Projekt Bildungssteuerung

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NVS - "Neue Verwaltungssteuerung"

Von der hessischen Landesregierung wurde die Einführung der sogenannten „Neuen Verwaltungssteuerung“ (NVS) in allen öffentlichen Institutionen beschlossen, so dass auch die hessischen Schulen für Erwachsene (SfE) die NVS in ihren Einrichtungen umsetzen müssen. Die "Neue Verwaltungssteuerung" beinhaltet ökonomisch orientierte Steuerungsprinzipien, mit deren Hilfe die (Kosten-)Effizienz der schulischen Verwaltung im engeren Sinne und die schulische Bildungsarbeit im weiteren Sinne gefördert werden sollen.

Im allgemeinen wird im Rahmen der NVS unter Berücksichtigung von Zielvereinbarungen und erreichten Ergebnissen eine Budgetierung vorgenommen. Diese Budgetierung soll die übliche Aufsplittung der finanziellen Ressourcen in starre Verwendungszwecke auflösen, so dass die jeweilige Organisationseinheit ihre Mittel flexibel, autonom und an den spezifischen Bedürfnisse orientiert einsetzen kann. Zudem soll eine Kosten-Leistung-Rechnung (KLR) Kenntnisse darüber vermitteln, wie effizient die zur Verfügung gestellten Mittel von den Organisationen eingesetzt werden bzw. an welcher Stelle gegebenenfalls Optimierungsmöglichkeiten bestehen.

Merkmale der „Neuen Verwaltungssteuerung“ sind in der Regel:

Die finanzielle Versorgung von Schulen durch Länder und Kommunen ist bisher durch eine Form von "Input"-Steuerung gekennzeichnet, bei der die Aufwendungen für die einzelne Schule im Rahmen einiger vorgegebener Kennzahlen statt findet (Schüleranzahl, Lehreranzahl, vorgeschriebenes Stundendeputat, Schüler-Lehrer-Relation, Klassengrößen, etc.). Dabei wird zunächst angenommen, dass dieser "Input" in direktem Verhältnis zum "Output", d.h. zur Qualität der Bildungsarbeit steht. In den letzten Jahren ist diese Annahme hinterfragt worden. Zusätzlich forciert durch die problematische finanzielle Lage der öffentlichen Haushalte sucht die Bildungspolitik nach Möglichkeiten, die Schulen "effizienter" zu machen ("Effizienz" bezeichnet hierbei das Verhältnis von Aufwand und Ertrag).

Weitere Infos als Download:

Der Referatsleiter für schulische Weiterbildung im hessischen Kultusministerium Herr Hochstätter legte im April 2003 ein Diskussionspapier zum Umsetzungsstand der NVS an den hessischen Schulen für Erwachsene (SfE) vor, das als Ausgangspunkt für die Planung des Projektes Bildungssteuerung diente.

Die Einführung der NVS an den hessischen Schulen für Erwachsene soll durch das "Umsetzungsprojekt Erwachsenenbildung" gestaltet werden. Hier finden Sie als Download eine Powerpoint-Präsentation vom 13.8.2003 über den Entwicklungsstand des "Umsetzungsprojektes Erwachsenenbildung".

Am 10.9.2003 trafen sich landesweit die Schulleitungen aller SfE. Dort wurde von der Schuladministration ein Thesenpapier zum Qualitätsmanagement präsentiert.

Qualitätsmanagement und Balanced Scorecard sind zwei wichtige Elemente des Einführungsprozesses der NVS. Nähere Informationen für den Bereich des Hessischen Kultusministeriums finden Sie hier (April 2004).


SfE - "Schulen für Erwachsene"

Informationen über die hessischen "Schulen für Erwachsene" finden Sie beim Hessischen Bildungsserver. Dort gibt es u.a. einen Überblick über die Entwicklungsgeschichte der SfE in Hessen.


Verfahrensschritte

Das Verbundprojekt Bildungssteuerung umfasst drei Arbeitsschwerpunkte (Teilprojekte), die jedoch eng miteinander verknüpft sind.
Der Charakter des Entwicklungsprojektes beinhaltet, dass im Verlauf des mehrjährigen Projektes notwendige Anpassungen vorgenommen werden können, z.B. die Integration spezifischer Bedürfnisse der schulischen Akteure. So entspricht der zeitliche Umfang des Projektes der sogenannten „Optimierungsphase“ der NVS-Einführung an den Schulen für Erwachsene. Diese feldspezifische Anpassung der NVS an die Erfordernisse der schulischen Erwachsenenbildung ist ein unabgeschlossener Prozess.

Geplant sind im Rahmen des Gesamtprojektes folgende Verfahrensschritte, wobei gemäß dem Anspruch eines Entwicklungsprojektes Änderungen, z.B. durch im Prozess neue enstehende Fragen oder Anregungen der beteiligten Schulen, möglich und erwünscht sind:


DEA

Die staatliche Finanzkrise hat den Kontext der Bildungswirklichkeit nachhaltig verändert und Konsens darüber entstehen lassen, Knappheit als Randbedingung für die Organisation pädagogischer Prozesse anzuerkennen und mitzureflektieren. Effizienz, das Verhältnis von Ergebnissen schulischer Bildungsprozesse und Ressourcenverbrauch, ist dadurch zu einer wichtigen Qualitätsdimension geworden, die es bei der Evaluation der Leistungsfähigkeit von Bildungseinrichtungen zu beachten gilt. Ihre Indikatorisierung ist denn auch im Balanced Scorecard Ansatz des hessischen Controlling Konzepts vorgesehen.

Im Projekt "Bildungssteuerung" werden institutionelle Effizienzinformationen unter Anwendung des Verfahrens der Data Envelopment Analysis (DEA) bereit gestellt und unter Berücksichtigung situativer Gegebenheiten interpretiert. Bei der DEA handelt es sich um ein mathematisch-statistisches Verfahren, das (mittels Techniken der Linearen Programmierung) im Vergleich (komparabler) Handlungseinheiten (Bildungseinrichtungen) die effizientesten Einheiten bestimmt und - gemessen an diesem "benchmark" - für die anderen Einheiten ein Maß ihrer Ineffizienz angibt. Das Verfahren basiert also auf einem relativen Effizienzkonzept. Es wird kein absoluter Effizienzstandard als "benchmark" definiert. Die DEA verdichtet die Mehrdimensionalität der Bildungsinputs und Bildungsoutputs zu einem eindimensionalen, leicht interpretierbaren Effizienzmaß, das besagt, in welchem Umfang die Mengen der von einer Bildungseinheit eingesetzten Ressourcen vor dem Hintergrund der Leistungsfähigkeit vergleichbarer Bildungseinheiten notwendig erscheint. Die DEA ist eine vor allem im anglo-amerikanischen Raum verbreitete und in den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen erprobte Methodik der Effizienzanalyse. Im Projekt "Bildungssteuerung" wird das Verfahren erstmals in Deutschland im Schulbereich angewandt.

In einem ersten "Probelauf" wird zunächst - bedingt auch durch die noch unzureichende Datenlage - mit einem sparsamen Analysemodell gearbeitet, das auf der Inputseite die Studierenden im ersten Semester und die unterrichtswirksamen Stunden berücksichtigt, auf der Outputseite die Anzahl der jeweiligen Abschlüsse. In einer späteren Projektphase werden Rechnungen auf einer breiteren Datenbasis vorgenommen. Bereitgestellt werden anonymisierte Effizienzinformationen über Schulen insgesamt und über einzelne Bildungsgänge. Diese Informationen dienen keinem "ranking" der Schulen, sondern sollen mit dem Hinweis auf Potenziale zur Effizienzverbesserung im Sinne einer besseren Nutzung der eingesetzten Ressourcen das Steuerungshandeln der verschiedenen Entscheidungsträger auf eine rationalere Basis stellen.

Wie die Effektivität, so wird auch die Effizienz einer Bildungseinrichtung von Faktoren beeinflusst, die außerhalb des (direkten) Einflussbereichs der schulischen Akteure liegen (z.B. regionale Arbeitsmarktsituation, Ortsgröße, soziale und ethnische Zusammensetzung der Studierendenschaft). Um einen fairen Effizienzvergleich zu gewährleisten, wird diesem Sachverhalt dadurch Rechnung getragen, dass in einem weiteren Analyseschritt untersucht wird, welche Bedeutung verschiedenen Faktoren für die "Erklärung" der mit der DEA ermittelten Effizienzunterschiede zukommt.


 


Schulwirkungsanalyse

Unter dem Schlagwort 'schools do matter‘ firmieren in der internationalen Schulforschung der letzten Jahrzehnte zwei verschiedene Argumentationslinien, die sich auf die Funktion und Wirkung der Schule beziehen. Zum einen ist dies die school-effectiveness-Forschung, d.h. die Erforschung der Wirksamkeit von Schulen auf die Entwicklung der Schüler - in Abgrenzung zu anderen Bedingungsfaktoren wie insbesondere der sozialen Herkunft. Zum anderen existiert die wissenschaftliche Begleitung des sogenannten school improvement, der es um die Erforschung innerschulischer Reformprozesse geht. Die Rezeption dieser beiden Forschungszweige fand in Deutschland seit den 80er Jahren vor dem Hintergrund der bildungspolitisch verfahrenen 'Systemfrage‘ der allgemeinbildenden Schulen statt. Die Hinwendung zur Einzelschule wurde als Abwendung von dieser Systemperspektive wahrgenommen und diskutiert (Stichwort: Von der Bildungsplanung zur Schulentwicklung). In der deutschen Diskussion ist die Einzelschulperspektive insgesamt der Referenzpunkt einer umfassenden wissenschaftlichen wie auch bildungspolitischen Diskussion von Aspekten wie der Autonomie von Einzelschulen, der Profilbildung, der Schulkultur, des Schulprogramms, der (Selbst-)Evaluation und (Einzel-)Schulentwicklung als Instrument der 'inneren Schulreform‘, usw.
Der Zweig der Schuleffektivitätsforschung hat eine Vielzahl von Untersuchungsergebnissen (und fast ebenso viele Reviews) in Form von Merkmalslisten 'effektiver‘ Schulen produziert. Dabei zeigen sich in der Ergebnisschau viele Gemeinsamkeiten, d.h. eine Art Kern von Merkmalen 'guter’ Schulen, z.B. intensive Schulleitungsaktivitäten, gemeinsame Abstimmung unter Lehrern über Ziele und Methoden, Einbeziehung aller an Schule Beteiligten in die schulischen Prozesse, stringente Unterrichtsführung, positives Sozialklima, Leistungsorientierung, etc. Als ein Kritikpunkt an der Schulwirkungsforschung muss jedoch u.a. festgehalten werden, dass Korrelationen von Einzelmerkmalen 'guter’ Schulen keine Kausalbeziehungen erläutern. Vielmehr ist die Erforschung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen einzelner Schulmerkmale eine noch auszufüllende Forschungsaufgabe.

Dabei setzt sich inzwischen die keineswegs neue Erkenntnis durch, dass nicht allein die (Einzel-)Schule als Einheit zur Wirkungsursache erklärt werden kann. Vielmehr ist deutlich geworden (nicht zuletzt durch TIMSS und PISA), dass verschiedene 'Ebenen‘ (System- und Unterrichts- bzw. Interaktionsebene) sowie vielfältige Dimensionen (Unterrichtsfach, individualbiographischer Verlauf einer Schülerkarriere, Beratungstätigkeit, Schulklima etc.) jeweils eine spezifische Rolle in den komplexen Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen spielen. Um diese Wirkungszusammenhänge forschungsmethodisch besser fassen zu können, werden in letzter Zeit vermehrt sogenannte 'mehrebenenanalytische Verfahren’ eingesetzt.


Teilprojekte / Fragestellungen

Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt „Bildungssteuerung“ verfolgt verschiedene zusammenhängende Fragestellungen unterschiedlichen Abstraktionsgrades:
Das grundsätzliche Ziel ist die Erforschung und Begleitung der Anpassung der Anforderungen, die eine Neue Verwaltungssteuerung mit sich bringt, an die Charakteristika schulischer Erwachsenenbildung. Daraus wurden drei Fragestellungen entwickelt, die in drei Arbeitsschwerpunkten bzw. „Teilprojekten“ münden.

a. Ein Vergleich der zwei Möglichkeiten für Erwachsene, schulische Abschlüsse nachzuholen (Volkshochschule und Schulen für Erwachsene) (zeitlicher Rahmen: bis Januar 2004)
b. Eine Analyse der veränderten Bedingungen für Schulmanagement durch Kennzahlensysteme (SAP), die im Rahmen der NVS eingeführt werden, verbunden mit der Frage nach Wirkungsweisen einzelner Aspekte schulischer (Erwachsenen-)Bildungsarbeit
c. Die Erprobung institutionenökonomischer Verfahren zur Effizienzmessung einer Bildungseinrichtung (DEA)

Insbesondere Punkt b) und c) zielen auf die Frage, wie und inwieweit eine organisationsbezogene Steuerung eine Wirkung auf das Ziel der schulischen Erwachsenenbildung hat. Als solches Ziel wird zunächst die Vermittlung von schulischen Abschlüssen herangezogen, wobei eine Operationalisierung des schulischen „Outputs“ in der Regel weitergehende Dimensionen umfasst.

Die Verknüpfung der Ergebnisse - insbesondere die Verbindung einer mehrebenenanalytischen Schulwirkungsforschung mit Ansätzen der organisationsbezogenen Effizienzmessung - sollen Wissen über Steuerungsmöglichkeiten (und -grenzen) erzeugen, das den schulischen Akteuren Handlungsmöglichkeiten eröffnet, die Anforderungen der NVS besser bewältigen zu können.

Weitere mögliche, aber noch nicht konkretisierte Teilfragestellungen betreffen z.B. die Rolle von Schulprogrammen bei der Erstellung von Zielvereinbarungen im Rahmen der NVS oder etwa eine (Schüler-)Risikogruppenanalyse. Hier wird der Charakter eines Entwicklungsprojektes deutlich. Das Projekt "Bildungssteuerung" versucht, auf im Prozess entstehende Bedürfnisse der beteiligten Schulen oder neue Fragestellungen flexibel zu reagieren und diese aufzunehmen.