Rechtssoziologie - die Zukunftsdisziplin der Jurisprudenz

[Aus der Abschiedsvorlesung "Auflösung des Rechts" von Prof. Röhl am 31. Juli 2003 in Bochum, vollständig abgedruckt in: Festschrift Andreas Heldrich, C. H. Beck, München, 2005, S. 1161-1176)

Rechtssoziologie ist eine große Erfolgsgeschichte. Als ich 1975 nach Bochum berufen wurde, war der Lehrstuhl für Rechtssoziologie und Rechtsphilosophie noch nie besetzt gewesen. Das war noch in einer Zeit, in der viele, Akteure ebenso wie Beobachter, Soziologie mit Sozialismus verwechselten. Die Studentenbewegung, die 1968 ihren Höhepunkt erreicht hatte, war kaum abgeebbt. Die Soziologie war weitgehend vom Marxismus und der Frankfurter Schule geprägt. Ich selbst war damals zwar als Rechtssoziologe habilitiert, galt aber, wohl wegen meiner Vergangenheit als Richter und meiner aktuellen Tätigkeit als Chefsyndikus einer Versicherungsgruppe, als unverdächtig. Zudem verband sich mit meiner Person die Hoffnung, dass ich mich nicht auf die Rechtsoziologie kaprizieren, sondern mich auch oder gar in erster Linie dem Zivilrecht widmen würde.
Die Zeiten haben sich geändert. Inzwischen ist es nicht mehr Stigma, sondern viel eher eine Auszeichnung, wenn ein Jurist zugleich als Rechtssoziologe ausgewiesen ist. Anscheinend gibt es keine bessere Schlüsselqualifikation, um Richter am Bundesverfassungsgericht zu werden... [Lesen Sie weiter hier.]

Das Lehrbuch der Rechtssoziologie ist 1987 im Verlag Carl Heymanns erschienen. Nach bald zwanzig Jahren ist es mit einer einfachen Neubearbeitung nicht getan. Daher war eine grundlegend neue "Gesamtdarstellung der Rechtssoziologie" geplant und dafür im Dezember 2005 einen Drittmittelantrag bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft gestellt (hier als PdF). Die DFG hat den Antrag Ende August 2006 abgelehnt (Begründung hier). Ich will versuchen, nun jedenfalls eine Neuauflage der "Rechtssoziologie" vorzubereiten. Das wird zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen. Da das Buch ausverkauft ist, stelle ich bis dahin - mit freundlicher Genehmigung des Verlages - den alten Text zum Download bereit. Außerdem informieren die folgenden Seiten mit Nachträgen und Ergänzungen über den Stand der Neubearbeitung.