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05 | 11 | 2013 | KARIN HARRASSER (Linz)

Was haust in Medien? Philologie als Geisterbeschwörung






Man kann Medienphilologie als ein Verfahren beschreiben, das die Geister, die Medien bewohnen, zum Erscheinen bringt. Ist sie als eine Séance zu verstehen, während derer der Philologe / die Philologin selbst als Medium fungiert? Ist er/sie Übermittler/in von ungehörten Botschaften aus der Vergangenheit, jemand der eine Beschwerde an die Gegenwärtigen entgegennimmt? Zum Aufspüren der nicht realisierten Potentiale und Versprechen eines Mediums braucht es eine gewisse Pedanterie: Wo Bedeutungen sich verdunkelt haben und Funktionen „geblackboxed“ wurden, hilft der Gang ins Archiv und akribisches Annotieren. Es braucht aber auch eine poetische und spekulative Bewegung. Die Geister haben die Angewohnheit nicht direkt zu sprechen. Der Medienphilologe/die Medienphilologin wird das Gefundene neu zusammensetzen und über die vorgefundene Positivität hinaustreiben müssen. Er/sie schafft eine neue, selbst wiederum mediale Textur, die den Gegenstand umgreift, der ihn/sie ergriffen hat. Es wird aber auch danach zu fragen sein, welche Provokation vom shift zum Medialen auf die Philologie selbst ausgeht. Denn die Liebe zum Wort wurde lange von anthropozentrischen Instanzen wie dem Autor gerahmt. Medienphilologie wäre dann auch ein Verfahren, um philologische Konzepte zu dezentrieren und auf nicht-menschliche Akteure abzurücken.



CV
Karin Harrasser ist Professorin für Kulturwissenschaft an der Kunstuniversität Linz. Sie studierte Germanistik und Geschichte an der Universität Wien, promovierte 2005 in Neuere Deutsche Literatur und war von 2009-2013 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Kunsthochschule für Medien Köln. Seit 2013 ist sie gemeinsam mit Elisabeth Timm Herausgeberin der „Zeitschrift für Kulturwissenschaften“.
Ihre Forschungsschwerpunkte sind Kulturgeschichte der Prothese, Science Fiction, Theorien des Subjekts/der Objekte, Historiographie und Film, Kulturtheorie, Medientheorie, Medien- und Wissensgeschichte der Behinderung.



Publikationen (Auswahl)
Treue zum Problem. Situiertes Wissen als Kosmopolitik, in: Situiertes Wissen und regionale Epistemologie. Zur Aktualität Georges Canguilhems und Donna J. Haraways, hrsg. v. Astrid Deuber-Mankowsky und Christoph Holzhey, Wien u.a.: Turia&Kant 2013, S. 241–259.
Singularität und lange Dauer. Alexander Kluges idiosynkratische Filmtheorie der Geschichte, in: Die Frage des Zusammenhangs. Alexander Kluge im Kontext, hrsg v. Christian Schulte, Berlin: Vorwerk 8 2012, S. 64–80.

 

 

 

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Karin Harrasser

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Ein Projekt der Professur Medienwissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Theorie, Geschichte und Ästhetik bilddokumentarischer Formen an der Ruhr-Universität Bochum
| Prof. Dr. Friedrich Balke und Dr. Rupert Gaderer
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