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Exkursion nach England und Wales, 03.06.-15.06.2011

Die Exkursion wurde mit einem Fahrzeug des DBM und mit einem Kleinbus der Ruhr-Universität mit Herrn Christian Scheffner als Fahrer durchgeführt. Insgesamt haben inklusive der Dozenten 24 Personen an der Exkursion teilgenommen. Die Unterkünfte wurden dankenswerterweise von Milena Kreft organisiert, während Tobias Kienlin die Finanzverwaltung übernahm. Thomas Stöllner und Michael Baales indes kümmerten sich um die Aufnahme von Kontakten mit britischen Kollegen, die uns äußerst engagiert zu verschiedenen Denkmälern und in Museen führten.

Das Sanctuary von Overton Hill in der rituellen Landschaft rund um Avebury in der nördlichen Salisbury Plain: Baurekon struktion der Archäologie einmal anders.
Abb. 01: Das Sanctuary von Overton Hill in der rituellen Landschaft rund um Avebury in der nördlichen Salisbury Plain: Baurekon struktion der Archäologie einmal anders.
© Foto: RUB/DBM, Th. Stöllner.


Von Canterbury nach London

Die Exkursionsroute führt am 03.06. nach London, wo vor allem das British Museum und das Museum der City of London besucht und detailliert besprochen wurden. Im British Museum führte uns der Kurator für die Bronzezeit, Herr Dr. Ben Roberts und gab uns einen Überblick über weitere, bedeutende Denkmäler aus dem Gesamthaus. Schon auf dem Hinweg wurden Canterbury und die paläolithische Fundstelle von Swanscombe besucht; dort konnte ein öffentlicher Lehrpfad besucht werden, der in einer usprünglichen Kiesgrube angelegt worden war. Der überdimensionale Faustkeil am Eingang erinnerte dagegen mehr an den „Hinkelstein“ von Obelix, als an ein mittelpaläolithisches Gerät.

Uffington und "Waylands Smithy"

Schon am 05.06. brach die Exkursion nach Osten auf und besuchte auf dem Weg nach Oxford die Fundstelle von Uffington mit seinem White Horse, das nach jüngeren Untersuchungen schon in die späte Bronzezeit zurück gehen soll. Jedenfalls muss das Scharrbild auf ein eisenzeitliches Hillfort (Uffington Castle) und den Höhenweg „Ridgeway“, der nördlich der Salisbury Ebene zwischen Marlborough und Oxfordshire verläuft, bezogen werden. An diesem sicherlich für interregionalen Wirtschaftsverkehr und Kommunikation wichtigen Weg liegt auch der Neolithische Langhügel „Waylands Smithy“, der ebenfalls besucht und diskutiert werden konnte.

Oxford und die Creswell Crags

Der darauffolgende Tag war der alten Universitätsstadt Oxford gewidmet, wo mit Hilfe von Prof. Mark Pollard die Laboratorien der Research Labs of Archaeology and History of Arts, vor allem der Beschleuniger der 14C-Datierung und die methodisch vorbildliche Kollagen-Aufbereitung für die Datierung von Knochen besucht werden konnten. Im Ashmolean-Museum wurden wir von Frau Dr. Ulbricht empfangen; der anfangs regnerische Tag wurde durch einen sonnigen Besuch in den Creswell Crags nahe Sheffield abgeschlossen, wohin wir nach dreistündiger Fahrt durch die Midlands am Nachmittag gelangt waren. Dr. Paul Pettit aus Sheffield, einer der derzeitigen Ausgräber, gab uns eine sehr aufschlussreiche Führung durch das National Trust Museum und die Fundstelle selbst, die vor allem durch ihre außergewöhnliche Felsbildkunst aus dem jungpaläolithischen Creswellien bekannt geworden war.

Besuch in den Creswell Crags, wo die jungpaläolithischen Fundstellen samt ihrer Felsbildkunst zusammen mit Dr. Paul Pettit (University of Sheffield) diskutiert werden konnten.
Abb. 02: Besuch in den Creswell Crags, wo die jungpaläolithischen Fundstellen samt ihrer Felsbildkunst zusammen mit Dr. Paul Pettit (University of Sheffield) diskutiert werden konnten.
© Foto: RUB/DBM, Th. Stöllner


Peak District und Alderly Edge

Am Abend trafen wir in Nottingham ein, wo wir Station machten und den Kollegen Prof. Mark Pearce trafen, der uns am kommenden Tag in den Peak District begleitet hat. Auch Peter Thomas, M.A., vom DBM ist an diesem Tag zu uns gestoßen, um uns einige Tage in Wales und im Peak Distrikt zu begleiten. Dabei wurde uns in Stanton Drew eines der bekanntesten Henge-Monumente erläutert („what is a Henge“) und unter der fachkundigen Führung von Dr. Lynn Willies vom Peak Mining District Museum in Matlock Bath das industrielle Erbe dieser ausgesprochen schönen Landschaft erläutert. Am Nachmittag übernahm schließlich Dr. Simon Timberlake (Cambridge) die Führung und Betreuung der Exkursion, um uns durch Teile von Wales und zur Fundstelle von Alderley Edge und Ecton zu führen, die er in den letzten Jahren zusammen mit der Early Mines Research Group erforschen konnte. In Alderley Edge konnte die Exkursion auch unter Tage gehen, um dort den römischen Blaupigmentbergbau und die bronzezeitlichen Arbeiten auf das oxidische Kupfererz zu sehen.

Grubenfahrt mit dem Derbyshire Caving Club und Paul Stubbs in Alderley Edge
Abb. 03: Grubenfahrt mit dem Derbyshire Caving Club und Paul Stubbs in Alderley Edge.
© Foto: Derbyshire Caving Club


Nordwales

Besonderes Glück hatte die Exkursion mit dem Wetter in Nordwales, wo wir uns zwischen dem 8. und 9. Juni aufhielten und im Seebad Llandudno übernachteten: So wurden die paläolithische Fundstelle von Pontnewydd (nördlichste Neandertaler-Fundstelle), die Kupfergruben der Great Orme und von Parys Mountain auf Anglesey sowie das megalithische Ganggrab von Barclodiad-y-Gawres besucht. Ungeheuer eindrucksvoll waren vor allem die Great Orme und das Ganggrab von Barclodiad, wo die mit Irland verbundenen dekorierten Steinstelen diskutiert werden konnten. Eine kleine Mannschaft besuchte schließlich unter Führung von Dr. David Jenkins noch die untertägigen bronzezeitlichen Gruben von Parys Mountain, die in engem wirtschaftlichem Kontext mit den etwas jüngeren Gruben der Great Orme stehen. Der darauffolgende Tag war unter Führung von Dr. Raimund Karl (University of Bangor) zunächst den jüngereisenzeitlichen Anlagen von Dinas Dinlle und Tre‘r Ceiri gewidmet, wodurch ganz charakteristische Anlagen der walisischen Eisenzeit näher in Augenschein genommen wurden. Vor allem das hochgelegene Hillfort von Tre’r Ceiri mit grandiosem Ausblick lohnte den knapp einstündigen Aufstieg.
In Nordwales hat uns Prof. Raimund Karl von der University of Bangor eisenzeitliche Siedlungsfundstellen vorgeführt, hier an der Küste an der teilweise schon abgespülten Anlage von Dinas Dinlle
Abb. 04: In Nordwales hat uns Prof. Raimund Karl von der University of Bangor eisenzeitliche Siedlungsfundstellen vorgeführt, hier an der Küste an der teilweise schon abgespülten Anlage von Dinas Dinlle.
© Foto: RUB/DBM, Th. Stöllner


Copa Hill, Dolaucothi und Paviland Cave

Die weitere Fahr führte bei bestem Wetter mit Simon Timberlake nach Süden durch Wales nach Copa Hill, wo das bestuntersuchte der mittelwalisischen Kupferbergwerke der Frühbronzezeit angefahren wurde. Abgeschlossen wurde der Tag im römischen Goldbergwerk von Dolaucothi, wo wir uns von Simon verabschiedet haben nach dem wir in zunehmender Dunkelheit noch den Park des römischen Bergwerkes (English Heritage) besuchen konnten. Die mittlerweile müden Glieder konnten schließlich in Swansea ausgestreckt werden, um tags darauf die jungpaläolitische Fundstelle der Paviland Cave am Kanal von Bristol zu besuchen; die ungemein eindrückliche Fundstelle kann nur während der Ebbe besucht werden; wir waren zwei Stunden zu spät und sahen den Höhleneingang nur noch von Ferne. Das berühmteste Fundstück, die „Red Lady“, eine in Ocker gebettete Bestattung konnten wir aber am selben Tag im walisischen Nationalmuseum in Cardiff bewundern, wo eine ausgezeichnete Ausstellung bewundert werden konnte, ehe die Exkursion nach Bath weiter fuhr.

Somerset, Dorset und Cornwall

Die kommenden Tage waren Südwestenland und den Landschaften Somerset, Dorset und Cornwall wie auch Wessex gewidmet: Das römische Bath mit seinen berühmten Heilbädern machte den Anfang, gefolgt von dem Henge-Monument von Stanton Drew, der römischen Bleigewinnung in den Mendips und der eisenzeitlichen Fundlandschaft um Glastonbury. Von Exeter aus wurden Plätze in Dartmoor und Exmoor angefahren: Trotz der Unterstützung durch Prof. Ottaway und Prof. Antony Harding war vor allem der Tag in Dartmoor derartig durch Sturmregen geprägt, dass der Besuch von Rillaton und dem Steinkreis der „Hurlers“ abgebrochen werden musste. Die Durchnässung bis auf die Haut ließ uns in die Unterkunft zurückkehren. Ein kleiner Ausflug zur paläolithischen Fundstelle in der Kents Cavern in Torquay hat an diesem Tag ein wenig entschädigt.

Hod Hill in Wessex: Hier sieht man Prof. Dr. Michael Baales auf dem Wall der späteisenzeitlichen Anlage, der es offensichtlich für nötig hält, die Kühe in die Geheimnisse der jägerischen Archäologie einzuweisen
Abb. 05: Hod Hill in Wessex: Hier sieht man Prof. Dr. Michael Baales auf dem Wall der späteisenzeitlichen Anlage, der es offensichtlich für nötig hält, die Kühe in die Geheimnisse der jägerischen Archäologie einzuweisen.
© Foto: RUB/DBM, Th. Stöllner


Maiden Castle und Stonehenge

Die letzten Tage führten uns nach Dorset und Wessex, wo die berühmten eisenzeitlichen Anlagen von Maiden Castle und Hod Hill zusammen mit Dr. Andrew Fitzpatrick besucht wurden. Nicht weniger eindrücklich waren die rituellen Landschaften der Salisbury-Plain, die mit Stonehenge und Avebury die eindrücklichsten waren. Auch die berühmte Grabung auf dem Danebury mit seiner bedeutenden eisenzeitlichen Anlage wurde nicht ausgelassen. Dieses war sicher einer der Höhepunkte der Exkursion, wenngleich die Menschenmassen um Stonehenge eher abschreckend wirkten.

Hod Hill in Wessex: Geführt wurden wir aber eigentlich von Dr.Andrew Fitzpatrick, der als einer der führenden Eisenzeitspezialisten Englands gilt
Abb. 06: Hod Hill in Wessex: Geführt wurden wir aber eigentlich von Dr.Andrew Fitzpatrick, der als einer der führenden Eisenzeitspezialisten Englands gilt.
© Foto: RUB/DBM, Th. Stöllner


Brighton, Cissbury und Bochum

Die letzte Nacht wurde schließlich im alten Seebad Brighton verbracht, ehe mit dem Besuch des Hillforts von Cissbury mit seinen Silexbergwerken die Exkursion abgeschlossen und der Rückweg angetreten wurde. Insgesamt kann die diesjährige Exkursion als äußerst reich an Eindrücken beschrieben werden – die zahlreichen Fundstellen und ihre kulturlandschaftliche Einbettung wirken noch lang nach und haben uns die ungeheure Spannkraft der Archäologie auf den britischen Inseln deutlich werden lassen.