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Martina Leeker (Lüneburg)
Theatre and Engineering 1966. "Art & Technology" im Dienste des Neoliberalismus

1966 kommt es in der Veranstaltung "9 Evenings. Theatre and Engineering" zu einer denkwürdigen Begegnung zwischen Vertretern der Neo-Avantgarde und Ingenieuren der Bell Telephone Laboratories. Sie treffen zusammen, um in einer riesigen alten Militärhalle in New York einen Raum zu installieren, in dem ein System des Signaltransports zwischen so unterschiedlichen Komponenten wie Video, Ton, menschliche Akteure, Zuschauer, Hall oder Licht erzeugt und gesteuert wird. Es entsteht eine ingenieursmäßig-kreativ verwaltete Agentur von Menschen und technischen Dingen, in der "Mensch" in eine sich selbst organisierende Umwelt integriert und zugleich als sich selbst illusionierender Super-Agent inszeniert wird. Während in diesem Vorgang technische Dinge und Systeme als Performende nobilitiert werden, werden die Degradierung des Menschen zum Datengeber in Zeiten des Systems Engineering sowie die Existenz unsichtbarer Kontrollinstanzen verdeckt.

Im Rahmen der Konferenz soll an dieser Begegnung diskutiert werden, ob und wie Kunst reflexiv auf die technische Umwelt reagiert. Ist sie deren kritischer Begleiter? Oder ist sie, in Anlehnung an McLuhans Diktum von der Kunst als Sonde und Traininglager für neue technische Environments, vielmehr in einer besonderen Weise Teil einer Gebrauchsgeschichte von Medien, die sie als Umwelt von Illusionierungen, Verdeckungen und Animismen konstituiert? Ausgehend von dieser Diskussion wird skizziert, was die Begegnung von Kunst und Systems Engineering in den 1960er Jahren über die Gouvernementalität des aktuellen Neoliberalismus aussagt, würde sie als dessen Vor-Geschichte angesehen werden müssen.

Martina Leeker, forscht derzeit an der Leuphana Universität Lüneburg im Center for Digital Cultures und ist dort assoziiert am Institut für Kultur und Ästhetik digitaler Medien (ICAM). Sie absolvierte ein Studium der Theaterwissenschaft, Philosophie und Germanistik in Berlin und Paris und erhielt eine Theaterausbildung in Paris bei Etienne Decroux und Jacques Lecoq. 2002 - 2010 war sie Juniorprofessorin für Theater und Medien an der Universität Bayreuth. Sie hatte Vertretungs- und Gastprofessuren inne: 2006 Bauhaus Universität Weimar (Künstliche Welten), 2012/13 Universität der Künste Berlin (Theaterpädagogik). 2011/12 war sie Research-Fellow bei Internationales Kolleg Morphomata. Genese, Dynamik und Medialität kultureller Figurationen an der Universität Köln (BMBF, Käte Hamburger Kollegs).
Publikationen sind (Auswahl): Mime, Mimesis und Technologie (München 1995); Maschinen, Medien, Performances. Theater an der Schnittstelle zu digitalen Welten (Hg.) (Berlin 2001); Tanz und Technologie. Auf dem Wege zu digitalen Inszenierungen Hg. Söke Dinkla, Martina Leeker, (Berlin 2002); McLuhan neu lesen. Kritische Analysen zu Medien und Kultur im 21. Jahrhundert , Hg. Derrick de Kerckhove, Martina Leeker, Kerstin Schmidt, (Bielefeld 2008). Aktuelle Aufsätze zu: Performance und Medien, Mimesis, Kritische Medientheorie sowie Kunst - Technik - Gouvernementalität.