Die Bildung
der Helden.
Erziehung und Ausbildung in mittelhochdeutschen Antikenromanen und ihren Vorlagen
Beate Baier
Erziehung, Bildung und Ausbildung werden seit der Antike wegen ihrer
fundamentalen gesellschaftlichen Bedeutung in literarischen Texten dargestellt. Die
Erkenntnisse zur Adelserziehung im Mittelalter stützen sich sogar vornehmlich auf
literarische Zeugnisse. Seit der Mitte des 12. Jhs. bis ins 16. Jh. entstanden etwa 60
epische und didaktische mittelhochdeutsche Texte zur Erziehung und Ausbildung junger
adeliger Menschen, aus denen der Bereich der Antikenromane ('matière de Rome' nach der
Systematik Jean Bodels) ausgewählt wird. Untersucht werden die Aussagen zu Erziehung und
Ausbildung in 16 mittelhochdeutschen Alexander-, Troja- und Eneasromanen und ihren
antiken, spätantiken und mittelalterlichen Vorlagen. Griechische, lateinische,
altfranzösische und mittelhochdeutsche Texte von der Antike (ab dem 8. Jh. v. Chr.) bis
zum Spätmittelalter (Wende zum 16. Jh. n. Chr.) werden einbezogen. Betrachtet werden die
Aussagen über Alexander den Großen, Paris, Achill und Aeneas.
Während beim Alexander- und Trojastoff die Erziehung der männlichen Helden zu
untersuchen ist, bietet der Aeneas-Stoff die Gelegenheit, auch auf die Frauenbildung
einzugehen. Faktoren, die die Darstellung von Erziehung begünstigen, werden
herausgearbeitet. Berücksichtigt werden auch die Bildungssituation im mittelalterlichen
Deutschland und das Verhältnis von Fiktionalität und Realität.
Die Erziehungsdarstellungen sind insgesamt durch das Bemühen gekennzeichnet, gelehrte
Lateinisch überlieferte Bildung ('artes liberales'), schriftlose Adelskultur und
ritterliche Erziehung ('probitates') zu vereinen. Der Schwerpunkt liegt bei Paris und
besonders bei Achill auf einer ritterlich-laikalen Ausbildung, daher kann Achill als
Identifikationsmuster für den höfischen Ritter dienen. Dagegen zeichnet sich Alexander
der Große durch eine an den 'artes liberales' orientierte Bildung aus und wird daher zum
'rex litteratus', zum Prototyp des gebildeten Herrschers.
ISBN 3-88476-796-8, 548 S., geb., Euro 57,50 2006