WIKI: Nachrichtendienstgeschichte im frühen Kalten Krieg

Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV)

 

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ist der Inlandsnachrichtendienst der Bundesrepublik mit Hauptsitz in Köln und untersteht dem Bundesinnenministerium. Seit 2012 fungiert Hans-Georg Maaßen als Präsident der Behörde.

Die Gründung des BfV erfolgte 1950 unter weitgehender Einflussnahme der Alliierten Hohen Kommission. Der Kalte Krieg und die Gründung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR ließen den Bedarf der jungen Bundesrepublik für einen Inlandsgeheimdienst zum Schutz gegen verfassungsfeindliche Einflüsse deutlich werden, doch gleichzeitig sollte die Bildung einer neuerlichen Gestapo unbedingt verhindert werden.

Aus diesem Grund sorgten die Alliierten für eine strikte Trennung zwischen Verfassungsschutz und Exekutive. Zum ersten Präsident des Bundesamtes wurde mit Otto John ein klarer Gegner des NS-Regimes gewählt, der während des Dritten Reiches in Kontakt mit Widerständlern gestanden hatte und nach dem missglückten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 über Spanien und Portugal nach Großbritannien fliehen konnte. Die Regierung Adenauer stimmte der Ernennung Johns nur zögerlich zu. Otto John zählte damit zu den wenigen Personen aus dem Kreis des NS-Widerstandes, die in der Bundesrepublik einen hohen Posten bekleideten.

Der Übertritt Otto Johns in die DDR am 20. Juli 1954 sorgte für einen der größten Skandale der Nachkriegszeit, dessen Hintergründe bis heute nicht vollständig aufgeklärt sind. Im Dezember 1955 kehrte John offenbar aus freien Stücken in die Bundesrepublik zurück und wurde dort wegen Landesverrat angeklagt und zu vier Jahren Haft verurteilt.

Bis zum Ende des Besatzungsstatus 1955 kontrollierte die Alliierte Hohe Kommission die Personalpolitik des BfV und untersagte offiziell die Anstellung ehemaliger Mitglieder der SS, Gestapo und SD. Allerdings verhinderte sie nicht die Einstellung von NS-belasteten Personen als „freie Mitarbeiter“, denn diese verfügten in vielen Fällen über eine geeignete Vorausbildung und ein wertvolles Expertenwissen, welches in Anbetracht der neuen Herausforderungen des Kalten Krieges nicht ungenutzt bleiben sollte.

Die Organisationsgeschichte des Bundesamtes für Verfassungsschutz unter besonderer Berücksichtigung der NS-Bezüge früherer Mitarbeiter für den Zeitraum von 1950 bis 1975 wurde von einer Historikerkommission seit 2011 im Rahmen eines Dreijahresprojekts aufgearbeitet.


Weiterführende Literatur:

  • Constantin GOSCHLER, Michael WALA: „Keine neue Gestapo“. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und die NS-Vergangenheit, Reinbek 2015.
  • Bernd STÖVER: Der Fall Otto John. Neue Dokumente zu den Aussagen des deutschen Geheimdienstchefs gegenüber MfS und KGB, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte. 47/1999, S. 103-136.