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Attika-Exkursion 25.05.-04.06.2012

Vom 25. Mai 2012 bis zum 4. Juni 2012 hatten insgesamt zwölf Studierende der RUB und aus Italien Gelegenheit dank der Organisation von Dr. Patric Kreuz und Prof. Hans Lohmann an einer wundervollen, 10-tägigen, bisweilen auch abenteuerlichen Exkursion in das Athener Umland teilzunehmen, die wohl alle bereichert haben dürfte. Neben den bekannten und bedeutenden Plätzen Attikas konnte Prof. Hans Lohmann dank seiner langjährigen Forschungen in Attika den Studierenden auch zahlreiche wenig oder kaum bekannte Stätten zeigen, an denen sich exemplarisch das normale Landleben der attischen Bevölkerung studieren lässt und die eine lebendige Vorstellung vom Leben des Max Mustermann der klassischen Antike vermitteln. Dabei konnten die Studierenden sich auch ein Bild von der weit fortgeschrittenen Landschafts- und Umweltzerstörung in Attika machen und eine Vorstellung von der düsteren Zukunft der archäologischen Überreste Attikas gewinnen. Neben antiken Stätten auf der landschaftlich sehr abwechslungsreichen Halbinsel Attika und in der nordwestlich angrenzenden Megaris wurden auch die Museen von Brauron, Eleusis und Marathon besichtigt, ferner die Museen im Kerameikos und auf der Agora sowie als besonderes Highlight das neue Akropolismuseum. Das Wetter war durchgehend makellos bis auf einen Platzregen in Rhamnous, der das Exkursionsteam zwang, mitten in der antiken Stadt in einer kleinen Hütte mit wundervollem Ausblick für ca. eine halbe Stunde Schutz zu suchen. Obschon alle nass wurden, tat das der guten Stimmung keinen Abbruch. Entschädigung brachte am Schluß das ‚Dienstbaden‘ in den malerisch am Golf von Korinth gelegenen Ruinen der antiken Stadtbefestigung von Aigosthenai. Es diente dazu, die Reste der durch Küstensenkung überfluteten Mauer im Westen der antiken Stadt unter Wasser nachzuweisen. Mit einem Hauptseminar, in dem die Studierenden ihre Führungen vor Ort in einem Probelauf testen konnten, wurde die eigentliche Exkursion vorbereitet. Teilnehmer waren: Sophia Nomicos, Mine Özkilinc, Lisa Dziobaka, Johannes Gilhaus, Patricia Pfeiffer, Hannah Kreibich, Philip Ebeling, Kevin Spathmann, Frank Hulek, Erik Sperveslage und Nadja Rathenow, sowie Ilaria Bultrighini.

Die Reisegruppe posiert vor dem Parthenon
Abb. 01: Die Reisegruppe posiert vor dem Parthenon.


Weiter Rundblick über das südattische Bergland

Die Exkursion startete am 25. Mai in Düsseldorf und führte vom Athener Flughafen, wo wir zwei Bullies als Exkursionsfahrzeuge übernahmen, zunächst ins Hotel Kalypsó in Anavisso (direkt am Meer gelegen) und danach ins Restaurant. Der nächste Tag begann bei strahlend schönem Wetter mit einem Besuch des südattischen Demos Atene, der die Täler von Charaka, Hagia Photini und Thimari umfaßte. Von der Kapelle des Prophitis Elias auf dem Gipfel des gleichnamigen Berges, der das Hochtal von Photini im Norden begrenzt, genossen wir einen weiten Rundblick über das südattische Bergland. Der heilige Elias ist wohl der Kultnachfolger des Zeus, denn bei seiner Kapelle befinden sich Spuren eines antiken Gipfelheiligtums. Nach diesem kurzen thematischen Einstieg führte uns der Weg ins Bergland des Laurion nach Sureza, wo Sophia Nomicos uns detailliert mit dem antiken Blei-Silberbergbau vertraut machte. Danach ging es noch ins Agrileza-Tal und nach Megala Pevka, um weitere Überreste antiker Industrieanlagen und des klassischen Landlebens zu begutachten.

Prof. Lohmann erklärt die Topothese
Abb. 02: Prof. Lohmann erklärt die Topothese.
© Foto: J. Gilhaus


Eine der bedeutendsten Schlachten Europas

Für den 27. Mai stand das berühmte Heiligtum der Artemis Brauronia in Brauron an der Ostküste Attikas auf dem Programm. Im dortigen Museum führte uns Lisa Dziobaka in die Materie ein und brachte uns die Geschichte des Ortes und seines Heiligtums näher. Weiter im Norden, in der Ebene von Marathon, an der eine der bedeutendsten Schlachten Europas stattgefunden hat, vermittelte uns Patricia Pfeiffer die wichtigsten historischen und archäologischen Fakten. Leider konnten wir wegen eines plötzlich einsetzenden Regens nur einen kurzen Blick auf den Grabhügel der Athener werfen, die in der Schlacht von Marathon 490 v. Chr. gefallen waren. Der Tag klang abends im Restaurant mit einem vorzüglichen Essen aus. Früh am nächsten Morgen fuhren wir nach Thorikos, der bedeutendsten Industriestadt des antiken Laurion. Dort führte uns Erik Sperveslage vom Theater der klassisch-antiken Stadt über die mykenischen Königsgräber im Sattel nördlich des Velatouri bis zur sogenannten Seefestung von Thorikos am Meer. Ein zweiter Höhepunkt erwartete uns in der von Thorikos so grundverschiedenen Kleinstadt Sounion. Dort erläuterte und erklärte uns Nadja Rathenow nicht nur den großartigen klassischen Poseidontempel, von dem aus sich ein herrlicher Ausblilck auf die Ägäis bietet, sondern auch die befestigte Siedlung selbst, deren Befestigung im Hellenismus noch einmal erweitert wurde.

Das Meer am Kap Sunion
Abb.03: Das Meer am Kap Sunion.
© Foto: J. Gilhaus


Beim Aufbruch am Morgen des 29. Mai war der Himmel noch klar, doch trübte sich das Wetter zunehmend ein. Als wir nach längerer Fahrt Rhamnous im Nordosten Attikas erreicht hatten, wurde es immer dunkler, während uns Nadja Rathenow durch die phantastische Gräberstrasse zur Stadt führte. Nemesis- und Themistempel oberhalb der Stadt erklärte Kevin Spathmann schon unter einer bedrohlich schwarzen Wolkendecke. Der heftige Regenguss brach allerdings erst los, als wir innerhalb der mächtigen Stadtmauern von Rhamnous standen. Anfangs versuchte Philip Ebeling noch, beschirmt von Lisa Dziobakas, sein Referat fortzusetzen, während die anderen im Schutz von Bäumen den Ausführungen lauschten. Doch als der Regen zu heftig wurde, mußten wir in einer Hütte der Grabungsarbeiter Zuflucht suchen. Auf dem Rückweg schien bereits wieder die Sonne. Am 30. und 31. Mai besuchten wir die griechische Hauptstadt Athen. Wegen der notorisch verstopften Straßen und des Mangels an Parkraum nahmen wir die U-Bahn, um das Stadtzentrum zu erreichen. Dort, im Herzen des antiken wie des modernen Athen, besuchten wir als Erstes die Athener Akropolis, die jeder Archäologiestudent kennen sollte. Dort erläuterte uns Frank Hulek die Propyläen, den Parthenon und das Erechtheion. Auf der Akropolis entstand auch das offizielle Exkursions-Gruppenfoto. Nach einer kurzen Mittagspause ging es dann in das großartige neue Akropolis Museum, wo Prof. Lohmann und Dr. Kreuz die Führung übernahmen. Auch einige Touristen gesellten sich spontan dazu. Der nächste Tag führte uns erneut ins hektische Athen. Wieder nahmen wir die U-Bahn, diesmal bis zur Athener Agora, dem politischen Zentrum der antiken Stadt. Johannes Gilhaus führte und beendete seinen Vortrag nach einem weiten Rundgang erst an der Stoa des Attalos, in der das Agora-Museum untergebracht ist. Der Nachmittag war dem Besuch des Kerameikos gewidmet, über den Mine Özkilinc referierte. Am Abend fuhren wir dann mit Gepäck weiter in den attischen Norden, nach Vilia, an die Grenze zum antiken Böotien und zur Megaris, wo wir in einem kleinen Hotel mit einzigartigem Ausblick auf die grüne Waldlandschaft des Kithairon Quartier bezogen.

Das Erechtheion auf der Akropolis
Abb. 04: Das Erechtheion auf der Akropolis.
© Foto: J. Gilhaus


Archäologie im Schatten einer Fabrik

Am 1. Juni 2012 wurden dann die attischen Grenzfestungen in den Blick genommen. Durch Gyphtokastro, Oinoe und Panakton führte Philip Ebeling. Danach wurden noch der Turm von Mazi und die Festung von Phyle besichtigt. Der 2. Juni brachte die Gruppe dann zuerst zum Mysterienheiligtum von Eleusis, das im Schatten einer Fabrik liegt, in der man aus der antiken Akropolis von Eleusis Zement gemacht hat. Hannah Kreibich erklärte die archäologisch teilweise sehr komplexe Situation. Am Nachmittag war es dann wieder Mine Özkilinc, die der Gruppe die Überreste der antiken Kleinfestungen von Plakoto und Palaiokastro am Nordwestrand der Thriasischen Ebene näherbrachte. Der letzte Tag der Exkursion führte uns noch in die Megaris. Zuerst wanderte die Gruppe durch die Vathychoria mit ihrer vermeintlichen ‚Road of Towers‘, die von Kevin Spathmann eingehend besprochen wurde. Dann ging es weiter nach Kato Alepochori, dem antiken Pagai, dessen Stadtmauer sich in einem desolaten Zustand befindet. Den Abschluss der Exkursion bildete der Besuch der Feste von Aigosthenai. Dort, wo die Festungsmauern im Golf von Korinth enden, nahmen wir ein wohlverdientes Bad im Meer und stärkten uns anschließend mit Fisch und Kalamares für die Heimreise.

Die Akropolis vom Aeropag gesehen
Abb. 05: Die Akropolis vom Aeropag gesehen.
© Foto: J. Gilhaus


Exkursion war voller Erfolg

Alles in allem kann man nur wiederholen, dass diese Exkursion für die Studierenden ein voller Erfolg war: Es wurde Wissen vermittelt, das nicht in Büchern zu finden ist; es wurde gegessen von Speisen, die zu Hause selten zu genießen sind; es wurde über Themen diskutiert, die im Seminar aus Zeitgründen nicht angeschnitten werden – und das alles in einer Atmosphäre und Landschaft wie es sie kein zweites mal gibt. Die Gelegenheit Attika zu erkunden wurde bestmöglich genutzt – wer hier nicht etwas gelernt hat, war auch nicht dabei! Auch das wurde klar: Es bleibt noch viel zu tun. Die Erforschung Attikas ist – trotz tiefgreifender moderner Zerstörungen– noch lange nicht abgeschlossen.