Lucans
Bellum Civile.
Studien zum Spektrum seiner Rezeption
von der Antike bis ins 19. Jahrhundert
Christine
Walde (Hg.)
Die Rezeption
antiker Texte ist heute selbstverständlicher, wenn auch noch nicht klar
definierter Bestandteil der Klassischen Philologie. Dennoch verleiht
diese nur im Verbund mit anderen Disziplinen zu leistende
Horizonterweiterung den Vorbedingungen und Beschränkungen unserer
zeitgenössischen Interpretation der antiken Texte Konturen. Hierfür soll
dieser Band zur wechselvollen und ununterbrochenen Rezeption des
römischen Epikers Marcus Annaeus Lucanus, der Beiträge von Forschern und
Forscherinnen verschiedener Disziplinen und scientific communities
vereint, ein Specimen sein. In mehrfacher Hinsicht führt der Aufweis der
komplizierten Rezeptionsgeschichte des Bellum Civile, das immer
wieder in bestimmten historischen Situationen, insbesondere Krieg und
Bürgerkrieg verstärkt zum Referenzpunkt wurde, in die Untiefen der
europäischen Geistesgeschichte, schließlich handelt es sich bei Lucan um
einen der wenigen römischen Autoren, die über Jahrhunderte eine
überragende Position im Literaturkanon einnahmen, um dann einer
'ideologisch-ästhetischen' Bereinigung des Kanons zum Opfer zu fallen.
Faszinierend ist auch der ständige Wechsel der
Interpretationsparadigmata, der sich nicht zuletzt der schillernden
Caesar-Gestalt Lucans verdankt und sich im Pendelschlag ideologischer
Grabenkämpfe zwischen "Republik" und "Prinzipat" bewegt. Über diese
spektakulären Rezeptionsphänomene wird häufig vergessen, dass Lucan über
viele Jahrhunderte eine Aufmerksamkeit fand, die derjenigen Vergils kaum
nachstand.
Die 17 Beiträge des
vorliegenden Bandes, die exemplarisch bestimmte Aspekte der
Lucan-Rezeption in Literatur, Musik und Wissenschaft von der Antike bis
ins 19. Jahrhundert vorstellen, wollen Schneisen in dieses bislang noch
nicht systematisch erschlossene Gebiet schlagen und Anreiz zu weiteren
wissenschaftlichen Entdeckungsreisen sein.
J. Walter:
Christianorum Lucanus? Zur Lucan- (und Seneca-)Rezeption in
Gewaltdarstellungen bei Prudentius
L. Nosarti:
Tessere lucanee in
Draconzio e Corippo
T. Murgatroyd:
Arnulf and
Lucan
A. Ambühl:
Ein mittelalterlicher Lucan-Kommentar in der Universitätsbibliothek
Basel (A λ II 24a): Edition in Auszügen und Einordnung in die
Kommentartradition
G. Bobeth:
Lucan im
musikalischen Vortrag des Mittelalters: Der Planctus Corneliae
und andere gesungene Passagen aus dem Bellum Civile
S. Gropper:
Sallust und
Lucan auf Isländisch: Ein Beispiel für die Position der
mittelalterlichen Übersetzung zwischen Textrezeption und Textproduktion
C. Finiello:
Lucans Erictho in der
spanischen Literatur des Siglo de Oro
R. F. Glei:
Aufstand gegen
den Textsinn: Zum Lucan-Cento des Pierre Chrétien (1588)
R. Zeller:
Lucan im poetologischen Diskurs der Frühen Neuzeit
Th. Burkard:
Stylus Lucani.
Jesuitische
Lucan-Rezeption im 17.
Jahrhundert
L. Sannicandro:
Fides fortibus, fraus formidolosis:
Lucano, Sir Walter Ralegh e Sir Arthur Gorges
B. Backhaus:
Cleopatra in
Thomas Mays Supplementum Lucani
E. Fantham:
Lucan on the
Seventeenth Century Stage: Corneille's Mort de Pompée and the
Operatic Tradition
M. Möller:
Dunkelrede und
Divination. Hölderlins Lucan und die Poetik des Verstummens
C. Walde:
Caesar bei C.F. Meyer und in Lucans Bellum Civile
E. Braun:
Humanum paucis vivit genus.
Zum 'Glaubensbekenntnis'
Caesars in Lucans Pharsalia (5,340-343) und einigen Reflexen
ihres Caesar-Bildes im Werk Friedrich Nietzsches
C. Finiello:
Auswahlbibliographie zur Lucan-Rezeption von der Antike bis zum 19.
Jahrhundert
ISBN 978-3-86821-076-7, 622 S., geb., Euro 62,50 2009