KURZE GESCHICHTE SIBIRIENS

Sibirien bezeichnet im weiteren Sinn den asiatischen Teil Rußlands, zwischen dem Ural im Westen und dem Pazifischen Ozean im Osten. Im engeren Sinn ist damit das Territorium des Ende des 16. Jahrhunderts von Moskau eroberten Khanats Sibir gemeint, ohne die Großregion Ferner Osten. Die Initiative zur Eroberung Sibiriens ging zunächst nicht vom Moskauer Staat, sondern von der Nowgoroder Kaufmannsfamilie Stroganow aus.

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Überreste eines alten Wohnhauses in der alten Siedlung am Ufer der Indigirka

Sie organisierte die Kosakenexpedition von 1577-1585 unter Jermak Timofejew. 1581/82 eroberte dieser die Hauptstadt Sibir des westsibirischen Khanats am unteren Irtysch. Der Moskauer Staat sicherte sich in der Folgezeit das Territorium von Khan Kutschum durch die Errichtung zahlreicher Festungen: 1586 Tjumen, 1587 Tobolsk, 1604 Tomsk, 1632 Jakutsk, 1652/61 Irkutsk. In Form von Tributen und Zöllen partizipierte der Zar an einem Großteil des wirtschaftlichen Gewinns.

Nach der endgültigen Zerschlagung der Sibirischen Horde 1598 blieb der wichtigste Motor der im 17. Jahrhundert zunehmenden Expansion der Pelz, besonders Zobel. Den Kosaken folgend drangen Pelztierjäger und Händler über die sibirischen Flußsysteme weiter nach Osten vor.

Waren die Pelztiervorkommen einer Gegend erschöpft, zogen die Jäger weiter. So wurde das Land schrittweise erschlossen und mit einer Art Infrastruktur überzogen.

1639 erreichten Kosaken unter Ivan Moskwitin den Pazifik, wo 1648 der Hafen Ochotsk begründet wurde.Von dort aus zogen russische Abteilungen bis ins Amurbecken, wurden aber von den in China herrschenden Mandschus zurückgedrängt. 1643 wurde der Baikalsee erreicht. Die Auseinandersetzungen mit den Mandschus schlichtete 1689 der Vertrag von Nertschinsk, der bis ins 19. Jahrhundert die russisch - chinesische Grenze auf der Wasserscheide zwischen Lena und Amur festlegte.

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erstreckte sich die russische Expansion auf den äußersten Nordosten Eurasiens, auf die Halbinseln Tschukotka und Kamtschatka. 1728 schickte Peter II. den Dänen Vitus Bering auf eine Expeditionsreise zur weiteren Erforschung sibirischer Bodenschätze. Im 18. Jahrhundert wurde Sibirien auch Deportationskolonie für Verbrecher und politische Gefangene.

Bis Ende des 19. Jahrhunderts kolonisierten Läuflinge und Siedler aus übervölkerten Teilen Großrußlands und der Ukraine Sibirien. Die Hungersnot von 1891 und der Bau der Transsibirischen Eisenbahnlinie verstärkten weiteren Zulauf.

Unter der Sowjetmacht kam es in den 20er Jahren zu einer administrativ - territorialen Neuordnung. Sibirien wurde in eine Ost -, eine Westsibirische und die Fernöstliche Region (krai) aufgeteilt. 1922 wurden die Jakutische ASSR, 1923 die Burjat - Mongolische ASSR geschaffen. Die kleinen Völkerschaften wurden 1930 in Nationale Kreise (okrug) zusammengefaßt. In den 30er Jahren wurde Sibirien zur zweiten Basis der Schwerindustrie der SU. Wegen seiner ungeheureren Ressourcen im Hinblick auf Kapitalinvestitionen bevorzugt behandelt, konnte es aufgrund seiner klimatischen und infrastrukturellen Probleme bis heute nicht in dem Maße wie erhofft erschlossen werden.

Regina Kraus