Bericht zum Workshop Heteronukleare Korrelationsexperimente zur Bestimmung von Atomabständen und lokalen Bindungsverhältnissen"

in Bochum vom 29. - 30. Juni 1998

Die guten Erfahrungen, die mit den einfachen Auswertungsmethoden im letzten Workshop gemacht wurden, sollten auch diese Veranstaltung maßgeblich prägen. 12 Teilnehmer aus Bochum, Münster, Mainz und Hannover, wovon einige neue Teilnehmer zur Stelle waren, fanden sich am Donnerstag morgen zur Theorieveranstaltung ein.

Die Kreuzpolarisation (CP) ist eine gängige Methode, die Anfang der 70er Jahre entwickelt wurde um Magnetisierung hauptsächlich von Protonen auf Kerne mit geringen natürlichen Häufigkeiten und gyromagnetischen Verhältnissen, vor allem 13C und 29Si, zu übertragen.

Ein interessanter Nebeneffekt ist, daß es im Prinzip möglich ist ,aus der heteronuklearen Dipol-Dipolwechselwirkung etwas über die Abstände von z.B. Silicum zu Protonen in Kaolinit herauszufinden. Dies wurde bereits von Pines, Gibby und Waugh theoretisch durchleuchtet und die Forscher stellten den Zusammenhang zwischen der Kreuzpolarisationsrate tCP-1 und dem heteronuklearem zweiten Moment her, in dem der Abstand reziprok zur sechsten Potenz eingeht.

Grübelnder Gesichter mit plötzlichem Aha-Effekt waren zu sehen, denn: da war doch schon im letzten Workshop etwas mit einem "zweitem Moment"! Gut das viele ihre Unterlagen vom letzten Mal mitgenommen hatten.

Als Grundlage für den Nachmittag diente eine Veröffentlichung japanischer Autoren in den Chemical Physics Letters, die experimentelle Untersuchungen an Kaolinit durchgeführt hatten. Während nun kontaktzeitabhängig die Intensität des {1H}29Si CPMAS NMR-Signals aufgenommen wurde, wartete die 10-köpfige Auswertecrew bereits ungeduldig auf die ersten Werte, Bleistift, halblogarithmisches Papier und Taschenrechner griffbereit. Sehr bald konnte festgestellt werden, daß nicht alles was geschrieben steht, auch richtig ist. Die in der Publikation enthaltenen und berechneten Werte konnten von keinem der Teilnehmer reproduziert werden. Manche waren sogar so im "Rechenfieber", daß selbst Kaffeepausen sie aus diesem fast tranceartigen Zustand nicht herausholen konnten. Andere Teilnehmer interessierte nebenbei natürlich das Fußball-WM Spiel, das auf dem Fernseher im Aufenthaltsraum lief. Die Einfachheit der Auswertung zeigte seine hervorragende Lehrwirkung: Selbst langjährig Promovierte, fast Promovierte und daran arbeitende Wissenschaftler konnten von einer Studentin noch eine ganze Menge über den Sinn und Zweck, halblogarithmischer Auftragungen erfahren. Dem Irrglauben, daß aufgrund einer logarithmischen Skala auch die Datenwerte logarithmisch sind konnte damit erfolgreich begegnet werden.

Viele der Teilnehmer übernachteten im schon fast legendären "NMR-Hotel" Schmidt-Berges und durch die alte, liebenswürdige Hotelbetreiberin fand man schon fast so etwas wie ein Stück Heimat vor, auch wenn es mit der Zimmervergabe manchmal etwas durcheinander geht ("Dann lege ich sie auf Zimmer 4, weil ja Herr Prof. Mustermann gern ein Zimmer mit Dusche und die Orgelbauer schon auf zwei sind....und wie war noch ihr werter Name?"). Lehrreiche Stunden kann man selbst noch morgens im Hotelzimmer haben. So prägte sich einem Teilnehmer besonders der "Rocket Chef" mit den sieben verschiedenen rostfreien Messer aus der "Commercial Presentation" eines Privatsenders ein und dieser bleibende Eindruck übte auf ihn auch über den Tag hinweg eine gewisse Faszination aus.

Der zweite Tag sollte der zweidimensionalen heteronuklearen Korrelation gehören, die I. Wolf (Bochum) den Teilnehmern erklärte. Das Experiment erfolgte nach dem Mittagessen am Schichtsilikat RUB-18, wobei während der Messung, die ca. anderthalb Stunden in Anspruch nahm, noch die letzten Berechnungen für die Abstandsermittlung vom Vortage getätigt werden konnten. Es war schon beeindruckend, wie gut die errechneten Abstände zwischen OH-Protonen und Siliciumatomen mit Daten aus Neutronenstreuexperimenten am Kaolinit übereinstimmten.
 
Michael Fechtelkord,
Hannover