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Iris Därmann (Berlin)
Sterben machen/Leben lassen. Parforcejagd und Ménagerie

Schon Jean-Jacques Rousseau betont in den luxuskritischen Passagen seiner Politischen Ökonomie , dass es in den Angelegenheiten höfischen Vergnügens auf Sichtbarkeit ankommt: Der einzige Zweck von Livrees, Kutschen, Spiegel, Lüster und Möbel, Höfe und Gärten, sei es, "in die Augen zu stechen" und gesehen zu werden. Darin ist ihm Thorstein Veblen in seiner Theorie der feinen Leute gefolgt, wenn er auf die "drastische Demonstration" des Müßiggangs und die "volle Sichtbarkeit" der Verausgabung von Gütern, Dienstleistungen und menschlichem Leben abhebt, um Distinktionsgewinne in Sachen Vornehmheit und Prestige zu erzielen. Michel Foucault wiederum führt die Souveränitätsmacht auf die alte patria potestas zurück: Sie erweist sich darin, dass sie als abschöpfende Macht über das absolute Recht verfügt, "sterben zu machen und leben zu lassen ", nicht zuletzt in einem für alle sichtbaren "Schreckenstheater" der Folter und Schauspiel der Gnade. Seit der Antike deckt sich die despotische Hausherrschaft in der Tat mit der absoluten Verfügung über die häuslichen Dinge, Tiere und Menschen. Inwieweit stellen gerade auch die Jagdpraxis par force de chien und die kostspielige Haltung exotischer Tiere, kurz: Parforcejagd und Ménagerie eine Demonstration der höfischen Hausherrschaft und des souveränen Rechtes dar, sterben zu machen und leben zu lassen?

Iris Därmann ist Professorin für Kulturwissenschaftliche Ästhetik am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin. Von 2009-2011 war sie Stiftungsprofessorin für Geschichte der Kulturtheorien am Exzellenzcluster Topoi. Sie studierte Philosophie, Soziologie und Sozialpsychologie an der Ruhr-Universität Bochum, wo sie 1993 als Stipendiatin des Graduiertenkollegs "Phänomenologie und Hermeneutik" promoviert wurde. Ihre venia legendi erhielt sie 2003 für die Fächer Philosophie und Kulturwissenschaft an der Universität Lüneburg. 2005 bis 2006 war sie Visiting Fellow am IFK Wien und Gastdozentin an der Leibnizpreis-Forschungsstelle "Kulturtheorie und Politische Theorie des Imaginären" der Universität Konstanz, von 2007-2008 Fellow am Kulturwissenschaftlichen Kolleg des Exzellenzclusters Kulturelle Grundlagen von Integration der Universität Konstanz. Von 2009 bis 2011 war sie Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Phänomenologische Forschung, im WS 2012/2013 Fellow am IKKM Weimar. Seit WS 2012/13 ist sie Sprecherin der Forschergruppe "Oikonomia/Ökonomie" im Exzellenzcluster Topoi, Teilprojektleiterin im SFB Transformationen der Antike sowie Mitglied der Forschergruppe "Piktogramme" im Exzellenzcluster Bild Wissen Gestaltung.
Monographien: Geschichte der Kulturtheorien. Hamburg: Junius 2011; Theorien der Gabe zur Einführung. Hamburg: Junius 2010; Figuren des Politischen. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2009; Fremde Monde der Vernunft: Die ethnologische Provokation der Philosophie [habilitation]. München: Fink 2005; Tod und Bild: Eine phänomenologische Mediengeschichte [dissertation]. München: Fink 1995.