GESCHICHTE

Das Wort Kosake (kasak) kommt aus dem Turko-tatarischen und bedeutet "freier Mann, Krieger". Als Kosaken bezeichnete man seit dem 15. Jahrhundert Krieger, die vor der Steuerlast oder der Ausbreitung der Leibeigenschaftsordnung in die fruchtbaren Steppengebiete nördlich des Schwarzen


Kosakenverwaltung einer Staniza an der Medwediza

und Kaspischen Meeres geflohen waren. Sie setzten sich aus orthodoxen russischen und ukrainischen Bauern, aber auch anderen Ethnien zusammen. Gezwungen, sich den Bedingungen der Steppe anzupassen, fanden sie ein geeignetes Vorbild in den tatarischen Steppennomaden und Grenzkriegern ( Kriegstaktik, Kleidung, u.a.m.). Die Notwendigkeit der Grenzverteidigung führte zu einer Spezialisierung der vormals seßhaften Bauern und zur eigentlichen Bildung des Kosakentums.

Die ersten Kosakengemeinschaften entstanden im 16. Jahrhundert an den Flüssen Dnjepr, Don, Jaik (seit 1775 Ural) und Terek. Sie sicherten ihre Existenz mit Jagd, Fischfang, Raubzügen und Kleinkriegen gegen Türken und Tataren. Ihre Wohnstätten waren befestigte Lager, aus denen später die Kosakendörfer (staniza) hervorgingen. Seit dem 17. Jahrhundert wurden Kosaken auch in der Landwirtschaft und Viehzucht aktiv. Das Gleichheitsprinzip und die kosakische Selbstverwaltung betonten die Anti-Staatlichkeit des Kosakentums. Die Ring -Verfassung (krug), deren entscheidendes Gremium die Voll- bzw. Delegiertenversammlung war, die den Anführer (Ataman) wählte, zeigte demokratische Ansätze, repräsentierte aber letztlich eine patriarchalische Ordnung, die Frauen ganz und Männer unter 25 Jahren ausschloß. Der Mehrheit wurde der Willen der Kosakenobrigkeit (starschina) aufgezwungen. Die kosakische Selbstverwaltung funktionierte als Staat im Staat. Daher sind die bedeutendsten Aufstände des Russischen Reiches immer mit Kosaken verknüpft. Der Druck der Leibeigenschaft, Frondienste, Abgaben, brutale Rekrutierungen und Verfolgung Andersgläubiger ( Kosaken sahen sich immer als Verteidiger der Orthodoxie, bes. aber des Altgläubigentums) ließ immer mehr Menschen in den Kosakengemeinschaften Schutz suchen. Diese Unzufriedenen konnten leicht für Aufstände mobilisiert werden:

- 1648 antipolnischer Aufstand unter dem Hetman Bogdan Chmelnitzkij

- 1670 Aufstand von Stenka Rasin

- 1773 - 1775 Aufstand von Jemeljan Pugatschow.

Die berühmteste Kosakengemeinschaft war die sog. Saporoger Setsch (ukrainisch: Sitsch) am unteren Dnjepr. Unter Katharina der Großen wurde die Setsch abgeschafft und ihr Hetman im Solowjetzkij- Kloster eingekerkert (1764 Beseitigung des Hetmanats). Auf das scharfe Vorgehen gegen die Kosaken folgte ihre stärkere Einbindung in die zaristischen Grenztruppen. Im Nordkaukasus, in den Gebieten von Astrachan und Orenburg und in Teilen Sibiriens gründete die Regierung "eigene" Kosakengemeinschaften. Die Kosakenführer und auch die höheren Offiziere wurden nun vom Zaren oder dem Kriegsministerium ernannt. Durch Privilegien und Steuerfreiheit entstand unter den Kosaken eine landbesitzende Aristokratie. In den unteren Schichten setzte die sog. "Verbauerung" ein.

Die Donkosaken blieben im 19. Jahrhundert ein eigener Militärstand (Soslovie) mit einem ausgeprägten Identitätsbewußtsein und waren Anfang des 20. Jahrhunderts die wichtigste Kosakengemeinschaft. Sie stellten siebzehn der fünfunddreißig Kosakenregimenter in der kaiserlichen Armee. Dem Zaren treu ergeben wurden sie zu Stützen der staatlichen Ordnung und dazu benutzt, Arbeiterunruhen und politischen Aufruhr zu unterdrücken.

Nach der Oktoberrevolution bildeten sich kurzlebige Kosaken - Republiken, die ihre Autonomieansprüche nicht behaupten konnten. Im Laufe des Bürgerkriegs sind die meisten Kosaken von den Weißen zu den Roten übergelaufen. Viele flüchteten ins Ausland.

Die Zwangskollektivierung und "Entkulakisierung" der 30er Jahre betraf auch die vielen im Land gebliebenen Kosaken. Ihre Aufstände wurden blutig niedergeschlagen. Im Zweiten Weltkrieg unterstützte die mittlerweile veraltete Kosaken - Kavallerie die Rote Armee.

Seit den 1990er Jahren erlebte das Kosakentum in Verbindung mit dem neuen ukrainischen Nationalbewußtsein eine Wiedergeburt.

Regina Kraus