BAC 37
Das Widerspenstige zähmen.
Die militärische und politische Sprache in Vergils Georgica
Hartwig Heckel
Daß Vergils im Jahre 29 v. Chr. vollendetes Lehrgedicht über die
Landwirtschaft nicht als versifizierte Anleitung zur Arbeit auf dem Bauernhof zu verstehen
ist, war bereits antiken Rezipienten der Georgica bewußt; der Vergilkenner Seneca konnte
dies auf die einfache Formel bringen, Vergil habe eher die Leser erfreuen als die Bauern
belehren wollen. Die Frage nach der eigentlichen Bedeutung und Intention der Georgica
gehört zu den besonders umstrittenen Problemen der modernen Vergilinterpretation.
Um diesem Problem näherzutreten, nimmt die Studie ein Phänomen in
den Blick, das in der bisherigen Forschung zu wenig Beachtung gefunden hat, obwohl es für
die im engeren Sinne lehrhaften Partien des Gedichts typisch ist: Im Rahmen der
Ausführungen über Ackerbau, Obst- und Weinbau, Viehzucht und Imkerei werden insbesondere
die Arbeiten des Bauern, daneben auch andere Vorgänge, häufig mit Begriffen und
Wendungen beschrieben, die man eher in Schilderungen kriegerischer Auseinandersetzungen
und in Darstellungen militärischer Hierarchiestrukturen erwartet; hinzu treten wiederholt
auch Metaphern aus dem politischen Bereich. In ausführlichen Interpretationen aller
relevanten Passagen und unter Berücksichtigung der weit über die Grenzen von Stoff und
Gattung hinausreichenden literarischen Bezüge werden Technik, Bandbreite und Funktion
dieses von Vergil in innovativer Weise gehandhabten poetischen Verfahrens
herausgearbeitet: Die militärisch-politische Metaphorik der Georgica verweist auf die
politische Wirkabsicht des Dichters, der nicht nur ein eigenständiges Konzept von der
Behauptung der menschlichen, besonders der römischen Kultur in der Welt entwirft, sondern
auch in der Schlußphase eines Jahrzehnte währenden Machtkampfes seine Erwartungen an den
künftigen Herrscher Octavian formuliert.
ISBN 3-88476-320-2, 279 S., kt., Euro 26,50 1998