Lufbildarchäologie

Das Institut für Archäologische Wissenschaften der RUB verfügt seit den 1990er Jahren über ein Luftbildarchäologie-Labor mit einer umfangreichen Ausstattung mit modernster Technik. Sein Forschungs- und Schulungspotenzial besteht in verschiedenen Bereichen.

Kreisgräben im Mais
Abb 01: Kreisgräben im Mais, aufgenommen am 28.08.2012.
© Luftbild: B. Song


Archäologische Luftbildinterpretation

Dabei handelt es sich primär um die archäologische Interpretation von nicht speziell für archäologische Zwecke aufgenommenen Luftbildern. Die Arbeit umfasst in der Regel folgende Schritte: Die Recherche vorhandener fremder Bilder, die Beschaffung archäologisch geeigneter Bilder, die Archivierung erworbener Bilder und schließlich die archäologische Interpretation der Bilder.

Bei der Luftbildrecherche werden verschiedene Informationsquellen erschlossen. Zu solchen Bildquellen gehören z.B. Archive der militärischen Luftaufklärung, der geologischen und geographischen Fernerkundung, der Landesvermessung usw. Anhand von Luftbildkatalogen und -indizes werden je nach Zielsetzung der Luftbildinterpretation die als geeignet erscheinenden Luftbilder ausgewählt und probeweise angesehen. Kriterien für die Auswahl sind u.a. Bildart (Senkrecht- oder Schrägaufnahme, Bildüberlappung), Bildmaßstab und Aufnahmezeit (Jahres- und Tageszeit). Die ausgewählten Luftbilder werden entweder durch Ausleihen oder durch käuflichen Erwerb beschafft. Die so erworbenen Bilder werden anschließend archiviert und für die Interpretation vorbereitet. Die eigentliche Interpretation kann je nach Zielsetzung und persönlicher Voraussetzung der Interpreten in verschiedene Arbeitsphasen gegliedert werden, wie etwa Vorinterpretation, Interpretation, Verifizierung durch Geländearbeit usw. Durch die Interpretation werden archäologisch relevante Luftbildinhalte abgelesen, gedeutet und je nach Zielsetzung auf verschiedene Art und Weise (bevorzugt schriftlich und kartographisch) dokumentiert

Archäologische Luftbildmessung

Luftbildmessung wird fachlich als Photogrammetrie bezeichnet. Am Institut wird die archäologische Luftbildmessung auf der digitalen Basis, d.h. mit Computerunterstützung, realisiert. Sowohl Messbilder (für Vermessungszwecke aufgenommene Senkrechtluftbilder) als auch Luftbilder aus der Flugprospektion (in der Regel Schrägluftbilder) können geometrisch entzerrt bzw. georeferenziert werden.
Bei der geometrischen Bildentzerrung geht es im Wesentlichen um die Korrektur der durch Zentralprojektion bei der Luftaufnahme entstandenen Abbildungsfehler. Nach der Entzerrung erhält man Luftbilder mit bestimmten Karteneigenschaften. Daher kann man solche entzerrten Luftbilder mit weniger Aufwand zu Luftbildkarten weiterverarbeiten. Darüber hinaus können die Luftbilder bei der Entzerrung in ein geographisches Koordinatensystem oder in ein Koordinatensystem der Landesvermessung hineinprojiziert (georeferenziert) werden. Dies kann die Grundlage für ein Archäologisches Informationssystem bilden.

Alpen-Drupt: Ein römisches Marschlager als Bewuchsmerkmal
Abb. 02: Alpen-Drupt: Ein römisches Marschlager als Bewuchsmerkmal, aufgenommen am 18.06.2013.
© Luftbild: B. Song


Archäologische Flugprospektion

Die archäologische Flugprospektion ist eine Methode zur Entdeckung, Beobachtung und Dokumentation archäologischer Fundstellen. Während die archäologische Luftbildinterpretation überwiegend zur Prospektion oberirdisch erhaltener Fundstellen eingesetzt wird, kann man mit der Flugprospektion auch oberirdisch völlig eingeebnete und nur noch unterirdisch erhaltene Fundstellen ausfindig machen.
Bei der Flugprospektion handelt es sich um die gezielte Befliegung archäologisch bedeutsamer Fundgebiete. Als Plattform wird in der Regel ein 2- bis 4-sitziges Sportflugzeug benutzt, wie z. B. die Cessna 150 oder die Cessna 172. Wird eine neue Fundstelle unter bestimmten Bedingungen entdeckt, so wird sie zunächst kartiert und anschließend mit Hilfe einer Digitalkamera mit GPS-Ortung aufgenommen. Die Kombination des kleinen wendigen Flugzeuges mit dem einfach zu bedienenden Kamerasystem ermöglicht Beobachtung und Dokumentation der Fundstellen aus verschiedenen Perspektiven, unterschiedlichen Flughöhen und zu beinahe allen Jahres- und Tageszeiten. Die so gewonnene Flexibilität führt schließlich zur Erfassung und Erforschung archäologischer Fundstellen, die auf dem Erdboden normalerweise nur durch Zufall entdeckt und mit großem Aufwand prospektiert werden können.

Archäologische Kartographie

Archäologische Fundstellen mit unterschiedlichen Befunden können kartographisch in Form von digitalen Luftbildkarten auf Rasterbasis und in Form von Strichzeichnungskarten auf Vektorbasis erfasst werden. Diese Möglichkeit gewinnt zunehmend Bedeutung für Gebiete oder Länder, in welchen topographische Karten in größeren Maßstäben entweder fehlen oder nicht direkt verfügbar sind. Am Institut wurden zahlreiche Luftbildkarten in verschiedenen Maßstäben und ein Atlas auf der Grundlage eines archäologischen Informationssystems erstellt.

Schermbeck-Damm, Doppelgräben einer Motte mit Vorburg als positive Schneemerkmale
Abb. 03: Schermbeck-Damm, Doppelgräben einer Motte mit Vorburg als positive Schneemerkmale, aufgenommen am 14.12.2012.
© Luftbild: B. Song


Archäologische Informationssysteme

Bei archäologischen Informationen handelt es sich meistens um raumbezogene Daten. Die beste Möglichkeit zur systematischen Erfassung, Auswertung und Nutzung solcher Daten bietet derzeit das Geographische Informationssystem (auch Geo-Informationssystem genannt, mit GIS abgekürzt). GIS besteht aus einem System von Computer-Software, -Hardware, -Daten und Personal, mit dem man raumbezogene Daten verarbeitet, analysiert und präsentiert. Am Institut ist derzeit ArcGIS (Campuslizenz) im Einsatz.
Im Rahmen von Forschungsprojekten wurde GIS in der Anwendung der Archäologie als Instrument für denkmalpflegerische Verwaltung und archäologische Forschung erprobt. Dabei verfügt das Institut über umfangreiche theoretische und praktische Erfahrungen.