigen Samenanlagen des Makrosporophylls so orientiert, daß die Mikropyle nach innen zur Zapfenspindel weist. Dies scheint zunächst im Widerspruch zu der Aufgabe des Bestäubungstropfens als Pollenfangeinrichtung zu stehen. Untersuchungen an Zapfen und Zapfenmodellen im Windkanal haben jedoch gezeigt, daß der Pollen gehäuft im Inneren des Zapfens akkumuliert, also genau dort, wo sich der Bestäubungstropfen befindet. Diese Umwendung der Samenanlage wird sich im folgenden als wichtiger Schritt zu modernen Gymnospermen und Angiospermen erweisen.

3.2.6.2 Gymnospermen mit (einfacher) Pollenschlauchbefruchtung

 

Als am besten untersuchtes Beispiel soll hier zunächst der Gnerationswechsel der Kiefer (Pinus) vorgestellt werden. Verschiedene Abwandlungen und Verbesserungen dieses Prinzips lassen sich im Anschluß daran vereinfacht darstellen. Wie bei den Cycadeen sind auch bei modernen Koniferen (Pinanae) die Zapfen grundsätzlich eingeschlechtig. Die männlichen und weiblichen Zapfen sind dabei meist einhäusig verteilt, kommen also auf demselben Individuum vor. Die männlichen Zapfen sind unverzweigte Sporophyllstände und können demzufolge als Blüten bezeichnet werden. Jedes Sporophyll trägt auf der Unterseite in der Regel zwei Mikrosporangien. Die weiblichen Zapfen sind komplizierter gebaut und stellen verzweigte Systeme dar, die deswegen als Blütenstände angesehen werden müssen. Sie sind aus zwei verschiedenen Typen von Zapfenschuppen aufgebaut. Die Deckschuppen sind an der Zapfenspindel inseriert. In der Achsel der Deckschuppe steht die Samenschuppe, die auf der der Zapfenspindel zugewandeten Seite zwei Samenanlagen trägt.   Da nach den Blattstellungsregeln in der Achsel eines Blattes (der Deckschuppe) nicht direkt ein weiteres Blatt stehen darf, wird die Samenschuppe heute meist als Flachsproß (Kladodium) aufgefaßt. An fossilen Gymnospermenarten (Lebachia, Voltziales) konnten jedoch kurze Achselsprosse mit mehreren gestielten Samenanlagen festgestellt und die Interpretation der weiblichen Zapfen als Blütenstände damit bestätigt werden.

 

Der Pollen ist bei der Verbreitung zwar vierzellig aber die beiden Prothalliumzellen sind bereits degeneriert und kollabiert, so daß nur noch zwei intakte, kernhaltige Zellen vorhanden sind. Der Pollen gelangt bei Pinus durch die Luftströmung an die beiden schwanzartigen Anhänge der Mikropyle, die in Bezug auf die Längsachse des Zapfens radial hintereinander angeordnet sind. Der Pollen bleibt dabei auf der Innenseite dieser Anhänge auf einem klebrigen Sekret haften. Der Bestäubungstropfen wird nur wenige Stunden nach Mitternacht exponiert. Er wird über die an den Anhängen haftenden Pollenkörner vorgestülpt und löst sie von diesen ab. Durch die beiden Luftsäcke schwimmt das Pollenkorn im Bestäubungstropfen nach oben zum Nucellus hin (Bojeneffekt). Um zu verhindern, daß der Bestäubungstropfen bei Berührung der Zapfenschuppen zerfließt, sind die Zapfenschuppen durch eine starke Wachsschicht unbenetzbar gemacht. Um zu gewährleisten, daß das Pollenkorn zum richtigen Zeitpunkt keimt, muß der Stimulus für die Keimung des Pollens vom Bestäubungstropfen kommen. Bleibt ein Pollenkorn irgendwo hängen, so kann der auswachsende Pollenschlauch unter Umständen dem Bestäubungstropfen hinterherwachsen. Da die spermatogene Zelle ganz innerhalb der Pollenschlauchzelle liegt, kann sie durch den Pollenschlauch zum Ziel transportiert werden und die Befruchtung ist noch möglich, auch wenn das Pollenkorn selbst nicht bis zum Nucellus eingesaugt worden ist.

 

Die Befruchtung erfolgt jetzt nicht mehr durch Spermatozoide. Der Pollenschlauch "wurzelt" nicht mehr wie bei Ginkgo und den Cycadeen im Nucellus, sondern wächst durch den Nucellus hindurch direkt auf eines der mehreren befruchtungsfähigen Archegonien zu. Dort öffnet sich der Pollenschlauch zur Freisetzung der Gameten an der Spitze. Damit werden die männlichen Gameten erstmalig am Zielort vom Pollenschlauch abgesetzt. Die Pollenschlauchbefruchtung ist erfunden. Zugleich werden begeißelte Spermatozoide überflüssig und treten folgerichtig ab hier in der weiteren Evolution nirgends mehr auf. Der Pollen gelangt wie bei Cycas und Ginkgo mit dem resorbierten Bestäubungstropfen in die Mikropyle hinein, da der Pollenschlauch aber durch den Nucellus hindurchwächst, ist eine Pollen- oder Befruchtungskammer überflüssig und fehlt bei allen Arten mit Pollenschlauchbefruchtung. Da der Pollenschlauch direkt auf die Eizelle zu wächst, hat die zweite Spermazelle des Pollenschlauches keine Chance zur Befruchtung und degeneriert. Weitere Archegonien innerhalb derselben Samenanlage können nur durch Spermazellen anderer Pollenschläuche befruchtet werden.

 

Manche Koniferen bilden keinen großen, kugeligen Bestäubungstropfen mehr. Der Pollen wird durch narbenähnliches, rezeptives Gewebe aufgefangen, das vom Integument im Bereich der Mikropyle gebildet wird (Larix). In einigen seltenen Fällen (Araucaria) wird ein rezeptives Gewebe von der Deckschuppe gebildet. Dieses rezeptive Gewebe stimmt funktionell mit der Narbe der Blütenpflanzen überein. Um der Narbe der Blütenpflanzen homolog zu sein, müßte es jedoch von der Samenschuppe gebildet sein, die aber bei den Araukarien auf einen kleinen Wulst reduziert ist.

 

Bei vielen Koniferen tritt die Bildung des Makroprothalliums erst nach der Bestäubung ein. Auf diese Weise wird bei nicht bestäubten Samenanlagen der Energieaufwand für die Bildung des Nährgewebes eingespart.

3.2.7   Weitere Verbesserungen und die Entwicklung zu den Angiospermen

 

Mit den Gymnospermen hat der Generationswechsel eine Entwicklung erreicht, die von freiem Wasser unabhängig ist und im Prinzip die Besiedelung aller nicht aquatischer Lebensräume und beliebige Größen der Individuen möglich macht. Weitere Verbesserungen zielen daher vor allem darauf, den Reproduktionserfolg zu verbessern beziehungsweise den Materialeinsatz für die Reproduktion zu minimieren. Hierzu werden bei der Evolution der Angiospermen Wege weiterbeschritten, die in Ansätzen schon bei den Gymnospermen erkennbar sind.

 

Der Grundtyp (Normaltyp oder Polygonum-Typ nach der Gruppe an der er zuerst untersucht wurde) ist in Abb.32 Dargestellt. Makrosporophylle und Mikrosporophylle (Karpelle und Staubgefäße bzw. Staubgefäßgruppen) sind in der Regel in zwittrigen Blüten zusammen gefaßt (Abb.32   A ). An den Rändern der Karpelle entwickeln sich die Samenanlagen. Sie sind zunächst noch aufrecht oder nur leicht eingekrümmt und der Nucellus (Makrosporangium) ist noch nicht ganz von den beiden Integumenten umhüllt ( Abb.32B ). Im Verlauf der weiteren Entwicklung erfolgt die Einkrümmung in die anatrope Form. Im Inneren des Makrosporangiums differenziert sich eine einzige Zelle zur Makrosporenmutterzelle und macht eine Meiose durch ( Abb.32B-D ). Die Makrosporenmutterzelle liegt bei Angiospermen entweder direkt unter der Epidermis des Nucellus und ist damit nur von einer Schicht Nucellusgewebe bedeckt (tenuinucellate Samenanlage), oder ist mehrere Zellschichten tief in den Nucellus eingesenkt (crassinucellate Samenanlage). Die Makrospore macht normalerweise (Normaltyp = Polygonumtyp) drei Kernteilungen durch ( Abb.32E-G ). Die entstehenden 8 Kerne bilden 7 Zellen (Abb.32H Abb. ?). Die größte davon ist das zweikernige Makroprothallium, das im lichtmikroskopischen Bild als glasiger, durchscheinender Sack erscheint und als Embryosackzelle bezeichnet wird, weil sich die ersten Schritte der Entwicklung des neuen Embryos innerhalb dieses Bereiches abspielen. Die anderen 6 Zellen bilden zwei Dreiergruppen, die ganz innerhalb der Wand des Embryosackes und damit innerhalb der Makrosporenwand liegen. Beide Gruppen können als auf zwei Zellen reduziertes Archegonium mit Eizelle aufgefaßt werden. Von diesen beiden Gruppen stellt allerdings nur die unter der Mikropyle liegende Gruppe ein funktionierendes, reduziertes Archegonium mit Eizelle dar. Die andere Gruppe liegt am gegenüberliegenden Ende des Embryosackes und ist steril. Diese drei Zellen werden wegen dieser Lage als Antipoden bezeichnet. Die beiden seitlichen Zellen des funktionsfähigen Archegoniums werden Synergiden genannt, weil man eine unterstützende Funktion bei der Befruchtung angenommen hat. Die Embryosackzelle zusammen   mit allen in ihr liegenden Zellen wird Embryosack genannt. Die Zellen innerhalb des Embryosacks bleiben zellwandlos.In diesem Zustand erfolgt die Befruchtung durch den Pollenschlauch, der durch die Mikropyle zum Embryosack vordringt.

 

In den Pollensäcken entwickelt sich eine Anzahl von primären Archesporzellen, aus denen    durch weitere Teilungen Pollenmutterzellen hervorgehen ( Abb.32b ). Diese kugeln sich gegeneinander ab und sind zum Zeitpunkt der Meiose ( Abb.32d,e ) von einer Kallosehülle umgeben, an der sie in Präparaten gut von anderen Zellen der Anthere unterschieden werden können. Nach Bildung der Sporenwand beginnt noch innerhalb des Sporangiums die Ausbildung des Mikroprothalliums mit einer ersten Teilung in eine vegetative und eine generative Zelle. Die generative Zelle liegt zunächst noch der Sorenwand an, kommt aber bald innerhalb der vegetativen Zelle zu liegen. Die Teilung der generativen Zelle in zwei Spermazellen kann artspezifisch entweder noch im Sporangium oder wie in der Abbildung dargestellt erst auf der Narbe erfolgen. Das reife Pollenkorn ist auch hier ein zwei- oder dreizelliges, fliegendes Prothallium.

 

Erst auf der Narbe keimt das Pollenkorn aus. Es bildet sich ein einzelliger unverzweigter Faden, der Pollenschlauch aus, der der Narbe entlang und weiter über das vom Karpellrand auf den Plazenten gebildete Pollenschlauchleitgewebe zu den Samenanlagen wächst. Im typischen Fall dringt der Pollenschlauch durch die Mikropyle in die Samenanlage ein (porogame Befruchtung). Nach Eindringen des Pollenschlauches in den Embryosack öffnet sich der Pollenschlauch und eine generative Zelle verschmilzt mit der Eizelle, die andere mit der Embryosackzelle. In der Eizelle verschmelzen die beiden Kerne zur Zygote, im Embryosack verschmelzen die beiden dort vorhandenen Kerne und der zweite generative Kern zu einem triploiden Kern, dem sekundären Embryosackkern, aus dem sich das sekundäre, triploide Endosperm (primäres Endosperm siehe S. 96) entwickelt.

 

Die weitere Entwicklung des Endosperms beginnt dabei zunächst mit einer Phase freier Kernteilungen (Abb.32L , nukleäre Endospermbildung; andere Formen der Endospermbildung siehe Kap. 1). Später wird das Endosperm bei allen Angiospermen völlig in einkernige Zellen untergliedert (Abb.32M ). Die Entwicklung des Embryos umfaßt die Bildung eines mehrzelligen, aber einzellreihigen Suspensors, der in einer vergrößerten, einkernigen Basalzelle endet (Abb.32N ). Am keimungsbereiten Embryo sind Suspensor und Basalzelle nicht mehr zu erkennen (Abb.32O ). Nach der Samenausbreitung und Keimung entwickelt sich ein neuer Sporophyt (Abb.32 Fig.O ). Bei den Gymnospermen ist erforderlich, daß sich alle Schuppen innerhalb eines Zapfens gleichmäßig entwickeln, damit der Schutz der Samen durch den Zapfen gewährleistet ist. So muß auch in Samenschuppen investiert werden, die gar keine befruchteten Samenanlagen tragen. Dieser Nachteil ist bei den Angiospermen überwunden. Der vielleicht entscheidendste Schritt bei der Evolution der Angiospermen war die Entwicklung eines gemeinsamen Pollenauffanggewebes für mehrere Samenanlagen.