Bericht zum Workshop "REDOR und TEDOR-Experimente zur Bestimmung atomarer Verknüpfungen zwischen Quadrupolkernen (27Al) und Spin ½-Kernen in Mineralen"

in Bochum vom 09. - 10. Oktober 2000

Der zweitägige Workshop stand in einem ständigen Wechsel von Theorie und praktischen Messungen, die an dem Bruker ASX 400 Festkörper-NMR-Spektrometer durchgeführt wurden. Am Montagvormittag begann der AK-Sprecher Michael Fechtelkord mit einer kurzen Einführung in die magnetischen dipolaren Wechselwirkungen zwischen einem zu beobachtenden Kern und der direkten Umgebung. Dabei wurden die 3 wichtigen Wechselwirkungsoperatoren in einem Spin-Echo-Experiment betrachtet:
- Kopplung von zwei gleichen Kernen (homonukleare dipolare Wechselwirkung)
- Kopplung zweier verschiedener Kerne (heteronukleare dipolare Wechselwirkung)
- chemische Verschiebung
Die unerwünschte Aufhebung der heteronuklearen Wechselwirkung führt zu einer neuen Meßtechnik, dem SEDOR-Experiment (Spin Echo Double Resonance), in dem die homonukleare und heteronukleare Wechselwirkung dephasiert. Beim SEDOR-Experiment handelt es sich um eine einfach zu realisierende Technik, die jedoch, da statisch gemessen, nur eine geringe Auflösung hat.
Eine Weiterentwicklung stellt das REDOR-Experiment (Rotational Echo Double Resonance) dar. Eine hohe Auflösung der Signale wird hier durch MAS erreicht. Gelingt es, rotationssynchron zu pulsen, können die Wechselwirkungen betrachtet werden. Jedoch ist die Dephasierung durch 180° Pulse bei Quadrupolkernen nicht quantitativ möglich, da keine vollständige Umkehr der Spin-Population erreicht wird. Dieses gelingt auch in keiner der weiteren Meßmethoden, die in diesem Workshop vorgestellt wurden. So kann zwar im TEDOR-Experiment (Transferred Echo Double Resonance) der direkte Aufbau der heteronuklearen Wechselwirkungen beobachtet, jedoch kein vollständiger Magnetisierungstransfer zwischen dem beobachteten (z.B. 27Al) und dem ent-kop-pelten Kern (z.B. 1H) erreicht werden.
Die Messung von Quadrupolkernen mit der TRAPDOR (Transfer of Populations by Double Resonance) oder der REAPDOR (Rotational-Echo Adiabatic Passage Double Resonance)-Technik wurde kurz angesprochen. Zum Abschluß des Vormittages wurde ausführlich auf die Justierung und Einstellung eines REDOR-Experimentes eingegangen und eine {1H}-> 27Al REDOR-Messung am Eastonit (Phlogopit) gestartet.
Nach der Mittagspause übernahm Ingo Wolf, der stellvertretende AK-Sprecher, den Theorieteil. Zuerst wurde auf Wunsch der Teilnehmer mit einer Vorstellrunde begonnen, in der jeder Teilnehmer auch über seine bisherigen NMR-Kenntnisse berichtete und die Intention, an diesem Workshop teilzunehmen. Es zeigte sich, daß ein breites Spektrum vorlag, Anfänger wie Experten aus den Geowissenschaften, der Chemie und der Physik waren anwesend. Im Theorieteil ging dann Ingo Wolf ausführlich auf die dipolaren Wechselwirkungen unter MAS ein. Für isolierte Spinpaare (die bei Messungen in den seltensten Fällen tatsächlich vorliegen) wurde ein analytischer Lösungsweg (Besselfunktion) aufgezeigt. Die Kopplung des beobachteten Spins zu mehr als einem benachbarten Spin (Drei- und Multispinsysteme, Bedingungen im Pulver) erfordert jedoch eine numerische Lösung.
Diese kann z.B. mit dem SIMPSON Simulationsprogramm erarbeitet werden, daß im Anschluß vorgestellt (das neuste Manual an die Teilnehmer ausgegeben) wurde. Es wurden die numerischen Ansätze des Programms kurz angesprochen und der Programmablauf und die Möglichkeiten der Bearbeitung aufgezeigt. Das ausgewertete REDOR-Experiment wurde dann mit dem SIMPSON Simulationsprogramm verglichen. Leider standen für die 12 Teilnehmer nur 2-3 Rechner zur Vefügung. Es konnte dann nach eini-gen Schwierigkeiten die Messung am Eastonit simuliert werden.
Abends traf man sich im „Summa cum laude" zum Kegeln und konnte mit Hilfe der am ersten Tag gewonnenen Kenntnisse ein optimales Puls-Programm für die Kegelbahn erstellen .
Am nächsten Tag berichtete Ingo Wolf über die Kreuzpolarisation und die Methode des Spin-Locking. Hier wird während der Datenaufnahme eines NMR-Experimentes die Resonanzfrequenz der zu entkoppelnden Kernart eingestrahlt. Dies kann zu einer Verschmälerung der Spektrallinien führen, wenn diese durch dipolare Wechselwirkungen verbreitert sind. In der Mittagspause wurde ein kontaktzeitabhängiges {1H}-> 27Al CPMAS Experiment am Kaolinit gemessen.
Der Nachmittag diente der Diskussion und dem Vergleich der in diesem Workshop vorgestellten Methoden unter der Leitung von Michael Fechtelkord. Dabei wurden die Vor- und Nachteile der einzelnen Methoden gegenübergestellt und mit eigenen Erfahrungen, auch von Seiten der Teilnehmer, verglichen. Die Vorstellung von neuster Literatur wurde sehr positiv aufgenommen, insbesondere auch der per e-mail übersandte Übersichtsartikel. Der weitere Nachmittag stand für die Auswertung der REDOR- und der CPMAS-Messung zur Verfügung. An dieser Stelle wäre eine bessere Koordination wünschenswert gewesen.
Abschließend kann gesagt werden, daß die nun seit 3 Jahren von Michael Fechtelkord und Ingo Wolf organisierten Workshops empfehlenswert sind, auch weil die Mischung aus Theorie und Praxis recht gut dosiert ist.

Simone Elsanowski,
Berlin

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