BAC 87
Die politische
Führungsschicht der römischen Republik im 2. Jh. v.Chr. zwischen
Konformitätsstreben und struktureller Differenzierung
Stefanie Märtin
Während die
römische Republik im 2. Jh. v.Chr. ihre expansive Kraft verstärkt
zeigte, erwies sich innenpolitisch die Stabilität als ein Trugbild. In
gut zwei Generationen vom Ende des Zweiten Punischen Krieges an
veränderte der Senat sein Gesicht grundlegend. Aus der vormals
homogenen, weitgehend konsensorientierten Nobilität war eine politische
Führungsschicht geworden, die sich nicht nur in der Herkunft ihrer
Mitglieder, sondern auch in unterschiedlichen Rangstufen im Senat
ausdifferenzierte.
Nicht zuletzt
bedingt durch das Ausbluten des Senats im Zweiten Punischen Krieg, den
Ausbau der Praeturen und die Entstehung eines cursus honorum
wurde senatorische Politik nicht mehr von einer Gruppe Gleichgestellter
geführt, sondern von zunehmend divergierenden Interessen bestimmt, was
sich auf das politische Leben ebenso auswirkte wie auf das
gesellschaftliche und wirtschaftliche.
Interessengegensätze, die sich einerseits durch schwindende
Möglichkeiten zur eigenen Profilierung, andererseits durch zunehmende
Konkurrenz verschärften, ließen als Schwäche des Systems offenbar
werden, daß es kaum eine institutionelle Kontrolle für den Fall vorsah,
daß eine strukturelle Konsensfähigkeit nicht gegeben war. Zunehmende
Integrationsprobleme ließen sich zudem nicht mit Versuchen, verbindliche
Deutungsmuster und Verhaltensnormen zu etablieren, in den Griff
bekommen.
So äußerte sich
nicht nur in der Gesetzgebung zur ,Erziehung der Aufsteiger‘, sondern
auch in der Historiographie eine zunehmende Widersprüchlichkeit zwischen
dem propagierten herkömmlichen Normen- und Wertekanon und dem
tatsächlich gezeigten politischen Handeln.
Schließlich führte
das Scheitern der beiden Reformvorhaben der Gracchen überdeutlich vor
Augen, daß sich innerhalb der politischen Führungsschicht ein
unumkehrbarer Wandel vollzogen hatte, der den Untergang der römischen
Republik bereits in sich barg.
Mit dem Komplex der
strukturellen und personellen Ausdifferenzierung des Senats, ihren
vielfältigen Auswirkungen auf das gesellschaftliche und politische Leben
sowie den unzureichenden Reaktionen auf diese Entwicklung beleuchtet
dieser Band einen bisher kaum beachteten Faktor für das Scheitern des
politischen Systems der römischen Republik.
ISBN
978-3-86821-396-6, 586 S., geb., Euro 59,50 2012