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Nachrichtendienstgeschichte im frühen Kalten Krieg

Organisation Gehlen

 

Die „Organisation Gehlen“ (OG) gründete sich 1946 auf Initiative des US-Kriegsministerium in der amerikanischen Besatzungszone und unterstand der Leitung des vormaligen Wehrmachtsgenerals und Leiter der Abteilung „Fremde Heere Ost“ (FHO), Reinhard Gehlen, der zahlreiche Weggefährten aus der NS-Zeit in die neue Organisation übernahm. Gehlen, der sich noch vor Kriegsende an eine Einheit der US-Armee gewandt und dieser das von ihm in großem Umfang gesammelte Material über die Sowjetunion zur Verfügung gestellt hatte, kehrte im Juni 1946 nach gut einem Jahr Aufenthalt in den USA nach Deutschland zurück und widmete sich dem Aufbau der „Organisation Gehlen“, deren primäre Aufgabe in der Ausspähung der Sowjetunion und der osteuropäischen Staaten lag.

Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf der Sowjetischen Besatzungszone, der späteren DDR. Die Arbeit der OG sollte einer Stabilisierung des sozialistischen Staatssystems in Ostdeutschland sowie einer Einflussnahme kommunistischer Kräfte in den westlichen Besatzungszonen vorbeugen. Gehlens Mitarbeiterstab wuchs rasch an, wobei viele seiner neuen Mitarbeiter aus den Kreisen der ehemaligen Offiziere der FHO, der SS und der Gestapo stammten.

Gehlen selber bemühte sich frühzeitig, den Dienst aus der Abhängigkeit von den USA zu lösen. In seinen Augen agierte die OG in einem partnerschaftlichen Verhältnis mit und nicht im Dienste der US-amerikanischen Sicherheitsbehörden, was die Gegenseite jedoch bestritt. Bis 1949 unterstand die Organisation direkt der US-Armee und operierte unter der Aufsicht und als selbstständige Einheit der CIA, die auch in weiten Teilen die Kosten trug. Die Bundesregierung erfuhr erst 1949 von der Existenz der Organisation. Inwieweit das Kabinett Adenauer über die inneren Strukturen und die Verbindungen zwischen Gehlen und dem US-amerikanischen Nachrichtendienst informiert wurde, ist bis heute nicht eindeutig geklärt.

Die Gründung der Bundesrepublik und die wachsenden Spannungen des Kalten Krieges, der das Land zu einem Frontstaat werden ließ, machte den wachsenden Bedarf an nachrichtendienstlichen Informationen über tatsächliche und potentielle Gegner deutlich.
Seit den frühen 1950er-Jahren verhandelte die Bundesregierung mit den USA über eine Übernahme der OG als eigene Bundesbehörde. Möglich wurde dies jedoch erst 1955, als die Bundesrepublik im Zuge der Pariser Verträge ihre Souveränität in weiten Teilen zurückerhielt.

Am 1. April 1956 wurde der Bundesnachrichtendienst (BND) als Nachfolgeorganisation der OG gegründet, wobei mit der Übernahme Gehlens als erster Präsident des BNDs eine personelle Kontinuität bestehen blieb. Auch zahlreiche weitere Mitarbeiter der OG wurden in den neuen Dienst übernommen.


Weiterführende Literatur:

  • Reinhard GEHLEN: Der Dienst. Erinnerungen 1942-1971, Mainz/Wiesbaden 1971.

  • Jens WEGENER: Die Organisation Gehlen und die USA. Deutsch-amerikanische Geheimdienstbeziehungen, 1945-1949.