Prospektionen und Siedlungsarchäologie in Westfalen

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Eine Landschaft wie Westfalen ist durch zahlreiche naturräumliche Gegebenheiten geprägt, die das Auffinden und die Erhaltung von Fundstellen in unterschiedlicher Weise beeinflusst. Das Fach Ur- und Frühgeschichte beschäftigt sich schon seit längerer Zeit mit dem verschiedenen Prospektionsverfahren wie Luftbildarchäologie und Magnetprospektion. So ist es naheliegend, dass das Institut für archäologische Wissenschaften (Prof. Dr. Th. Stöllner/W. Ebel-Zepezauer) zusammen mit den Kollegen der LWL-Archäologie (M.M. Rind) begonnen hat zukunftsweisende Konzepte für Westfalen zu entwickeln.

100jährige Tradition

Die Prospektion von Bodendenkmälern hat in Westfalen eine mehr als 100jährige Tradition, die sich hauptsächlich in Form von Surveys ausdrückt. Eine systematische und intensive Befliegung konnte bisher nicht realisiert werden, genauso wie die Auswertung und Georeferenzierung der entsprechenden Luftbilder. Bis heute gab es auch noch keine Kombination der Prospektionsmethoden an einer Fundstelle und es existiert kein Flächiges Informationssystem, das die zahlreichen Daten georeferenziert verwaltet. Dazu kommt die Tatsache, dass neue landwirtschaftliche Anbaumethoden die Zeiten für aktive Surveys auf wenige Wochen im Jahr einschränken. Des Weiteren eignen sich Begehungs-Surveys in der Regel nur bedingt zur Erfassung der Flächenausdehnung archäologischer Fundstellen. Wie die Erfahrungen zeigen, ist die Erstreckung von Oberflächenfunden und die tatsächliche Position und Ausdehnung der Bodendenkmäler nur in wenigen Fällen deckungsgleich. Da die Intention der Bodendenkmalpflege ist, die unterirdischen Denkmäler Westfalens zu erhalten und vor der Zerstörung zu bewahren, kann dies nur gewährleistet werden, wenn systematisch nach solchen Stellen gesucht wird und diese dann mögliche exakt abgegrenzt und unter Schutz gestellt werden. An diesem Punkt hat das 2010 begonnene Projekt angesetzt und will in den nächsten Jahren Abhilfe schaffen.

Drei Bausteine des Projekts

Das Projekt besteht aus den drei Bausteinen: Luftbildarchäologie, Geophysik und GIS-Anwendungen (Abb. 01). Dazu sollen die verschiedenen Prospektionsmethoden kombiniert eingesetzt werden, die den Spezifika der Fundstelle selbst wie auch den natürlichen Bedingungen von Geologie, Hydrologie und Bodenbeschaffenheit entsprechen. Ziel des Projektes ist es, die Zusammenhänge zwischen Bodenentwicklung, Bodenerosion und-akkumulation, archäologischer Befundstrukturen und den verschiedenen Prospektionsverfahren zu erforschen. Neben diesem methodischen Ansatz steht die Erforschung neuer Siedlungsstrukturen in den ausgewählten geographischen Räumen: Ostwestfalen, Lippe- und Emsregion, Hellweg und Siegerland in den Zeitscheiben Vorgeschichte, frühe und späte römische Kaiserzeit und Mittelalter im Vordergrund. Das Untersuchungsgebiet erstreckt sich über die Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold und Münster.



Projektkonzept
Abb. 01: Projektkonzept.


Kombination der verschiedenen Prospektionsverfahren

Durch die Kombination der verschiedenen Prospektionsverfahren wie Airbornelaserscanverfahren (ALS), Luftbildarchäologie, Magnetprospektion, Bodenradar (GPR) und Geoelektrik soll in verschiedenen Regionen und auf unterschiedlichen Böden die Aussagekraft der Verfahrenskombination getestet werden. Zusätzliche bodenkundliche Untersuchungen und 14C- Datierungen sollen helfen die Zusammenhänge zwischen den bodenkundlichen Verhältnissen und den gewonnenen Daten und damit auch die Beurteilung zukünftiger Prospektionsflächen im Gelände zu verstehen. Die gesamten erhobenen Daten sollen dann in einem georeferenzierten System verwaltete und zugänglich gemacht werden.

Übersichtskarte der Fundstellen und die angewendeten Methoden
Abb. 02: Übersichtskarte der Fundstellen und die angewendeten Methoden.


Neue archäologische Verdachtsflächen

Insgesamt konnten so bis heute an die 650 Luftbilder aufgenommen werden (Dr. B. Song), die an die 90 teilweise neue archäologische Verdachtsflächen erbrachten und von denen ca. 45 Fundstellen georeferenziert kartiert werden konnten (Abb. 02). Bis 2012 wurden 14 Fundstellen mit der Magnetprospektion (B. Sikorski und Studierende der RUB) und drei mit dem Bodenradar (Inst. f. Geophysik/RUB) untersucht. Dazu zählen die Karolingische Wallanlage in Ahlen-Dolberg, das Michelsberger Erdwerk in Coesfeld-Harle, die mittelalterliche Stadtwüstung Corvey (Abb. 03), das römische Lager in Haltern am See, eine mögliche Motte in Hamm, eine neolithische Kreisgrabenanlage in Lünen, das römische Lager in Olfen, ein neolithisches Erdwerk in Soest-Müllingsen und viele mehr.

Graustufenbild, Fläche 12- Weserknick (Corvey) mit den entdeckten Anomalien
Abb. 03: Graustufenbild, Fläche 12- Weserknick (Corvey) mit den entdeckten Anomalien.


Bodenkundliche Untersuchungen

Zusätzlich konnten an fünf Fundstellen bodenkundliche Untersuchungen (K. Röttger) und Datierungen vorgenommen werden, die das archäologische Bild der einzelnen Fundstellen wie in Corvey (Abb. 04) und Olfen weiter ausbauen. Die bisher gewonnenen Resultate zeigen ganz deutlich, dass nur die Methodenkombination wirklich Aussagekräftige Ergebnisse liefern kann. Ohne den Eingriff in den Boden können so schnellstmöglich die exakten Ausmaße der Fundstellen entdeckt, dokumentiert und geschützt werden.

Bohrkatene einer bodenkundlichen Untersuchung in Corvey, Fläche 12- Weserknick, Objekt 5
Abb. 04: Bohrkatene einer bodenkundlichen Untersuchung in Corvey, Fläche 12- Weserknick, Objekt 5.