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Kognitionspsychologie und Angewandte Kognitionspsychologie

Fakultät für Psychologie - Homepage

 

Der Stroop-Effekt
Die Farbe-Wort-Interferenz als Forschungsparadigma


Angewandte Kognitionspsychologie - Homepage

 

Warum ist es so leicht, diese Worte zu lesen, aber so schwer, die Namen der Farben, in denen sie geschrieben sind, zu sagen. Dies ist der klassische Stroop-Effekt. Wir nennen die Störung in der Kombination von Farbe und Worten auch Farbe-Wort-Interferenz. Wir überprüfen in unserer Forschung die These, daß der Effekt mehrere Ursachen hat, und nicht nur eine, wie oft vereinfachend vermutet wurde. Eine Ursache, die uns derzeit besonders interessiert, ist die Beteiligung von Aufmerksamkeit ("Konzentration") an diesem Effekt.

Vielleicht fehlt diese Konzentration, wenn menschliche Fehlleistungen zu folgenschwereren Ereignissen (Katastrophen, z.B. Tschernobyl) führen. Solche Fehlleistungen werden in der sogenannten Fehlerforschung beschrieben, die zu den Anwendungsgebieten der Kognitionspsychologie gehört.
 
 

Kognitionspsychologie


Kognitionspsychologie beschäftigt sich mit der (experimentellen) Untersuchung des Wissens von Menschen (Lebewesen) und dem Einfluß des Wissens auf Handlungen. Wissen kann explizit (lexikalisch, deklarativ) oder implizit (prozedural) sein. Von ersterem wird angenommen, daß es entweder bewußt ist, oder leicht bewußt zu machen ist, auf jeden Fall aber prinzipiell bewußt gemacht werden kann; in letzerem Fall ist dies zumindest recht strittig (Können sie z.B. erklären, wie Sie sprechen oder Fahrrad fahren? Aber Sie können wahrscheinlich sprechen und vermutlich auch Fahrrad fahren). Anders gesagt: Wir beherrschen viele Leistungen, deren Zustandekommen wir nicht ohne weiteres näher schildern können. 

Viele dieser Zusammenhänge wurden und werden auch in der Lern- und Gedächtnispsychologie untersucht: Hier ist ebenfalls die Unterteilung in das explizite Gedächtnis einerseits, das aus lexikalischem und biographischem ("episodischen") Wissen besteht und dem impliziten Gedächtnis andererseits üblich; letzteres soll für das Behalten von Fähigkeiten (Fahrradfahren etc.), implizites Erlernen von Regeln ("Konditionieren"), unscharfe, vage Erinnerungs- und Bekanntheitseindrücke (visuelle, akustische Erinnerungen) zuständig sein. Es wird hier deutlich, daß die Unterteilung in ex- und implizit hochgradig mit bewußt vs. nicht-bewußt korreliert. 

Kognitionspsychologen untersuchen deshalb, wieweit diese Beziehung etwa damit zusammenhängt, daß Leistungen ursprünglich deklarativ waren und dann durch "Lernen" (und/oder Übung) automatisiert - und damit non-deklarativ geworden sind.
Dies betrifft auch die obengenannte "Stroop"- bzw. Farbe-Wort-Interferenz, weil man den Standpunkt vertreten kann, daß die Automatisierung des Lesevorgangs hier entscheidend ist, die die meisten von uns im Alter zwischen 6 und 16 Jahren abgeschlossen haben dürften. Wie Sie an der farbigen Demonstration dieser Homepage prüfen können, ist es nicht ganz einfach, die Farbe der (in diesem Beispiel falsch) geschriebenen Farbworte schnell und spontan zu benennen (auszusprechen). Nach dem Automatisierungsansatz sind automatische Prozesse dadurch gekennzeichnet, daß sie leicht ausgelöst und kaum verhindert werden können. Danach würde das "falsche" Wort automatisch gelesen (wenn die Farbe benannt werden soll), aber letztendlich doch unterdrückt, um eine falsche Antwort zu verhindern. Diese Unterdrückung kann man z.B. als Reaktionszeitverlängerung messen. Unsere Forschung beschäftigt sich konkret mit der Frage, ob diese Unterdrückung auch schon relativ früh nachweisbar ist, d.h. auch unter Umständen, in denen die Farbantwort durch farbige Tasten stark erleichtert ist und beschleunigt wird, so dass die Gefahr sehr gering ist, dass das Sprechen des falschen Wortes bereits auf der Zunge liegt (bei dieser Farbantwort mit farbigen Tasten braucht die Versuchsperson nicht mit Worten [Sprechen] zu antworten, sondern soll nur mit den Tasten reagieren). Diese Überlegungen führen in das Gebiet der Aufmerksamkeitsforschung, die den Stroop-Effekt als Beispiel dafür sieht, daß Handlungen nicht immer vollständig durch Aufmerksamkeit kontrolliert werden können.

 

 

 


31.05.2007

 

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