GESCHICHTE DER REGION

Das Gebiet des mittleren Urals mit seinen Ausläufern, einst die Große Perm (Perm Welikaja) genannt, wurde zunächst von finno-ugrischen und türkischen Stämmen besiedelt. In der Zeit der Völkerwanderung gab es hier, an der geografischen Grenze zwischen Asien und 


Vor dem Museum in Motowilicha

Europa, eine vielfältige Migrationsbewegung. Die größte ethnische Gruppe auf diesem Territorium bildeten die Komi-Permjaken. Darüber hinaus lebten hier Mari, Mansen und Udmurten. Die in der Gegend siedelnden Turkstämme (Baschkiren, Tataren) waren im 10.-13. Jh. den Wolgabulgaren untertan. Später gehörten sie zum Reich der Goldenen Horde, dann zum Kasaner Khanat. Nach dem Fall Kasans im Jahre 1552 nahm die Besiedlung der Gegend durch russische Bauern sprunghaft zu. Sie begann im Gebiet der oberen Kama. Vorher, im 14. und 15. Jh., kamen nur vereinzelt Russen ins Land an der Kama.

1451 schickte der Moskauer Großfürst seinen ersten Statthalter nach Tscherdyn, der Hauptsiedlung der Komi-Permjaken. Danach begann die Christianisierung der ortsansässigen Bevölkerung. 1472 ließ Iwan III. einen Feldzug an die obere Kama durchführen und besiegelte damit die territorialen Ansprüche Moskaus.

Entscheidend für die Kolonialisation des Urals waren jedoch die Jahre 1558 und 1568, als Zar Iwan IV. (der Schreckliche) den Kaufleuten und Unternehmern G.F.Stroganow und Ja.A. Stroganow weite Gebiete an der Kama als Erbgut (Wotschina) überließ - mit dem Recht, hier Volk anzusiedeln, Städte und Dörfer zu errichten, Salz zu gewinnen und Bergbau zu betreiben. Im mittleren und nördlichen Teil des Urals siedelten sich vor allem freie Bauern aus Nordrußland an; in den Süden kamen vorrangig Menschen aus Mittelrußland. Es gab immer auch eine starke „innere" Migrationsbewegung. Der Höhepunkt der Siedlungsbewegung im Ural liegt zwischen der 2. Hälfte des 16. Jh. und dem Anfang des 18. Jh. Zu dieser Zeit entwickelte sich der mittlere Ural zum Umschlagplatz und Ausgangspunkt für die weitere Kolonialisation Sibiriens.

Bereits im 18. Jh. wurde der Ural auf Grund seiner reichen natürlichen Ressourcen zur größten Metallurgieregion Rußlands; seit Mitte des 18.Jh. arbeitete man auch für den Export. Eine Reihe von Fahrwegen verband die Zentren der Region untereinander und mit den zentralen Landesteilen, so der "Kasaner Trakt" von Kasan nach Perm. Bis heute am berühmtesten ist der sog. Sibirische Trakt. Er führte von Perm über Kungur und Krasnoufimsk nach Süden bis nach Jekaterinburg und Kamyschlow.

In den Salzsiedereien, Berg- und Hüttenwerken arbeiteten v.a. Bauern aus der Umgebung. Zu Beginn des 18. Jh. wurden die Bauern den Unternehmen „zugeschrieben" (vgl. die Bezeichnung „pripisnoe krestjanstwo"): aus freien Bauern wurden de facto leibeigene Arbeiter. Man zog sie zu Fabrikarbeiten und Dienstleistungen (Fuhrarbeiten, Holzbeschaffung), aber auch zur Errichtung neuer Fabriken und Bergwerke heran.

Administrativ gehörte das Gebiet am Oberlauf des Flusses Kama zunächst zum Gouvernement Tobolsk. 1775 entstand im Zuge der Verwaltungsreform unter Katarina II. ein selbständiges Gouverement Perm. Die alte Arbeitersiedlung Jegoschicha, an der Stelle gelegen, wo der gleichnamige Fluß in der Kama mündet, wurde umbenannt und zur Hauptstadt der Region ausgebaut. 1781 erhielt Perm volle Stadtrechte.

Im 19. Jh. entwickelte sich die Stadt nur sehr zögernd. Die Zahl der Einwohner stieg von 3.900 (1787) auf 7.385 (1835) und 12.439 im Jahre 1860. Erst um die Jahrhundertwende, als die große Industrialisierung des Landes anfing, beobachtete man einen sprunghaften Bevölkerungszuwachs. 1897 wurden 45.000 Einwohner gezählt, kurz vor dem Ersten Weltkrieg sogar 108.000. Mit der Anbindung des Nordurals an das Eisenbahnnetz (1906-1909) konnten neue Absatzmärkte erschlossen werden; die Region Perm erfuhr ihre größte Entwicklung. Unter der Sowjetherrschaft (besonders vor dem Zweiten Weltkrieg) wurde Perm zum Zentrum der Schwerindustrie im Westural, aber auch zu einem bedeutenden Verkehrsknotenpunkt. Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich das Bild des Nordurals nicht, obwohl neben den traditionellen Industriezweigen wie Steinkohlegewinnung und Stahlherstellung neue Wirtschaftsbereiche an Bedeutung gewannen, vor allem Chemie und Petrolchemie.

1863 wurde in der Nähe der Siedlung Motowilicha (heute ein Ortsteil von Perm) eine Kanonenfabrik errichtet, die später eine der größten Maschinenfabrik in der Region wurde. Heute gibt es auf dem Gelände der "Motowilichinskije savody" ein Miltärmuseum, das die Produktionsgeschichte der schweren Waffen (Kanonen, Panzer, Raketen) veranschaulicht.

Marion Krause, Michael Orawski