BAC 10
Inszenierung des Schicksals.
Tragödie und Komödie im Roman des Heliodor
Thomas Paulsen
Ausgangspunkt der Interpretation, die einen weitgehend neuen Ansatz
zum Verständnis des wohl bedeutendsten antiken Roman-Autors präsentiert, ist die
häufige Verwendung von Theaterbegriffen wie drama théatron u.ä. in den
"Aithiopika". Hieraus wird die Theorie entwickelt, daß Heliodor nicht nur
Elemente der dramatischen Gattungen in sein Werk integrieren will, sondern das Schicksal
der Hauptfiguren Charikleia und Theagenes als eine Tragödie in Prosa auszugestalten
trachtet.
Damit ist die Auseinandersetzung des Autors mit dem Drama keineswegs
erschöpft: Auch für die Präsentation der wichtigsten Nebenfiguren sind dramatische
Konzepte bestimmend. Knemon erscheint zunächst als Tragödienheld, wird jedoch zunehmend
als Komödiengestalt, die lediglich eine tragische Pose zur Schau trägt, entlarvt. Auch
Kalasiris wird als tragische Figur eingeführt, die mehr und mehr komische Züge
entwickelt; bei ihm stellt sich allerdings heraus, daß beide Elemente gleichermaßen in
seinem Charakter verankert sind, wodurch er zur Symbolfigur für die Ambivalenz des ganzen
Romans wird, der Tragödie und Komödie in sich vereinigt.
Heliodor verwirklicht somit drei dramatische Konzepte, deren jedes
an eine oder zwei der vier zentralen Gestalten der "Aithiopika" geknüpft ist.
Zur Abrundung werden mit einigen Nebenfiguren weitere komische Charaktere auf die
"Bühne des Romans" gebracht.
ISBN 3-88476-030-0, 290 S., kt., Euro
24,- 1992