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1 Die Moose (Bryophyta)

1.1 Allgemeine Übersicht

Die Moose sind durchweg kleine bis sehr kleine Pflanzen (wenig mm bis einige cm groß). Nur wenige Arten sind sekundär wieder zum Wasserleben (z.B. Fontinalis) übergegangen, die überwiegende Mehrheit ist landlebend. Feuchte Lebensräume zeigen die größte Artenvielfalt, aber auch an zeitweise sehr trockenen Standorten kommen Moose vor. Phasen der Trockenheit werden dabei praktisch ohne meßbare Stoffwechselaktivität und weitestgehend dehydriert in einem Zustand überdauert, der gerne „latentes Leben" genannt wird.

Bei allen Moosen repräsentiert der Gametophyt die langlebige und von der Biomasse her überwiegende Phase des Generationswechsels. Der Sporophyt besteht immer nur aus einem einzigen, meist deutlich gestielten Sporangium (Sporenkapsel) und stirbt nach der Reifung der darin gebildeten Sporen ab. Die Differenzierung des Sporophyten beschränkt sich im Wesentlichen auf eine manchmal komplizierte histologische Differenzierung der Sporenkapsel. Die Kapsel weist meist einen deutlichen Stiel auf, der immer ein glatter Träger (Sporangiophor) ohne äußere Differenzierung und niemals mit Blättern oder Haaren besetzt ist. Fast immer wird der Kapselstiel vom Sporophyten gebildet (Seta), nur in Ausnahmefällen wird er vom Gametophyten gebildet (Pseudopodium bei Klaff- und Torfmoosen). Der kurzlebige Sporophyt bleibt zeitlebens in Verbindung (1) mit dem Gametophyten und wird im Gegensatz zu den Verhältnissen bei Farnen niemals eine vom Gametophyten unabhängige Pflanze.

Die Moose sind in der Regel isospor. Nur bei wenigen Laubmoosen (z.B. Macromitrium, Orthotrichum) kommt Anisosporie (2) vor. Eine sexuelle Differenzierung in morphologisch gleichgestaltete männliche und weibliche Sporen aus denen männliche und weibliche Moospflanzen (Gametophyten) hervorgehen ist dagegen häufiger (z.B. Polytrichum, Marchantia).Werden verschiedene Sporen gebildet, so gehen aus einer Meiose zwei weibliche und zwei männliche Sporen hervor, die Differenzierung erfolgt durch Geschlechtschromosomen.

Während sich die systematische Gliederung in besonderem Maß auf die meist nicht das ganze Jahr über anzutreffenden Sporophyten stützt, ist für das Erkennen und Bestimmen der Moose vor allem die Morphologie des Gametophyten wesentlich. Es gibt sowohl thallöse als auch beblätterte Moose. Thalli können einschichtig oder vielschichtig (Gewebethallus) sein. Moosblättchen sind mit Ausnahme der Blattbasis und der gelegentlich auftretenden Mittelrippe immer einschichtig. Zwischen den Blättchen können am Stengel der Laubmoose sog. Paraphyllien stehen. Paraphyllien sind einzellreihige Haare oder mehrzellreihige flächige Gebilde, die im Gegensatz zu Rhizoiden Chloroplasten enthalten. Manchmal sehen die Blattbüschel reduzierter Seitentriebe ähnlich wie Paraphyllien aus, sie werden dann Pseudoparaphyllien genannt. Die Verankerung am Substrat erfolgt durch epidermale Haare, die Rhizoide genannt werden. Die Rhizoide sind mehrzellig (Laubmoose) und haben dann charakteristische, schief gestellte Zellwände, oder sie sind einzellig (3) (Lebermoose). Bei Lebermoosen können die Rhizoide auf der Innenseite zapfenartige Wandverstärkungen aufweisen. Echte Wurzeln kommen bei Moosen niemals vor. Der Gametophyt ist ausdauernd und kann über viele Jahre hinweg immer wieder Gametangien ausbilden und Sporophyten tragen.

Zahlreiche Moose sind in der Lage, aus kleinsten Bruchstücken zu regenerieren. Manche Arten bilden dazu leicht abbrechende Brutknospen , andere kugelige Ausbreitungseinheiten (Brutkörper, Gemmen). Neben der exogenen Bildung von Brutkörpern kommt (nur bei Lebermoosen) eine endogene Bildung solcher Vermehrungseinheiten vor. Sie gleicht der Sporenbildung insofern, als der Zellinhalt bei der Bildung der 1-4 Ausbreitungseinheiten aufgebraucht und wird und bei der Ausbreitung die leere Zellwand zurückbleibt. Von Sporen oder Konidien unterscheiden sich solche Ausbreitungseinheiten vor allem dadurch, daß sie keine Ruhe- oder Dauerstadien darstellen. Sie wachsen oft direkt auf der Mutterpflanze weiter und werden dann an einer Pflanze in ganz unterschiedlicher Größe freigesetzt.

Es gibt Blütenpflanzen, die vegetativ Moosen auf den ersten Blick sehr ähnlich sein können. Das sind z.B. kleinblättrige Polsterpflanzen, und eine Art (Mayaca sellowiana) trägt sogar in ihrer Heimat (Südbrasilien) den Namen „Moos mit Blüten". Moose haben im Gegensatz zu moosähnlichen Blütenpflanzen niemals aus Geweben aufgebaute Wurzeln sondern nur fädige Rhizoide. Im Gametophyten kommt zwar eine Differenzierung in verschiedene Zellen und Gewebe vor, es finden sich aber niemals Leitbündel mit Wasserleitelementen (Tracheen, Tracheiden). Typische Wasserleitelemente treten selten und als isolierte Zellen nur im Sporophyten auf. Spaltöffnungen oder ähnliche Strukturen finden sich nur an der Sporenkapsel oder auf dem Thallus mancher thallöser Lebermose, niemals aber auf den Blättchen beblätterter Moose. Diese Blättchen sind bis auf die (manchmal fehlende) Mittelrippe einschichtig. Eine Spaltöffnung wäre hier sinnlos und würde nicht wie bei höheren Pflanzen in eine Atemhöhle führen, sondern einfach auf die andere Seite des Blättchens.

 

1.2 Der Generationswechsel der Moose

Die Spore eines Mooses keimt zunächst mit einem (4) Faden aus. Dieser Faden kann sich verzweigen und wird Protonema (5) genannt. Nach einiger Zeit bildet eine oder mehrere Fadenspitzen eine dreischneidige Scheitelzelle (6) aus und gehen zur Bildung einer beblätterten Moospflanze über. Nach einiger Zeit bildet die Moospflanze am Gipfel der Sprösschen (gipfelfrüchtige Moose) oder an der Spitze kurzer basaler Seitentreibe (seitenfrüchtige Moose) männliche und weibliche Gametangien aus. Männliche und weibliche Gametangien können auf einer Pflanze vorkommen (monözische Moose) oder auf verschiedene Individuen verteilt sein (diözische Moose). Bei den monözischen Moosen kann weiter unterschieden werden, wie die Gametangien auf der Pflanze verteilt sind (Abb.Geschlechterverteilung).

Die weiblichen Gametangien enthalten nur einen einzigen Gameten, die Eizelle. Ein solches Gametangium nennt man bei niederen Pflanzen Oogonium. Bei Moosen und Farnen wird es aus historischen Gründen Archegonium (7) genannt. Das Archegonium hat eine Wand aus einer Zellschicht. Es besteht aus einem die Eizelle umschließenden Bauch und einem kaminartigen Hals. Der Hals umschließt eine einzige Zellreihe, die sog. Halskanalzellen. Zwischen den Halskanalzellen und der Eizelle liegt eine größere Zelle, die Bauchkanalzelle. Wenn sich das Archegonium öffnet, verschleimen Bauchkanal- und Halszellen, so daß die Spermatozoiden zur Eizelle schwimmen können.

Durch Befruchtung entsteht aus der Eizelle die Zygote, die sich unter Zellteilungen zum Sporophyten weiter entwickelt. Zunächst folgt die Wand des Archegoniums diesem Wachstum. Wenn aber das Wachstum des Kapselstiels (Seta) einsetzt, wird die Archegonienwand an der Basis abgerissen und als Haube (Calyptra) auf der Kapsel emporgehoben. Bei der Kapselentwicklung gibt es eine festgelegte Teilungsfolge. Die Spitzenzelle des Sporophyten teilt sich zunächst in vier Quadranten, dann wird jeder Quadrant in eine inner und eine äußere Zelle unterteilt. Die äußere Schicht bildet als Amphithecium die spätere Kapselwand, die inneren Zellen als Endothecium (8) sowohl die sporenbildende Schicht (Archespor) als auch die sterile zentrale Säule (Columella). Das Amphithecium differenziert sich im Spitzenbereich der Kapsel in die für die einzelnen Moosgruppen typischen Öffnungsstrukturen.

Die Antheridien haben ebenfalls eine Wandung aus einer Zellschicht. Die zahlreichen Zellen innerhalb dieser Wand sind die spermatogenen Zellen. Jede von ihnen bildet zwei Spermatozoide, die unter Auflösung der Zellwände im Innenraum und durch Öffnung der Hülle an der Spitze freigesetzt werden. Die Spermatozoide gelangen durch chemotaktische Anlockung (sog. Gamone) zu den Archegonien. Größere Strecken können überwunden werden, indem die Spermatozoide durch auftreffende Wassertropfen weggeschleudert werden. Diese „Spritzver breitung" wird bei manchen Arten durch eine becherartige Hülle („Perianth"; nicht zu verwechseln mit dem Perianth der Blütenpflanzen!) um die Antheridienstände begünstigt. Damit die Spermatozoide die an der Spitze der Moossprösschen liegenden Archegonien erreichen können, muß dieses vollständig mit Wasser bedeckt sein. Diese Wasserbedeckung liegt meist in Form von Kapillarwasser zwischen Stämmchen und den Basen der Blättchen vor. Diese „äußere Wasserleitung" macht eine innere Wasserleitung weitgehend überflüssig. Hochentwickelte Wasserleitstrukturen wie Phloem oder Xylem fehlen den Moosen daher.

 

1.3 Die Hauptgruppen der Moose

1.3.1 Laubmoose (Bryopsida)

1.3.1.1 Bryidae

Die bekannteste und größte Gruppe der Moose sind die Laubmoose s.str. (9) (Bryidae). Für die systematische Gliederung ist vor allem die Morphologie der Kapsel und hier insbesondere die Öffnung der Kapsel wesentlich. Dieses Peristom liegt unter einem Deckel und ist aus zahlreichen Zähnen gebildet. Bei den Verwandten des Frauenhaarmooses (Polytrichum, Polytrichales) sind diese Zähne aus Zellen aufgebaut (siehe schematischer Querschnitt ). Bei den anderen Laubmoosen bestehen diese Zähne nicht aus zahlreichen ganzen Zellen, sondern um die verdickten Wände zwischen zwei benachbarten Zellreihen. Die Zellen selbst zerreißen dabei (schematischer Querschnitt). Solche nur aus Zellwänden bestehenden Zähne können in zwei Reihen oder in einer Reihe stehen. Man spricht dann von einem doppelten oder von einem einfachen Peristom.

In der Mitte der Kapsel steht eine sterile Säule, die Columella. Die Zellen um diese Säule herum machen alle eine Meiose durch und werden alle zu Sporen. Sterile Zellen zwischen den Sporen wie bei den Lebermoosen kommen bei den Laubmoosen nicht vor. Der Sporophyt ist ein typisches Einwegprodukt und stirbt nach der Reife der Sporen ab. Er ist aber relativ derb und haltbar und man kann deswegen die Kapseln bei vielen Arten das ganze Jahr hindurch finden.

Bei der Bestimmungsarbeit spielt oft auch die Frage nach der Anzahl der Peristomzähne eine Rolle. Hierzu ist es wichtig, sich klar zu machen, daß die Kapsel durch eine regelmäßige Abfolge von Teilungen gebildet wird. In dieser Abfolge werden in der Schicht, die das Peristom bildet zuerst 2, dann 4, 8, 16, 32 oder 64 Zellen gebildet und auch entsprechend viele Zähne. In Ausnahmefällen können aus jeder Zelle können auch mehrere Zähne hervorgehen. Das bedeutet aber, daß eine zusätzliche Teilung der Zellen oder eine weitere Aufspaltung der Zähne eine Verdoppelung der Zahl der Zähne bedeutet. Wird also in einem Bestimmungsschlüssel gefragt „32 Persistomzähne oder mehr" mit der alternative „weniger Peristomzähne", so ist gemeint „16 oder noch weniger". Das macht die leidige Zählerei viel einfacher, den es interessiert überhaupt nicht, ob das Ergebnis 30 oder 34 ist, sondern nur ob es die eine oder die andere Zahl aus der Reihe 2x ist.

Wegen der Entstehung aus Segmenten der dreischneidigen Scheitelzelle werden die Blättchen der Laubmoose zwar zunächst in drei Zeilen angelegt, sie gelangen aber rasch in eine zerstreute Position. Die Laubmoose können eine echte Mittelrippe (mehrere Zellschichten) haben, es gibt jedoch auch Arten ohne Mittelrippe. Vereinzelt kann die Mittelrippe sehr breit sein und den größten Teil des Blattquerschnittes einnehmen (Polytrichum (10)).

 

1.3.1.2 Sphagnidae (Torfmoose) und Andeaeidae (Klaffmoose)

Zu den Laubmoosen im weiteren Sinn werden die Torfmoose (Spahgnidae) und die Klaffmoose (Andreaeidae) gerechnet. Den Torfmoosen und den Klaffmoosen gemeinsam ist, daß der Stiel der Sporenkapsel vom Gametophyten gebildet wird (Schemazeichnung). Er wird Pseudopodium genannt und damit auch begrifflich von der zum Sporphyten gehörenden Seta der Bryidae unterschieden.

Die Torfmoose umfassen nur die einzige, weltweit verbreitete Gattung Sphagnum (Torfmoos). Die Torfmoose sind charakteristisch für Torfmoore, kommen aber auch an anderen feuchte und nährstoffarmen Stellen vor. In perhumiden tropischen Gebieten kann man sie sogar als Polster auf blankem Fels finden. Der Sproß der Torfmoose zeigt eine charakteristische Verzweigung in ein Stämmchen und zahlreiche wagerecht abstehende Ästchen, die beide kleine Blättchen tragen. Die einschichtigen und stets nevenlosen Blättchen der Torfmoose sind aus einem Netz lebender, grüner Zellen (Chlorocyten) und von diesen umgebenen abgestorbenen Zellen (Hyalocyten) umgeben. Die Hyalocyten weisen eine oder mehrere Poren nach außen auf. Die Hyalocaten sind dafür verantwortlich, daß Torfmoose wie ein Schwamm enorme Mengen Wasser speichern können.

Die subarktischen Moore wachsen nur sehr langsam. Da aber in Torfmooren praktisch keinerlei Remineralisierung stattfindet, sind Torfmoore trotzdem ein wichtiges Sink für CO2. Die aus Torfmoosen im Lauf von Jahrhunderten entstehenden Torfe sind wichtige Substrate für den industrialisierten Gartenbau, unter anderem weil Torf praktisch keimfrei ist und die daraus hergestellten Substrate nicht sterilisiert werden müssen. Unter den heutigen klimatischen Bedingungen regenerieren abgetorfte Hochmoore in Deutschland praktisch nicht. Die Nutzung geht daher in unserem Gebiet mit einem endgültigen Verlust dieser Biotope einher.

Die Klaffmoose haben ihren Namen von der mit vier Spalten öffnenden Kapsel. Die wichtigste Art (Andrea petrophila) wächst auf Silikatfelsen. Bei den Klaffmoosen entsteht aus der Spore nicht wie bei den Bryidae ein Zellfaden, sondern ein mehrzelliger Körper. Erst aus diesem wächst dann ein Faden heraus, der aber rasch wieder zu thallöser Organisation übergeht. Auf diesem verzweigten Thallus entstehen dann neben eigenartigen sog. Thallusblättchen auch typische Moospflänzchen.

 

1.3.2 Die Lebermoose (Marchantiopsida)

Die Lebermoose weisen eine mit (meist) vier Klappen öffnende Kapsel auf. Es bildet sich keine einheitliche Sporenmasse aus, sondern zwischen den Zellen, die eine Meiose durchlaufen, bleiben zahlreiche Zellen vegetativ und bilden langgestreckte sog. Elateren. Im mikroskopischen Bild fallen die Elateren durch ihre spiraligen Wandverstärkungen auf. Die Anzahl der Spiralen ist variabel und artspezifisch. Oft bleiben vor allem an den Spitzen der Klappen Elateren mit der Kapselwand verbunden. Die Elateren bilden auf der geöffneten Kapsel eine watteartige Struktur, die mit den Sporen eingepudert zu sein scheint. Auf diese Weise fallen nicht sofort alle Sporen heraus, sondern werden im losen Geflecht der Elateren für die Ausbreitung durch den Wind exponiert. Bei manchen Arten bleiben Elateren in je einem kleinen Büscheln an der Spitze der vier Klappen stehen, bei anderen bleibt ein einziges Büschel in der Mitte am Kapselboden zurück. Im Gegensatz zu den gelben oder braunen Sporen der Laubmoose und Farne sind die Sporen der Lebermoose vielfach grün. Der Sporophyt ist sehr kurzlebig und meist wenige Tage nach dem Öffnen der Sporenkapsel schon wieder verschwunden. Man findet die Sporophyten deswegen viel seltener aus bei den Laubmoosen. An der Basis ist der Sporophyt außer von der Archegonienwand noch von einer zweiten, meist etwas blasig aufgetriebenen Hülle umgheben, dem sog. Perichaetium. Anatomisch sind die Lebermoose durch das Auftreten von Ölkörpern in den Zellen gekennzeichnet. Diese Ölkörper kommen einzeln oder zu mehreren in einzelnen Zellen des Thallus vor und sind von einer Membran umgeben, so daß sie richtiger als Ölvakuolen anzusprechen wären.

Bei den Lebermoosen gibt es sowohl beblätterte als auch thallöse Formen. Die beblätterten Lebermoose weisen normalerweise eine dreizeilige Beblätterung auf. Es tritt jedoch praktisch immer ein auffallender Dimorphismus der Blätter auf, der in Zusammenhang mit der plagiotropen Wuchsform gesehen werden muß. Der aufrechte Sproß der (hypothetischen) Ausgangspflanze legt sich dabei immer so auf das Substrat, daß eine Blattzeile dem Substrat zugewendet ist und zwei Reihen vom Substrat abgewendet sind.

Die dem Substrat zugewendete Blattzeile (Unterblätter (11), Bauchblätter, Amphigastrien) ist mehr oder weniger stark reduziert, ausnahmsweise kann sie sogar ganz fehlen. Wenden die seitlichen Blätter ihre Oberseite nach unten zum Substrat hin, dann ist der zur Sproßspitze hin zeigende Blattrand sichtbar. Diese Art der Beblätterung wird oberschlächtig genannt. Weisen die Blättchen die morphologische Oberseite vom Substrat weg nach oben, dann taucht der zur Spitze weisende Blattrand unter das nächste distale Blatt. Diese Beblätterung wird unterschlächtig genannt.

Bei vielen Lebermoosen sind die Seitenblätter gefaltet. Man unterscheidet dann einen dem Substrat zugewendeten Unterlappen und einen vom Substrat weg gewendeten Oberlappen. Ober- und Unterlappen können morphologische sehr verschieden gestalten sein. Es gibt Arten bei denen der Oberlappen größer ist als der Unterlappen. In diesem Fall kann der Unterlappen zu einer Art Wassersack umgebildet sein (Frullania). Es gibt aber auch Arten, bei denen der Unterlappen größer ist, so daß von der Oberseite her beide zu sehen sind und der Eindruck einer Verdoppelung der Blattzeilen entsteht. Manche Lebermoose können zusätzlich rhizomartige Stolonen mit meist reduzierter Beblätterung entwickeln.

Bei den thallösen Lebermosen finden sich solche mit einfach gebauten, einschichtigen Thalli und solche mit hoch differenzierten mehrschichtigen Thalli. Auf der Unterseite der Thalli finden sich Rhizoide, deren Innenwand entweder glatt oder mit vorspringenden Zäpfchen versehen sein kann (Zäpfchenrhizoide). Außerdem findet man vor allem im Bereich der Mittelrippe sogenannte Bauchschuppen. Diese Bauchschuppen sind flächig, quergestellt, stets einschichtig und chlorophyllfrei. Sie treten in zwei Längsreihen entlang der Thallusmitte bzw. der Mittelrippe auf.

 

1Die vielfach verwendete Formulierung, der Sporophyt „parasitiere" auf dem Gametophyten ist absurd. Unter Parasitismus versteht man eine Beziehung zwischen verschiedenen Arten, aber nicht die Beziehung zwischen aufeinanderfolgenden Generationen oder Phasen des Generationswechsels einer Art.

2Gelegentlich wird der geringe Größenunterschied auch ausreichend für die Bezeichnung als Heterosporie betrachtet. Wegen ihrer Bildungsweise sind beide Sporentypen in gleicher Menge in einem einzigen Sporangium vorhanden. In anderen Gruppen (manche Farnpflanzen, Samenpflanzen) werden die weiblichen Makrosporen und die männlichen Mikrosporen in verschiedenen Sporangien gebildet!

3Die einem Lebermoos manchmal sehr ähnlichen Prothallien der Farne tragen mehrzellige Rhizoide. Bei der (beblätterten) Lebermoosgattung Schistochila treten mehrzellige Rhizoide auf, bei denen die Mehrzelligkeit aber auf einen verdicken bis Blumenkohlartig aufgeteilten Endabschnitt des sonst einzelligen Rhizoids beschränkt ist.

4In seltenen Fällen kommt wohl auch eine Keimung mit 2-4 Fäden vor. Das ist eigentlich nur denkbar, wenn bereits in der Spore eine Teilung in mehrere Zellen oder wenigstens mehrere Kerne vorgelegen hat. Ob der Faden oder der Zellhaufen die plesiomorphe Situation darstellt, ist schwierig. Im Allgemeinen legt man sich auf den Faden als ursprüngliche Form fest, wohl mit dem merkmalsphylogentischen Konzept, die trichale Organisation sei nach der einzelligen (monadalen, capsalen oder coccalen) die ursprünglichste.

5proto- gr. zuerst; nema gr. Faden;

6Die Richtung der schräg eingezogenen Teilungswand wechselt bei den aufeinanderfolgenden Teilungen der Scheitelzelle um 1200, daß die Abkömmlinge der Scheitelzelle in drei Reihen angeordnet sind.

7Dillenius (1741) und Linné verglichen die Mooskapsel mit der Anthere der Blütenpflanzen. Später wurde sie von dem bedeutenden Moosforscher Hedwig mit der die Samen enthaltenden Frucht der Blütenpflanzen verglichen. Das Archegonium, aus dem die Samenkapsel hervorgeht, nannte er „Pistillidium". Das männliche Organ nannte er entsprechend „Antheridium" und homologisierte es mit der Anthere der Blütenpflanzen. Bischoff glaubte ebenfalls, daß das ganze Archegonium zur Sporenkapsel wird und nannte es „Archegonium" (= „Vorfrucht" oder „zur Frucht werdendes"). Die auf falschen Homologisierungen basierenden Begriffe erhielten sich, als W. Hoffmeister 1851 den Generationswechsel der Moose und Farne endgültig aufgeklärt hatte.

8Bei den Samenpflanzen bezeichnet der Begriff „Endothecium" die für die Antherenöffnung vertantwortliche subepidermale Schicht in den Theken der Staubgefäße von Angiospermen. Ist die für die Öffnung der Antheren verantwortliche Schicht die Epidermis wie bei den Gymnospermen, heißt diese „Exothecium".

9Ohne Klaff- und Torfmoose

10Bei Polytrichum trägt die Mittelrippe lamellenartige Assimilatoren. Wer nur Polytrichumg gesehen hat, kann nicht verstehen, wie man auf die Idee kommen kann hier die Beschreibung zu verwenden „Mittelrippe die gesamte Blattbreite einnehmend" und zugleich an der Einschichtigkeit des Moosblattes fest zu halten. Nur im Vergleich zu verwandten Arten wie Atrichum ist dies leicht einsichtig. Auch wenn Polytrichum leicht zu kennen und zu finden ist, sollte Polytrichum deswegen nicht als einziges Beispiel für die Moose (z.B. im Schulunterricht) verwendet werden!

11Bei den Blütenpflanzen wird mit dem Terminus „Unterblatt" der basale, die Nebenblätter tragende Teil des Blattes bezeichnet und gegen das aus Blattstiel und Blattspreite bestehende „Oberblatt" abgegrenzt. Das Unterblatt der Lebermoose ist also etwas ganz anderes als das Unterblatt der Angiospermen!