RUB » Evolution und Biodiversität der Pflanzen » Skripte

 

   

3.3       Die Gametangien der Landpflanzen

3.3.1       Das Archegonium, seine Ontogenie und seine Phylogenie

3.3.2       Das Antheridium, seine Ontogenie und Phylogenie



3.3 Die Gametangien der Landpflanzen

3.3.1 Das Archegonium, seine Ontogenie und seine Phylogenie

 

Bei den Moosen und Farnen liegt ein flaschenförmiges weibliches Gametangium mit einer einzigen Eizelle vor, das als Archegonium bezeichnet wird. Bei den Angiospermen findet man dagegen nur noch drei Zellen, deren Homologie zu einem Archegonium zunächst nicht besonders einsichtig erscheint. Zwischen beiden Formen gibt es jedoch eine ganze Reihe von Übergängen und Zwischenstadien sowohl in der Form als auch in der Entwicklung. Die interessantesten und wichtigsten dieser Zwischenformen treten bei den Gymnospermen auf, und die gesamte Entwicklungsreihe soll im folgenden näher beleuchtet werden.

 

Das Archegonium der Moose entsteht aus einer Epidermiszelle. Diese teilt sich periklin (d.h. parallel zur Oberfläche des Prothalliums) in eine primäre Halszelle und eine zentrale Zelle. Letztere teilt sich nochmals periklin in eine distal gelegene primäre Halskanalzelle und eine primäre Bauchzelle. Durch weitere Teilungen gehen aus der primären Halskanalzelle die Halskanalzellen des Archegoniums hervor. Die primäre Bauchzelle teilt sich nur noch einmal in die Bauchkanalzelle und die Eizelle. Bevor sich das Archegonium öffnet, degenerieren und verschleimen die Halskanalzellen und die Bauchkanalzelle, so daß der Weg für anschwimmende Spermatozoide zur Eizelle frei ist.

 

Bei vielen Farnen läuft die Ontogenie des Archegoniums vergleichbar ab. Allerdings schafft die primäre Halskanalzelle oft zwar noch eine Kernteilung, aber keine Zellteilung mehr. Es gibt damit nur noch eine einzige, zweikernige Halskanalzelle.

 

Bei den Koniferen teilt sich ebenfalls eine epidermale Zelle in eine primäre Halszelle und eine zentrale Zelle. Die primäre Halszelle teilt sich weiter und kann einen Archegonienhals aus bis zu acht Zellen bilden. Die zentrale Zelle teilt sich nur noch einmal periklin in eine kleinere distale Zelle, die als Bauchkanalzelle bezeichnet wird, und die Eizelle.

 

Bei Ephedra teilt sich die epidermale Initiale ebenfalls in eine primäre Halskanalzelle und eine primäre Bauchzelle. Diese macht aber nur noch eine Kernteilung durch, ohne daß sich noch eine Zellteilung anschließt. Der distale Kern wird als Bauchkanalkern bezeichnet, der proximale als Eikern. Die gesamte, zweikernige Zelle fungiert als Eizelle; der Bauchkanalkern degeneriert bei manchen Arten vor der Befruchtung, bei manchen bleibt er jedoch erhalten. Bei manchen Ephedra Arten verschmilzt dieser Bauchkanalkern sogar mit dem Kern der zweiten Spermazelle.   Es liegt damit bei Ephedra im Prinzip eine doppelte Befruchtung wie bei Angiospermen vor. Allerdings entwickelt sich aus diesem diploiden Kern kein Nährgewebe.

 

3.3.2 Das Antheridium, seine Ontogenie und Phylogenie

 

Die Ontogenie des Antheridiums in den verschiedenen Gruppen der Landpflanzen zeigt von den Moosen bis hin zu den Angiospermen charakteristische Veränderungen, die als zunehmende Verkürzung und Reduktion des Entwicklungsganges bei Laubmoosen verstanden werden können. Drei wesentliche Beobachtungen ergeben sich beim Vergleich des Entwicklungsganges (Abb. 34 ).

 

Erstens wird das Prothallium immer stärker reduziert. Von der bei den Moosen noch dominierenden Generation bleibt bei den Angiospermen gerade noch eine einzige Zelle übrig, die zugleich das gesamte Anteridium repräsentiert. Dennoch bleibt die spermatogene Zelle auch bei stärkster Reduktion des Mikrogametophyten immer durch eine Zelle von der Umgebung getrennt, die "zellige Wand" der Gametangien als Apomorphie der Landpflanzen bleibt also erhalten.

 

Zweitens wird die Anzahl der Spermatozoide bzw. Spermazellen pro Antheridium immer mehr reduziert, bis ab den Gymnospermen nur noch jeweils zwei vorhanden sind.

 

Drittens bleibt die Anzahl der Spermatozoide bzw. Spermazellen je spermatogener Zelle dagegen erstaunlich konstant. Bei den Moosen sind es bereits zwei wie bei den Samenpflanzen und nur bei den Farnen ist eine Reduktion auf ein einziges Spermatozoid pro Spermatogener Zelle erfolgt, was vermutlich im Zusammenhang mit der ungewöhnlichen Größe der Spermatotoide steht.

 

Die Ontogenie des Laubmoos-Antheridiums beginnt mit einer periklinen Teilung in einer Epidermiszelle (IVa ). Durch weitere Teilungen entsteht zunächst ein kurzes haarartiges Gebilde (Abb. 34 IVb-f ), die Spitzenzelle teilt dabei bald die Segmente nicht mehr in gleichmäßigen Scheiben ab, sondern bildet keilförmige Segmente. Die Spitzenzelle wandelt sich so von einer einschneidigen zu einer zweischneidigen Scheitelzelle   (Abb. 34 IVc-f ). Danach wird durch weitere Zellteilungen eine äußere, einschichtige Anteridienwand und ein innerer Komplex von Zellen gebildet (Abb. 34 IVg ), aus denen nach weiteren Teilungen (Abb. 34 IVh ) je zwei Spermatozoide hervorgehen (Abb. 34 IVi ).

 

Die Ontogenie des Farn-Antheridiums beginnt zunächst wie bei den Moosen ( Abb.34 IIIa,b ), bei der nächsten Teilung wird jedoch durch eine trichterförmige Zellwand eine ringförmige Zelle abgegliedert. Diese untere Ringzelle wird im Längsschnitt zweimal getroffen und ist in Abb. 34 IIIc dunkler dargestellt. Von der größeren Zelle wird durch eine weitere Wand eine Haubenzelle von einer zentralen Zelle abgegrenzt ( Abb. 34 IIId ). Die Haubenzelle wird durch


eine zweite trichter- oder ringförmige Zellwand in eine weitere ringförmige Zelle und eine Deckelzelle unterteilt (Abb. 34 IIIe ). Die zweite Ringzelle liegt über der zuvor gebildeten und wird deshalb obere Ringzelle genannt. Alle durch weitere Teilungen aus der zentralen Zelle hervorgehenden Zellen werden letztlich zu spermatogenen Zellen ( Abb. 34 IIIf ). Die spermatogenen Zellen kugeln sich gegeneinander ab und werden nach dem Absprengen des Deckels als Spermatien aus dem Antheridium entlassen ( Abb. 34 IIIg,h ). Aus jedem Spermatium geht nach kurzer Zeit ein schraubig gewundenes Spermatozoid hervor  (Abb. 34 IIIh ).

 

Bei den Cycadeen beginnt die Bildung des Antheridiums bereits mit der Keimung des Pollenkornes. Das gesamte Mikroprothallium besteht hier letztlich aus einem einzigen und zudem noch stark reduzierten Antheridium. Bei der ersten Teilung der Mikrospore wird eine kleinere Prothalliumzelle und einer größere Initiale gebildet ( Abb. 34 Iia ). Die Initiale gliedert zur Prothalliumzelle hin nochmals eine Zelle abt, die generative Zelle genannt wird (Abb. 34 IIb ). Der größere Rest der Initiale wird Pollenschlauchzelle genannt, weil sie dem Pollenschlauch der Blütenpflanzen homolog ist. Die generative Zelle wölbt sich im Verlauf der weiteren Entwicklung auf ( Abb. 34 IIc ) und wird durch eine trichterförmige Zellwand in eine äußere rinförmige Zelle und eine innere spermatogene Zelle unterteilt. Die rinförmige Zelle wird Stielzelle genannt und ist im medianen Längsschnitt zweimal getroffen (in Abb. 34 IId-f dunkler als die spermatogene Zelle dargestellt). Vom Zustand in Abb. 34 IId bis zum Zustand in   Abb. 34 IIe finden keine weiteren Teilungen mehr statt, die Proportionen ändern sich aber und die Pollenschlauchzelle wächst zu einem kurzen haustorialen Pollenschlauch aus, der im Nuzellus "wurzelt". Wegen dieser Funktion wird er manchmal als das Rhizoid des Antheridiums betrachtet, er entspricht aber der Haubenzelle des Farn-Antheridiums und kann nicht ohne weiteres mit einem Rhizoid einer Moospflanze oder eines Farnprothalliums homologisiert werden. Aus der spermatogenenen Zelle gehen in einem letzten Schritt zwei kugelige Spermatozoide mit einem schraubigen Wimperband hervor ( Abb. 34 IIf ).

 

Bei den Angiospermen erfolgen insgesamt nur noch zwei Zellteilungen, bei denen keine festen Zellwände mehr ausgebildet werden. Alle aus der Mikrospore hervorgehenden Zellen sind daher wie tierische Zellen nackt. Aus einer ersten Teilung geht eine größere vegetative Zelle und eine kleiner generative Zelle hervor (Abb. 34 Ia ). Die größere Zelle wird ohne weitere Teilung zum Pollenschlauch und kann daher auch als Polleschlauchzelle bezeichnet werden. Die generative Zelle löst sich ganz von der Außenwand und liegt dann vollständig innerhalb der Pollenschlauchzelle (Abb. 34 Ib ). Sie teilt sich noch einmal und bildet zwei Spermazellen, die im Pollenschlauchhinter dem vegetativen Kern her   zur Samenanlage wandern (Abb. 34Ic,d ). Dort öffnet sich der Pollenschlauch in den Embryosack hinein und eine der beiden Spermazellen vereinigt sich mit der Eizelle zur Zygote, die andere verschmilzt mit der Embryosackzelle und bildet das sek. Endosperm.