Das Foto von Andor Kertész
(später nannte er sich André) La Fourchette (die
Gabel) gilt als eines der ersten Bilder, die zur
minimalistischen Fotografie gerechnet werden. Es wurde
vor knapp einhundert Jahren (1928) im Studio des Malers
Fernand Léger angefertigt - angeblich nach einem
ausgiebigen Abendessen. Kertész war 1920 nach
Paris gekommen, um hier die aktuelle Malerei
kennenzulernen und sich fotografisch weiterzubilden. Als
Straßenfotograf hatte er in Paris kein Studio und war
deshalb gelegentlich bei Léger zu Gast, um in
seinem Studio zu fotografieren.
Es ist unklar, welche Motive
Andor Kertész bewegten, um dieses schlichte Foto mit einer
Gabel, einem Teller und einem Tisch zu machen. Vielleicht
entstand es im Rahmen eines Auftrags vom deutschen
Besteck-Fabrikanten Bruckmann? Jedenfalls erschien dieses
Foto 1929 in mehreren deutschen Wochenblättern als Teil
einer Bruckmann-Anzeige (Borhan 1994/2000, p.22).
Wir haben dieses Foto zum
Beginn unseres Workshops als Beispiel benutzt,
um einige Eigenschaften minimalistischer Fotos
kennenzulernen und Variationen selbst zu
fotografieren. Das Kertész-Foto enthält eine
große, wenig strukturierte helle Fläche (den
Tisch) als Hintergrund, links einen
angeschnittenen Teller mit Schatten, und darauf
eine angeschnittene Gabel (ebenfalls mit
Schatten). Oben rechts sieht man noch die
Tischkante in Form eines schmalen schwarzen
Streifens. Die Workshop-Teilnehmer*innen konnten
zwischen 3 Aufgaben wählen:
1. das Foto mit eigenen Mitteln direkt
nachzumachen,
2. das Foto weiter zu minimalisieren (z.B. die
Anzahl der Bildelemente verringern, Helligkeit
und Kontrast variieren)
3. nicht das Bild selbst, sondern nur das Thema
„Gabel und Teller“ zu übernehmen und ein neues
minimalistisches Bild zu schaffen, in dem nur
Gabel und Teller erkennbar sind.
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Andor Kertész (1928): La
Fourchette / Die Gabel. Copyright: Mission du
patrimoine photographique, Association française pour Ia
diffusion du patrimoine photographique (AFDPP) / P.
Bruckmann & Söhne, Heilbronn.
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