Molekulargenetische Diagnostik

GM2 Gangliosidosen: AB-Variante
OMIM: 272750 (GM2-Gangliosidosis, AB Variante), 272750 (GM2AP), 272800 (Tay Sachs), 606869 (HEXA), 26800 Sandhoff, 606873 (HEXB)

Hintergrund

Beim Morbus Tay Sachs (Engl. Tay Sachs disease [TSD) oder GM2-gangliosidosis) handelt es sich um eine angeborene Erkrankung aus der Gruppe der lysosomalen Speicherkrankheiten. Zum intrazellulären Abbau von GM2-Gangliosiden werden zwei Enzyme benötigt: Hexosaminidase A und B. Hexosaminidase A ist zusammengesetzt aus einer a-Untereinheit (kodiert vom HEXA-Gen) und einer ß-Untereinheit (kodiert vom HEXB-Gen), während die Hexosaminidase B aus zwei ß-Untereinheiten besteht. Mutationen im HEXA-Gen, die zum Verlust der Enzymaktivität der Hexosaminidase A führen, sind verantwortlich für die klassische Tay Sachs-Erkrankung, während M. Sandhoff durch Mutationen im HEXB-Gen, die zum Verlust der Enzymaktivität von Hexosaminidase A und B führen, verursacht wird. Mutationen im Gen, das für das GM2-Aktivatorprotein kodiert (GM2AP), liegen der sog. AB-Variante der Tay Sachs-Erkrankung zugrunde.

Bei der infantilen Form des M. Tay Sachs zeigen die betroffenen Kinder nach unauffälliger Neugeborenenperiode in der Regel ab dem 3.-5. Lebensmonat Entwicklungsverzögerung mit muskulärer Hypotonie, vermehrten Schreckreaktionen und Nichterreichen der motorischen Meilensteine. Im Verlauf werden Krampfanfälle, Makrocephalie, abnehmendes Sehvermögen bis zur Erblindung, fortschreitender Verlust der motorischen und geistigen Fähigkeiten und Demenz beobachtet. Ein typischer Befund bei der Untersuchung des Augenhintergrundes ist der sog. „kirschrote Fleck“ in der Retina, der sowohl bei M. Tay Sachs als auch bei M. Sandhoff beobachtet wird. Der Tod tritt meist zwischen dem 3.-5. Lebensjahr ein. Bei der juvenilen Verlaufsform werden die ersten Symptome zwischen dem 2.-5. Lebensjahr beobachtet. Der Verlust der motorischen und geistigen Fähigkeiten schreitet langsamer voran, und die Lebenserwartung liegt bei ?15-20 Jahren.
Die adulte Form ist durch variable neurologische Auffälligkeiten und psychiatrische Symptome gekennzeichnet, wobei Sehvermögen und Intelligenz in einigen Fällen unbeeinträchtigt sein können. Der Schweregrad und die Verlaufsform der Erkrankung sind eng mit der Restaktivität der Hexosaminidase A korreliert.

Bei klinischem Verdacht auf M. Tay Sachs oder M. Sandhoff kommt der Bestimmung der Enzymaktivitäten der Hexosaminidase A und B eine wichtige diagnostische Rolle zu. Diese Bestimmung ist in Serum, Leukozyten und Fibroblastenkulturen sowie ggf. aus CVS-Material und Amnionzellkulturen möglich. Fehlende oder stark verminderte Aktivität der Hexosaminidase A bei normaler Aktivität der Hexosaminidase B deutet auf M. Tay Sachs hin, während bei M. Sandhoff die Aktivität beider Enzyme fehlt bzw. deutlich vermindert ist. Bei der AB-Variante sind normale Enzymaktivitäten zu finden.

M. Tay-Sachs folgt einem autosomal-rezessiven Erbgang, d.h. die Eltern der Patienten sind in der Regel jeweils heterozygote Anlageträger, zeigen aber selbst keine Symptome. Das statistische Erkrankungsrisiko für jedes Kind solcher Paare beträgt 25 %. Die molekulargenetische Diagnose der AB-Variante der Tay Sachs-Erkrankung erfolgt durch direkte Sequenzanalyse der 4 Exons des GM2AP-Gens. Eine Unterscheidung der klinischen Verlaufsformen anhand des molekulargenetischen Befunds ist nicht möglich.

Erforderliches Probenmaterial

  • 5-10 ml EDTA-Blut (2 Proben)

EDTA-Blutproben für molekulargenetische Untersuchungen können in der Regel ungekühlt mit der Post verschickt werden.
Bitte beschriften Sie alle Probengefäße eindeutig mit Namen und Geburtsdatum des Patienten. Nicht eindeutig beschriftete Proben können nicht bearbeitet werden. Bitte benutzen Sie unsere Anforderungsscheine (incl. Patienteneinverständnis-Erklärung). Hier können alle erforderlichen Angaben zur Anforderung von Untersuchungen eingetragen werden.

Schriftliche Einwilligungserklärung gemäß GenDG ist erforderlich!

Bei humangenetischen Untersuchungen ist wichtig, ob es sich um eine diagnostische Abklärung bei einem Erkrankten oder um (prädiktive) Testung einer Risikoperson auf Anlageträgerschaft für eine in der Familie bekannte Mutation handelt. Bei prädiktiven genetischen Untersuchungen ist gemäß GenDG eine vorherige genetische Beratung verpflichtend gefordert.

Methode

Aus der Blutprobe wird genomische DNA isoliert und für die Mutationsanalyse die 4 Exons des GM2A-Gens (NM_000405) mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) amplifiziert und unter Einschluss der konservierten Exon/Intron-Grenzen direkt sequenziert. Zusätzlich kann ein - Duplikations- bzw. Deletions-screening mittels Multiplex ligation dependent probe amplification (MLPA) des GM2A-Gens (Sobek et al. 2012) durchgeführt werden.

Dauer der Untersuchung: bis zu 4 Wochen nach Probeneingang
Kosten: auf Anfrage

Weitere Informationen über GM2-Gangliosidosen:
http://home.arcor-online.de/bels/Tay-sachs.htm
http://www3.interscience.wiley.com/cgi-bin/fulltext/61501407/PDFSTART

Akkreditiertes Verfahren nach DIN EN ISO 15189:2014

 

Diagnostik

  • Dr. rer. nat. Gabriele Dekomien 
    Humangenetik
    Gebäude MA 5
    Ruhr-Universität
    Universitätsstraße 150
    44801 Bochum
    Germany

    Tel.: +49 (0)234/32-25764
    Fax: +49 (0)234/32-14196
    gabriele.dekomien@rub.de