Die Mitterberg-Region: Großproduktion von Kupfer in den Ostalpen in der Bronzezeit

Ansprechpartner: Prof. Dr. Thomas Stöllner

thomas.stoellner@rub.de

Die Ostalpen waren in der Bronzezeit das wichtigste Abbaugebiet für Kupfererz. In der Forschung berühmt sind die Befunde der Reviere am Mitterberg – zwischen Mühlbach am Hochkönig, Bischofshofen und St. Johann im Pongau. Nirgendwo sonst finden sich so viele und gut überlieferte Spuren des alten Bergbaus.

Grabung eines obertägigen Werkplatzes am Troiboden
Abb. 01: Grabung eines obertägigen Werkplatzes am Troiboden.


Die mächtigste Kupfererzlagerstätte der Ostalpen

Das Revier am Mitterberg ist die mächtigste Kupfererzlagerstätte der Ostalpen. Sie erstreckt sich auch auf die Erzgänge des Südreviers (Brander-, Burgschweig- und Birkstein-Gang) sowie jene des Ostreviers (Winkel- und Buchberggang). Die Genese der Lagerstätte ist komplex: Wir unterscheiden prinzipiell zwischen den schichtparallel in die Schiefer eingelagerten Vererzungen – wie etwa im Südrevier – und denen, die wie der Hauptgang am Mitterberg diskordant in eine tektonische Verwerfung der sog. violetten Serie abgelagert wurden. Die in der Regel aus mehreren parallelen Vererzungen bestehenden Kupferkiesgänge sind meist nur wenige Dezimeter dick, stellenweise aber bis zu 4 Meter mächtig. Die moderne Nutzung der Lagerstätte begann 1827 und musste 1977 wegen fallender Kupferpreise eingestellt werden. Auf Basis der von der Mitterberger Kupfergesellschaft angefertigten Seigerrisse entwickelten K. Zschocke und E. Preuschen Vorstellungen zur Gesamtfördermenge der Urzeit: Mindestens 20.000 Tonnen Rohkupfer sollten demnach in den Handel gelangt sein. Analysen prähistorischer Bronzen ergaben, dass diese vor allem in der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. aus Kupfer vom "Typ Mitterberg" bestehen. Diese Zusammensetzung ist nicht nur für das Mitterberger Revier, sondern für sämtliche Lagerstätten der Ostalpen typisch.

Abb. 02: Bronzezeitlicher Stempel in situ (Arthurstollen).

Abb. 03: Grabungssituation im Arthurstollen.



Fragestellungen der neuen Forschungen

Trotz der intensiven und lang andauernden Forschungsgeschichte bleiben bis heute viele Fragen zur Technologie, zur Subsistenz und zur wirtschaftlichen Einbindung des Mitterberger Bergbaubetriebes in sein alpines Umfeld unbeantwortet. Allein die schiere Größe des Reviers, die komplexe landschaftliche Gliederung wie auch die Vielfältigkeit der kupfer- bis bronzezeitlichen Montanzeugnisse verhinderten bislang eine umfassende Forschungsstrategie. Das DBM erforscht seit 2002 das Kupferbergwerk am Arthurstollen und konnte in der Folge seine Aktivitäten auf die gesamte Montanlandschaft ausweiten. Uns interessiert vor allem die landschaftliche Einbindung des alpinen Wirtschaftsbetriebes vor dem Hintergrund seiner Logistik, Organisation und zeitlichen Entwicklung. Denn nur so können notwendige Rahmendaten für eine wirtschaftsarchäologische Modellierung erhoben werden. Weiterhin stehen Fragen zur Bergbautechnik, der Aufbereitung und zum bergmännischen Know-how im Fokus: Welche Betriebszeiten sind in Rechnung zu stellen? Und wie aufwändig war der Abbau? Prospektionen und Sondagegrabungen erbrachten zudem detaillierte Einblicke in die übertägigen Betriebspunkten: Gerade die ersten Schritte der feineren Erzaufbereitung, vor allem auch die Lage zentraler Nassaufbereitungsplätze haben uns bisher interessiert. Nun wollen wir uns intensiver mit den letzten beiden Aufbereitungsschritten befassen: der Herstellung von Erzmischungen für den Schmelzprozess. Daraus lassen sich letztlich ähnlich wichtige wirtschaftliche Kennzahlen ableiten, wie aus den Hüttenplätzen selbst. Diese erlauben vor allem durch die teilweise noch erhaltenen Schlackenhalden einen Zugriff auf die Frage, wie oft und in welcher Intensität verhüttet wurde – letztlich sogar wie viele Ofenreisen gefahren und welche Kupfermengen produziert wurden.

Bronzezeitlicher Werkskasten (Troiboden)
Abb. 04: Bronzezeitlicher Werkskasten (Troiboden).


Diachronen Veränderungen der Produktionsintensität

Wesentlich für das Verständnis des gesamten Areals ist die Datierung von Hüttenplätzen und anderen obertägigen Betriebspunkten. Erstmals soll eine flächige Gesamtbeurteilung über die diachronen Veränderungen der Produktionsintensität im gesamten Betriebszeitraum versucht werden. Daher ziehen wir vegetationsgeschichtliche Daten hinzu: Sie verhelfen uns einerseits zu jahrgenauen Datierungen der archäologischen Befunde, andererseits liefern sie Erkenntnisse zur Nutzungsgeschichte des Waldes. Holz war eine bedeutende Energiequelle und als Rohstoff für die Fertigung von Grubenhölzern im Bergbau unerlässlich. Weiterhin arbeiten wir an geochemischen und mineralogischen Charakterisierungen der einzelnen Erzgänge. Diese Provenienzstudien liefern uns detailliertere Einblicke in den regionalen und interregionalen Handel. Zudem bilden die Daten eine wertvolle Basis, um die Verteilung von Erzen auf bestimmte Hüttenareale zu untersuchen. Der Sonderforschungsbereich „HiMAT“ („The History of Mining Activities in the Tyrol and Adjacent Areas - Impact on Enviromment and Human Societies“) ermöglichte seit 2007 ein neues, auf 10 Jahre angelegtes Projekt zum bronzezeitlichen Haupterzeuger für Kupfer im Alpenraum, dem Mitterberg. HiMAT verband zwischen 2007 und 2011 insgesamt 14 Projekte und wurde durch den Fond zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung Österreich (FWF) gefördert. Diverse Nachfolgeprojekte sichern seit 2011 die Fortführung der Forschungsaktivitäten und die Ausweitung auf die Landschaft Südtirol.


Mitterberg, obertägige Grabung
Abb. 05: Mitterberg, obertägige Grabung.